Gerichtlicher Eilbeschluss Bordelle in NRW dürfen wieder öffnen

Düsseldorf/Münster · Wegen des Corona-Infektionsrisikos sind Bordelle aktuell in NRW geschlossen, Prostituierte dürfen nicht arbeiten. Doch nun ändert sich das: Mit einem Eilbeschluss hat das Oberverwaltungsgericht das Verbot gekippt. Die Landesregierung will „über die daraus zu ziehenden Konsequenzen beraten“.

 Eine Prostituierte (Symbolfoto).

Eine Prostituierte (Symbolfoto).

Foto: dpa/Andreas Arnold

Bordellbetreiber und Prostituierte können ihre Dienstleistungen in der Corona-Krise vorläufig wieder anbieten. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen per Eilbeschluss entschieden. Er wurde am Dienstag veröffentlicht.

Die vom Land erlassene Coronaschutzverordnung ist damit im Bezug auf das Verbot von sexuellen Dienstleistungen in und außerhalb von Prostitutionsstätten und Bordellen außer Vollzug gesetzt (Az.: 13 B 902/20.NE, nicht anfechtbarer Beschluss).

Die vollständige Untersagung aller sexuellen Dienstleistungen sei derzeit nicht mehr verhältnismäßig, heißt es in der Begründung des OVG. Das Land habe mittlerweile weitgehende Lockerungen in nahezu allen gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bereichen zugelassen. Aus diesem Grund sei nicht ersichtlich, warum dies nicht auch für sexuelle Dienstleistungen gelten solle – „gleich welcher Art sie seien und unter welchen Umständen sie erfolgten“, schreibt das OVG in seiner Mitteilung.

Ähnlich wie beim Sex werde auch beim Sport oder im Fitnessstudio heftig geatmet und vermehrt virushaltiges Aerosol verteilt. Auch sei nicht ersichtlich, warum die Gefahr bei sexuellen Dienstleistungen höher als bei privaten Feiern mit bis zu 150 Personen sein soll.

Stamp sieht Probleme bei Erlaubnis für Sexarbeit

Die NRW-Landesregierung sieht Probleme bei der Umsetzung des Urteils des Oberverwaltungsgerichts (OVG) zur Erlaubnis von Sexdienstleistungen in der Corona-Krise. Man müsse nun sehen, wie der Beschluss umzusetzen sei, sagte der stellvertretende nordrhein-westfälische Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) am Dienstag in Düsseldorf. „Die Kontaktnachverfolgung ist in einem Bereich, wo es ein Stück weit um Diskretion geht, schwierig.“ Ein „ernsthaftes Problem“ sei auch ein zunehmend illegaler Bereich, „wo es um brutalste Ausbeutungsverhältnisse gerade von Frauen geht“, sagte Stamp, der auch Familienminister ist.

Stamp sagte, es handele sich um ein „ganz, ganz schwieriges Feld“, in dem die Regierung zu einer Abwägung habe kommen müssen. Es wäre in NRW schwer zu vermitteln gewesen, eine Maskenpflicht für Schüler im Unterricht zu verfügen, aber gleichzeitig die Bordelle zu öffnen. Auch bei den laut Verordnung erlaubten Familienfeiern sei der körperliche Kontakt ein anderer als bei sexuellen Dienstleistungen.

Das NRW-Gesundheitsministerium von Karl-Josef Laumann (CDU) kündigte eine zeitnahe Reaktion auf das Urteil an. „Es ist gut, dass in einem Rechtsstaat Gerichte Recht sprechen, an das sich die Institutionen zu halten haben“, sagte ein Ministeriumssprecher unserer Redaktion. „Das gilt selbstverständlich auch in diesem Fall.“ Die Landesregierung werde den heute verkündeten Beschluss des OVG Münster prüfen und zeitnah über die daraus zu ziehenden Konsequenzen beraten, so der Sprecher.

Die Gleichstellungsbeauftragten der Städte Düsseldorf und Köln, Elisabeth Wilfart und Bettina Mötting, begrüßten die Aufhebung des Verbots. „Prostitution lässt sich nicht verbieten“, sagte Wilfart dem „Aufwacher“-Podcast der Rheinischen Post. Viele Frauen hätten wirtschaftlich extrem unter dem Arbeitsverbot gelitten, weil ihnen kurzfristig auf dem regulären Arbeitsmarkt kaum Möglichkeiten offenstünden und sie zudem oft nicht für Transferleistungen qualifiziert seisn. Mötting wies darauf hin, dass die zuständigen Gremien ihrer Stadt - ebenso wie Düsseldorf - bereits fertige Hygienekonzepte in der Schublade hätten. In Zukunft falle die Anonymität der Freier weg. Das sei gut für die Sicherheit der Prostituierten.

(hebu/hsr/hpaw/maxi/dpa)
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