Hoffnung auf Corona-Medizin Hilft ein Grippemittel gegen Corona?

Forscher in den USA haben ein mögliches Medikament gegen Covid-19 entdeckt. In Tierversuchen verhinderte der Wirkstoff sowohl die Ansteckung gesunder Tiere mit Sars-CoV-2 als auch die Übertragbarkeit des Virus. Erste klinische Studien mit Corona-Patienten haben bereits begonnen.

 Die Aufnahme mit dem Elektronenmikroskop zeigt Coronaviren beim Austritt aus im Labor kultivierten Zellen.

Die Aufnahme mit dem Elektronenmikroskop zeigt Coronaviren beim Austritt aus im Labor kultivierten Zellen.

Foto: dpa/Niaid-Rml

Die ganze Welt blickt und wartet auf den Corona-Impfstoff. Er ist die große Hoffnung auf ein zumindest absehbares Ende der Pandemie. Bis aber eine Herdenimmunität durch die Impfung erreicht sein wird, kann noch viel Zeit vergehen. 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung müssen dafür geimpft sein. Experten rechnen für Deutschland damit frühestens Ende nächsten Jahres, eher noch später. Zahllose Menschen werden bis dahin weltweit noch an Covid-19 sterben.

Ein Medikament könnte entscheidend helfen, das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu bringen. Forscher in den USA haben nun möglicherweise einen Durchbruch in der Corona-Medizin erreicht. Molnupiravir heißt der Hoffnungsträger, der ursprünglich an der Emory University in Atlanta/Georgia gegen Influenza entwickelt wurde. Das Molekül ähnelt den natürlichen Bausteinen der RNA. Es baut gezielt Mutationen in die Erbsubstanz von Viren ein und tötet sie auf diese Weise ab.

In Tierversuchen stoppte Molnupiravir Infuenza-Infektionen und verhinderte dazu die Ansteckung weiterer Artgenossen. Mit Sars-CoV-2 infizierte Tiere reagierten ähnlich. Im Fachmagazin „Nature Microbiology“ berichten die Wissenschaftler von vielversprechenden Versuchen mit Frettchen. Frettchen eignen sich ebenso wie Nerze besonders gut als Tiermodelle in der Medizin. Sie reagieren ähnlich auf Virusinfektionen wie der menschliche Organismus.

Robert Cox und sein Team von der Georgia State University haben nun vor allem die Blockade der Virenübertrageung näher untersucht. Sie infizierten Frettchen mit dem Coronavirus und behandelten nach zwölf Stunden einen Teil der Tiere mit Molnupiravir. Gesunde und infizierte Tiere brachten sie gemeinsam in einem Käfig unter.

Die anschließende Probennahme von Rachenabstrichen der Frettchen brachte ein klares Ergebnisse: Bereits nach zwölf Stunden hatte die Anzahl nachweisbarer Viren bei den infizierten Tieren deutlich abgenommen. 24 Stunden nach Behandlungsbeginn waren keine infektiösen Partikel mehr nachweisbar, berichten Cox und seine Kollegen. Dies sei ein klares Indiz dafür, dass Molnupiravir effektiv gegen Sars-Cov-2 wirke.

Das zweite vielversprechende Ergebnis: Keines der mitbehandelten, zuvor nicht-infizierten Kontakttiere steckte sich bei seinen infizierten Artgenossen an. Die Placebo-Gruppe, also die unbehandelten Kontrolltiere, erkrankten dagegen allesamt. Zusammengefasst bedeutet dies: Molnupiravir blockierte im Tierversuch sowohl die Virenvermehrung als auch die Übertragung. Ein Ergebnis, das Hoffnung auf die Wirksamkeit des Mittels auch beim Menschen macht.

Die Georgia State University selbst spricht von einem „Durchbruch“.  Das Medikament sei „ein starker Kandidat“ zur Eindämmung des Virus. Molnupiravir sei das erste oral verfügbare Medikament, das die Übertragung von Sars-CoV-2 innerhalb von 24 Stunden blockieren könne.

Bereits im Frühjahr 2020 gab es in Tests erste Hinweise auf eine  Wirksamkeit auch gegen Sars-CoV-2. Nun stehen natürlich klinische Studien aus, die die Verträglichkeit und Wirksamkeit auch beim Menschen bestätigen. Das Unternehmen Merck führt aktuell eine Studie der klinischen Phase II/III mit Covid-19-Patienten durch. Über Nebenwirkungen, Wirkungs- und Behandlungsdauer gibt es noch keine evidenten Daten.

„Wenn die Frettchen-basierten Daten zur Hemmung der Sars-CoV-2-Übertragung sich auch beim Menschen bestätigen, dann könnten Patienten mit Covid-19 schon 24 bis 48 Stunden nach Beginn der oralen Einnahme von Molnupiravir nicht-infektiös werden“, schreiben die Forscher um Robert Cox.

Bestätigen sich die Ergebnisse der Wissenschaftler in klinischen Studien am Menschen, hätte der Wirkstoff also gleich drei entscheidende Vorteile: Schwere Verläufe könnten gestoppt werden, Infektionsphasen und Quarantänezeiten wären verkürzt, und Infektionsketten könnten zügig und effektiv unterbrochen werden.

Bisher sieht die Medikamentenlage für Covid-19-Patienten wenig komfortabel aus: Das anfangs vielversprechende Remdesivir erwies sich weniger effektiv als ursprünglich erhofft. Auch die Behandlung mit Blutplasma von Genesenen hat keinen Durchbruch gebracht. Das Cortison-Präparat Dexamethason kann zumindest die Sterberate schwer erkrankter Corona-Patienten senken.

Ein neuer Hoffnungsträger wird also dringend gebraucht.

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