Protest gegen Corona-Regeln In Rotterdamer Bars gibt es jetzt Kaffee und Kuchen – für Puppen

Rotterdam · Auch in den Niederlanden werden die Forderungen nach einer Lockerung des Lockdowns lauter. Cafébesitzer wollen öffnen, auf Freiluftterrassen sei das mit Hygienekonzepten möglich. Auch im Sexgewerbe regt sich Protest.

 Cafébesitzer Peter Bender serviert seinen „Gästen“ Kaffee und Kuchen auf der Terrasse seines Cafés in Rotterdam.

Cafébesitzer Peter Bender serviert seinen „Gästen“ Kaffee und Kuchen auf der Terrasse seines Cafés in Rotterdam.

Foto: AP/Peter Dejong

Peter Bender serviert im Außenbereich seines Cafés im Rotterdamer Altstadtbezirk Delfshaven bei schönstem Sonnenschein Kaffee und Kuchen, doch die Idylle an diesem Dienstag trügt. Am Tisch sitzen lebensgroße, aufblasbare Puppen, der Kaffee wird kalt und der Kuchen bleibt ungekostet auf dem Teller liegen. Eine „alberne Aktion“ sei das, sagt Bender, wird dann aber ernst und entschlossen: „Heute sitzen hier Puppen, nächste Wochen werden es echte Gäste sein. Wir haben es satt.“

Auch in anderen Teilen der Niederlande protestieren Inhaber von Gastro-Betrieben gegen die bestehenden Maßnahmen und stellen Tische und Stühle auf ihre Terrassen. Darunter sind auch Cafés und Restaurants im niederländisch-deutschen Grenzgebiet, etwa in der Provinz Limburg.

 Mit den aufblasbaren Puppen drückt der Cafébesitzer seinen Protest gegen den Lockdown in den Niederlanden aus.

Mit den aufblasbaren Puppen drückt der Cafébesitzer seinen Protest gegen den Lockdown in den Niederlanden aus.

Foto: AP/Peter Dejong

Der Lockdown in den Niederlanden hat das Gastgewerbe in Existenznot gestürzt: Nach am Montag vom Statistikamt veröffentlichten Zahlen sank der Umsatz im Hotel- und Gaststättenbereich 2020 um noch nie da gewesene 33,9 Prozent im Vergleich zum Jahr vor der Pandemie. Die im letzten Quartal nochmals verschärften Lockdown-Maßnahmen ließen den Umsatz der Cafés im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar um 70,4 Prozent einbrechen. Mitte Oktober waren die Restriktionen in Kraft getreten.

„Wir haben lange genug gewartet, noch immer sehen wir keine Perspektive von der Regierung“, klagt Bender. In einem anderen Rotterdamer Viertel öffneten am Morgen kurz Geschäfte und riskierten damit Strafen von bis zu 4000 Euro. Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen planten eine Demonstration, um gegen eine ihrer Ansicht nach ungleiche Behandlung von „Kontaktberufen“ zu protestieren: Friseur- und Schönheitssalons sowie Massagebetriebe dürfen von Mittwoch an öffnen, Bordelle aber nicht.

Für die Jahreszeit ungewöhnlich angenehme Temperaturen hatten in den letzten Tagen schon viele Menschen in die Parks von Großstädten strömen lassen. Die Menschenmengen waren oft so groß, dass das sichere Abstandhalten nicht mehr möglich war. In Amsterdam schränkten die Behörden wiederholt den Zutritt in einen der größten Parks wegen Überfüllung ein.

Bender forderte die Politik auf, endlich den Lockdown zu lockern. Die Regierung hat bereits vergangene Woche einigen Geschäften erlaubt, wieder zu öffnen, was die zusätzlich empört, die geschlossen bleiben müssen. Dass in zwei Wochen Parlamentswahlen sind, erhöht den Lockerungsdruck, und das weiß auch Bender. „Wir sind bereit. Es ist zwei Minuten vor zwölf. Wir wollen öffnen.“

Seit Mitte Dezember gilt in den Niederlanden ein strenger Lockdown. Gaststätten und Geschäfte sind geschlossen, Kontakte beschränkt auf eine Person, die nicht zum eigenen Haushalt gehört. Seit 23. Januar gilt zudem eine Ausgangssperre von 21 bis 4.30 Uhr. In den ersten Tagen hatte es heftige Proteste und Krawalle im ganzen Land gegeben. Die Ausgangssperre, die auch vor Gericht angefochten worden war, wurde um weitere drei Wochen zunächst bis 15. März verlängert.

(lha/bora/dpa)
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