Biontech, Moderna, Astrazeneca und Johnson&Johnson Was Sie über Nebenwirkungen bei der Corona-Impfung wissen sollten

Service | Düsseldorf · Berichte über Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe haben viele Menschen verunsichert: Wie oft treten schwere Impfreaktionen auf? Womit muss man nach einer Immunisierung rechnen? Wie verträglich sind die Impfstoffe? Experten beantworten die wichtigsten Fragen.

 Corona-Impfung (in Niedersachsen, Archiv).

Corona-Impfung (in Niedersachsen, Archiv).

Foto: dpa/Friso Gentsch

In Deutschland sind derzeit mit vier Impfstoffen gegen das Coronavirus im Einsatz, weltweit sind es noch deutlich mehr. Weitere sollen hinzukommen.

Zugelassen sind die Impfstoffe der Hersteller:

  • Astrazeneca
  • Biontech/Pfizer 
  • Johnson&Johnson und
  • Moderna.

Die Frage, welche Nebenwirkungen Corona-Impfungen haben können, beschäftigt viele Menschen. Sehr sorgfältig wird darum auch nach der Zulassung der Impfstoffe beobachtet, welche unerwünschten Wirkungen auftreten. Aus diesem Grund werden nicht alle Impfstoffe für alle Altersgruppen empfohlen.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) rät darum beispielsweise dazu, die Impfstoffe von Astrazeneca und Johnson&Johnson in erster Linie Menschen jenseits der 60 Jahre zu verimpfen. Zwar dürfen sich grundsätzlich auch jüngere Personen damit impfen lassen, doch sollten sie sich dann über mögliche Nebenwirkungen von ihrem Arzt besonders aufklären lassen. Der Grund für diese Altersbeschränkung liegt in den seltenen Fällen von Thrombosen in Kombination mit sogenannten Thrombopenien – also einer verminderten Anzahl von Blutplättchen im Blut – durch die das Blutungsrisiko steigt. Solche sind nach der Impfung bei wenigen Menschen aufgetreten.

Ein anderes Beispiel: Der Impfstoff von Biontech/Pfizer ist zwar seit dem 28. Mai von der Europäischen Arzneimittelbehörde (Ema) für Kinder ab zwölf Jahren empfohlen und hat auch von der EU-Kommission drei Tage später grünes Licht bekommen. Dennoch empfiehlt ihn die Ständige Impfkommission (Stiko) trotz der Freigabe derzeit nicht grundsätzlich für dieses Alter.

Warum empfiehlt die Stiko die Impfung für Kinder ab zwölf Jahren nicht?

Bislang ist nach Auffassung der Stiko die Datenlage noch zu dünn, um das Risiko für Heranwachsende in diesem Alter eindeutig bewerten zu können. Das Risiko von Nebenwirkungen sei demnach gegeben, ohne dass klar sei, in welchem Ausmaß Kinder von einer Impfung profitieren könnten. Weltärztepräsident Frank-Ulrich Montgomery rät gar von der Impfung in dieser Altersgruppe ab. Seine Argumentation: Der Krankheitsverlauf sei bei Kindern deutlich leichter und weniger gefährlich als bei Erwachsenen. Möglicherweise sei „das Risiko der Impfung von Kindern größer als das der Erkrankung in dieser Altersgruppe“.

Mehr zu den Abwägungen rund um eine Impfung von Kindern lesen Sie hier.

 Welche Nebenwirkungen treten bei der Corona-Impfung häufig auf?

Zu den häufigsten Nebenwirkungen der Corona-Impfung zählen Studien - wie auch bei anderen Impfungen wie die gegen Masern, Mumps und Röteln - Impfreaktionen wie Schmerzen an der Einstichstelle, Rötungen, Schwellungen, Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Fieber. Daneben kann es auch zu Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Schüttelfrost und Übelkeit kommen. „Dies sind vorübergehende Nebenwirkungen, die keinen Schaden nach sich ziehen“, sagt Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Die Beschwerden zeigten sich meist schwach bis mäßig und klängen nach kurzer Zeit wieder ab. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA veröffentlicht regelmäßig Sicherheitsberichte über die zugelassenen Impfstoffe. Demnach gibt es grundsätzlich keine Sicherheitsbedenken gegen die Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna und Astrazeneca. Der Nutzen der Impfstoffe sei weit größer als die Risiken

Wie oft wurden in Deutschland schwerwiegende Nebenwirkungen von Corona-Impfungen gemeldet?

In seinem Sicherheitsbericht vom 30. April schreibt das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), es sei in 4916 Fällen über schwerwiegende Reaktionen berichtet worden. Die Betroffenen wurden zum Teil im Krankenhaus behandelt.

2.386 dieser Verdachtsfälle traten nach Impfung mit dem Mittel von Biontech/Pfizer, 175 schwerwiegende Verdachtsfälle nach Impfung mit dem Impfstoff von Moderna und 2.132 schwerwiegende Verdachtsfälle traten nach der Impfung mit Astrazeneca auf. Zum Impfstoff von Johnson&Johnson gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine Angaben. Diese Angaben beziehen sich auf insgesamt 28,8 Millionen erfolgte Impfungen in Deutschland; die meisten, nämlich rund 21,3 Millionen davon, mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer. 1,7 Millionen Impfungen erfolgten mit dem Impfstoff von Moderna, rund 5,8 Millionen mit dem Astrazeneca-Vakzin und 2.106 mit dem Vektorimpfstoff von Johnson&Johnson - dessen Einsatz war im April gerade erst angelaufen.

Wichtig zu wissen: Alleine die Meldung einer beobachteten Nebenwirkung bedeute nicht, dass es zwangsläufig einen kausalen Zusammenhang zum Corona-Impfstoff gibt, sagt Brigitte Keller-Stanislawski, Abteilungsleiterin Arzneimittelsicherheit beim PEI. Carsten Watzl, Professor am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an. der TU Dortmund, betont: Die Wahrscheinlichkeit einer Corona-Erkrankung mit schwerem Verlauf sei deutlich höher, als Nebenwirkungen zu erleiden, die nicht zu den üblichen Impfreaktionen zählen.

Welche schweren Nebenwirkungen sind bei der Corona-Impfung bekannt?

Neben für Impfungen typische Nebenwirkungen registrieren die Experten auch schwerwiegende Komplikationen. Diese müssen meist ärztlich behandelt werden.

Thrombose-Syndrom (TTS): Die Berichte über Hirnvenenthrombosen machen vielen Impfwilligen Sorgen, allerdings handelt es sich dabei um eine äußert seltene Nebenwirkung nach der Impfung mit so genannten Vektor-Impfstoffen (Astrazeneca und Johnson&Johnson). Dem PEI wurden in Deutschland bei mehr als 8,5 Millionen verabreichten Erst-Impfdosen sowie rund 737.000 Zweitdosen bis zum 1. Juni 102 Fälle des Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndroms (TTS), zu dem auch die Hirnvenenthrombosen zählen, gemeldet. 21 Menschen starben in Folge dessen. Zwei Drittel der Betroffenen sind jünger als 60 Jahre. Aus diesem Grund ist Astrazeneca für unter 60-Jährige nicht mehr empfohlen. Das gilt auch für das Mittel von Johnson & Johnson, nachdem es in den USA zu Thrombose-Fällen kam. Das PEI hat diese Entscheidung für Deutschland präventiv getroffen. Denn hierzulande ist bislang noch kein TTS-Fall nach einer Impfung mit Johnson&Johnson gemeldet worden. Allerdings weist das PEI darauf hin, dass bislang auch nur vergleichsweise wenige Dosen verabreicht wurden. Impfexperten betonen, dass der Nutzen der beiden Impfstoffe weit über die Risiken hinausreicht. Impfungen mit Vektorimpfstoffen seien ebenso wie die mit mRNA-Impfstoffen hochwirksam.

Herzmuskelentzündung: Es waren erste Berichte aus Israel, die einen möglichen Zusammenhang zwischen der Impfung mit Biontech und einer so genannten Myokarditis (Herzmuskelentzündung) herstellten. Unter den mehr als fünf Millionen Geimpften kam es nach Angaben des israelischen Gesundheitsministeriums bei 275 Menschen zu einer solchen. Das PEI erfasste bis zum 30. April 16 Fälle meist junger Menschen zwischen 18 und 39 Jahren, die in zeitlichem Zusammenhang mit einer Impfung auftraten. Allerdings sieht das PEI darin auf Basis der Daten derzeit keinen Hinweis auf ein besonderes Risiko. Thomas Meinertz, Kardiologe und Mitglied des Beirats der Deutschen Herzstiftung weist darauf hin, dass von anderen Impfungen bekannt sei, dass in seltenen Fällen Herzmuskelentzündungen auftreten könnten. Es handle sich dabei um eine überschießende Immunreaktion. Für ein gehäuftes Auftreten nach Corona-Impfungen gebe es jedoch derzeit keinen Beleg.

Allergische Schockreaktionen: Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) können bei den Corona-Vakzinen ebenso wie bei allen anderen Impfstoffen "in sehr seltenen Fällen" zum Beispiel allergische Reaktionen bis hin zum Schock (sogenannte Anaphylaxie) auftreten. In Deutschland wurden solche Schockreaktionen jedoch bei allen zugelassenen Impfstoffen nur sehr selten - bei 28,8 Millionen Impfungen in 226 Fällen - gemeldet. Meist waren Frauen betroffen. Das Durchschnittsalter lag bei 44,5 Jahren. Zu den meisten dieser Reaktionen kam es innerhalb der ersten 30 Minuten nach der Impfung, sie wurden mit Notfallmedikamenten behandelt.

Gesichtslähmung: In den ersten 30 Tagen nach der Impfung wurden dem PEI 99 Fälle von Lähmungserscheinungen (periphäre Fascialisparesen) gemeldet, die sich laut PEI jedoch meist auf andere Ursachen zurückführen ließen. Solche Lähmungserscheinungen können jedoch auch „möglicherweise im ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung“ stehen, hält der Aufklärungsbogen des RKI zur mRNA-Impfung fest. Laut der Deutschen Gesellschaft für Neurologie sind Gesichtslähmungen häufig in Zusammenhang mit Viruserkrankungen wie Gürtelrose, Herpes simplex- oder Grippeviren zu sehen. Impfungen und damit auch Sars-CoV-2-Impfungen könnten in seltenen Fällen Facialsparesen triggern. Nach Beobachtung des RKI handelt es sich dabei jedoch um „vorübergehende Phänomene“.

Warum können sogenannte Vektorimpfstoffe wie Astrazeneca und Johnson&Johnson Hirnvenenthrombosen verursachen?

Dazu gibt es aus der Forschung verschiedene Hypothesen. Einen ersten Erklärungsansatz lieferten Forscher der Universität Greifswald. Demnach liegt die Ursache bei körpereigenen Antikörper, die im Rahmen einer starken Immunantwort auf die Impfung gebildet werden. Diese binden sich fälschlicherweise an Thrombozyten und lösen eine massive Veränderung der Thrombozyten aus, was die Blutgerinnung beeinflusst. Es bilden sich Blutgerinnsel im Gehirn. Gleichzeitig kommt es zu einem Mangel an freien Blutplättchen.

Eine zweite Erklärung kommt von Wissenschaftlern der Goethe-Universität in Frankfurt. Ihren Erkenntnissen nach kommt es bei der Weiterverarbeitung des im Impfstoff enthaltenen Erbguts des Coronavirus zu Problemen. Damit der Geimpfte eine Immunantwort gegen Sars-CoV-2 entwickeln kann, werden Erbgut-Informationen der Oberflächenproteine des Erregers – Spike-Proteine genannt – über das Transportvirus in die menschliche Zelle geschleust. Der menschliche Körper lernt so den Bauplan für das Spike-Protein kennen und kann so einen Immunschutz gegen eine Infektion mit dem Coronavirus aufbauen. Die Wissenschaftler beschreiben jedoch eine Komplikation, bei der das Virus-Protein nicht an die Zelle gebunden bleibt, sondern bis in den Blutkreislauf vordringt und an der Wand von Blutgefäßen Entzündungen hervorruft und so eine TTS fördert.

Ulmer-Forscher haben Proteine im Astrazeneca-Impfstoff gefunden, die als Rückstände nach der Produktion des Vakzins darin verblieben waren. Unter ihnen befanden sich so genannte Hitzeschockproteine, die dafür bekannt sind, dass sie Immunantworten modulieren und bestehende Entzündungsreaktionen verstärken können. Diese Verunreinigungen könnten ein Risikofaktor von mehreren für TTS sein.

Wie viele Todesfälle gab es schon nach einer Corona-Impfung?

Dem Paul-Ehrlich-Institut wurden 524 Todesfälle gemeldet, die nach einer Corona-Impfung auftraten. Das bedeutet aber nicht etwa, dass die Impfung zum Tod geführt hätte: „Nach einer Corona-Impfung“ meint lediglich den zeitlichen Zusammenhang. Die Betroffenen waren durchschnittlich 84 Jahre alt. 58 Menschen verstarben an einer Covid-19-Erkrankung, fast alle noch vor der zweiten Impfung. Die meisten nach der Impfung Verstorbenen hatten mehrere schwere Vorerkrankungen, die wahrscheinlich zum Tod führten. Der Sicherheitsbericht hält zusammenfassend fest, dass die Anzahl der Todesfälle nach einer Impfung die erwartete Anzahl an Todesfällen in der entsprechenden Altersgruppe „nicht übersteigt“. Anders gesagt: In jeder größeren Gruppe von Menschen gibt es über die Zeit rein statistisch eine bestimmte Zahl von Todesfällen. Nach der Corona-Impfung war diese Zahl nicht erhöht.

Wie wahrscheinlich ist es, noch unbekannte Nebenwirkungen zu bekommen?

„Die Wahrscheinlichkeit von seltenen, noch unbekannten Nebenwirkungen liegt bei unter 0,001 Prozent“, sagt Carsten Watzl von der TU Dortmund. Auch hier gelte: Die Chance, einen schweren Corona-Erkrankungsverlauf zu erleben sei deutlich größer als das Risiko für Nebenwirkungen, die nicht zu den üblichen Impfreaktionen zählen.

Warum werden nicht alle Nebenwirkungen in klinischen Studien vorab aufgedeckt?

Die klinischen Studien vor der Zulassung der Impfstoffe umfassen die Daten von rund 40.000 Studienteilnehmern. Allerdings ist der Anteil vorerkrankter Menschen, die an diesen Studien teilnahmen, sehr gering. Aus diesem Grund kann man sehr seltene, unerwünschte Reaktionen, die möglicherweise zudem in Verbindung mit bestimmten Vorerkrankungen oder Übergewicht stehen, dort nicht umfangreich bewerten.

Wie wird überprüft, ob Beschwerden tatsächlich vom Impfstoff verursacht werden?

Es kann Zufall sein, dass Erkrankungen oder als Nebenwirkung beobachtete Ereignisse direkt nach der Impfung auftreten. Klinische Studien, die vor der Zulassung gemacht werden, arbeiten darum immer mit zwei Probandengruppen: mit einer Gruppe, die tatsächlich die Impfung bekommt, und mit einer sogenannten Placebogruppe, die ein Scheinmedikament ohne Arzneiwirkstoff erhält. Diese dient als Kontrollgruppe, denn an ihr lässt sich ablesen, wie häufig die Zahl zufälliger Ereignisse ist. „Sobald jedoch mit dem Impfen der Bevölkerung begonnen wird, fehlt diese Placebogruppe“, sagt Watzl.

Darum nimmt man in der sich an die Zulassung anschließenden Phase vier der Überprüfung von Impfstoffen alle gemeldeten möglichen Nebenwirkungen kritisch ins Visier. Dafür werden unter anderem Daten aus der Vergangenheit zur Rate gezogen, die die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten bestimmter Reaktionen innerhalb einer Altersgruppe zeigen. Ein Beispiel: Als Menschen jenseits der 80 als erste Gruppe die Impfung erhielten, starben einige davon kurz danach. Man weiß allerdings, wie oft es statistisch in dieser Gruppe normalerweise innerhalb einer Woche zu Todesfällen kommt. Diese Zahlen werden dann mit der Häufigkeit der gemeldeten Fälle verglichen. Auf diese Art lasse sich schnell feststellen, ob es sich um ein normales, zu erwartendes Ereignis handele oder nicht, sagt Watzl.

Wie lange dauern Nebenwirkungen nach der Corona-Impfung an?

Impfreaktionen treten in der Regel kurz nach der Injektion auf und halten wenige Tage an.  Das Robert-Koch-Institut hält fest, dass statistisch gesehen 40 von 1000 Geimpften jenseits der 60 noch nach einer Woche starke Erschöpfung zeigten. 290 litten eine Woche nach der Impfung noch so sehr an Kopf-, Muskel- oder Gelenkschmerzen, dass sie ein Schmerzmedikament nehmen mussten.

Woher weiß ich, ob ich Nebenwirkungen habe?

Eine Nebenwirkung - auch unerwünschte Arzneimittelwirkung genannt - ist ein unerwünschtes Symptom, das von einem Arzneimittel hervorgerufen wurde. Das Problem ist aber: Auch wenn subjektiv betrachtet für den Betroffenen ein Zusammenhang zur vorangegangenen Impfung zu bestehen scheint, ist es nicht immer auch tatsächlich so: Es könnte auch einfach Zufall sein, dass man gerade Kopfschmerzen hat. Ganz genau weiß man also nie, ob ein bestimmtes Unwohlsein von der Impfung verursacht wurde oder nicht. Durch die Meldung von Verdachtsfällen kann man jedoch den Behörden bei der Überwachung von Arzneimittelrisiken helfen.

Wie werden die Nebenwirkungen überwacht?

Ärzte und Apotheker haben eine gesetzlich vorgeschriebene Mitteilungspflicht. Gibt es also einen Verdachtsfall, wird dieser über die Gesundheitsämter an das Paul-Ehrlich-Institut gemeldet. Dieses hat in Deutschland unter anderem die Aufgabe, Impfstoffe zu überwachen. Bürger können dort auch für sich oder eine andere Person direkt Meldungen zu beobachteten Nebenwirkungen machen. Hierfür muss keine Bestätigung eines Arztes vorliegen. Die Grundlage hierfür schafft eine europäische Richtlinie aus dem Jahr 2010, die darauf abzielt, die Rechte von Patienten zu stärken und Erfahrungen in Hinblick auf die Verträglichkeit von Arzneimitteln insgesamt zu nutzen.

Wie genau kann man Nebenwirkungen melden?

Das Melden von Verdachtsfällen auf Nebenwirkungen ist auf drei Wegen möglich: entweder über ein Online-Formular, über die vom PEI entwickelte App SafeVac oder nach dem Download eines Meldeformulars in Papierform. Die übermittelten Daten werden dann vom PEI erfasst. Dabei wird sofort überprüft, ob eine eingegangene Meldung auf ein neues Risikosignal hinweist. Experten für Arzneimittelsicherheit untersuchen dann den Fall. Diese direkten Meldungen durch Patienten sind laut Informationen des PEI besonders interessant, weil sie häufig neue Informationen beinhalten, die nicht im Beipackzettel erwähnt sind. Direkte Verbrauchermeldungen können laut PEI „erheblich zur Früherkennung von Risikosignalen beitragen“.

Sind bei der Corona-Impfung Langzeitfolgen möglich?

Wissenschaftler benutzen den Begriff „Langzeitfolgen“ anders als die Bevölkerung. „Wir verstehen darunter unerwartete Nebenwirkungen, die nach einer Impfung auftreten und für den Betroffenen lange anhalten“, sagt Watzl. In der Öffentlichkeit sei damit hingegen eine Schädigung gemeint, die erst viele Monate oder Jahre nach einer Impfung auftritt. Solche Effekte sind laut Watzl nicht zu befürchten, weil sich bei der Immunisierung nichts im Körper ansammele, das später zum Auslöser werden könne.

Aus der Vergangenheit weiß man, dass Reaktionen in Zusammenhang mit einer Impfung meist direkt, spätestens aber innerhalb von zwei Monaten danach auftreten. Nach der Schweinegrippe-Impfaktion in den Jahren 2010 und 2011 kam es zum Beispiel bei einem von 20.000 Patienten zu Narkolepsie. Diese Reaktion trat bei den meisten aber innerhalb von zwei Monaten nach der Impfung auf - nicht erst Jahre später.

Wie wahrscheinlich ist das Auftreten von Impfschäden?

Impfschäden treten in einer Häufigkeit von weniger als 1 zu 1 Million Impfungen auf - also extrem selten. Die meisten solcher Schäden sind bei Lebendimpfstoffen bekannt, wie es etwa bei der Immunisierung gegen die Pocken der Fall war. Bei solchen Impfungen verabreicht man mit dem Impfstoff ein abgeschwächtes Virus, das zum Beispiel bei immunschwachen Menschen auch in zeitlichem Abstand zur Impfung zu einer Erkrankung führen kann. Bei keinem der drei in Deutschland zugelassenen Corona-Vakzine handelt es sich um einen Lebendimpfstoff.

Selten treten nach Impfungen Autoimmunerkrankungen auf - hier müssen mehrere Ereignisse aufeinanderfolgen, um die Erkrankung auszulösen: Zum Beispiel ein Infekt und die dann zufällig später folgende Impfung.

Insgesamt handelt es sich beim „Impfschaden“ vor allem um einen juristischen Begriff, denn es geht dabei um die Haftungsfrage nach einer empfohlenen Impfung.

Wer haftet bei einem Impfschaden?

Für Impfschäden haftet der Staat. Darauf weist das Bundesgesundheitsministerium in einem Update zum Infektionsschutzgesetz auf seiner Website hin. Das ist explizit auch bei Impfschäden nach der Impfung mit Astrazeneca und Johnson&Johnson so, die unter 60-Jährige „nach ärztlicher Aufklärung und bei individueller Risikoakzeptanz“ wählten, heißt es seitens der Stiko. Voraussetzung dafür sei ein „dokumentiertes Aufklärungsgespräch mit dem Arzt und das Einverständnis des Impflings“, steht dort weiter.

Grundsätzlich ist je nach Problemstellung die Haftungsfrage etwas anders zu beantworten: Die Länder sind bei bekannten Nebenwirkungen in der Haftung. Der Bund übernimmt die Haftung bei unerwarteten Nebenwirkungen. Bei Produktfehlern ist der Hersteller Haftender. Der impfende Arzt wiederum haftet für das korrekte Verabreichen der Impfung.

Anmerkung der Redaktion: Wir haben diesen Text nach nach neuesten Erkenntnissen rund um einzelne Impfstoffe aktualisiert.

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