Fragen und Antworten zur Biontech-Rationierung Wie gut ist Moderna?

Düsseldorf · Die Praxen bekommen nur noch 30 Dosen Biontech pro Woche. Moderna ist gleichwertig, aber nicht für alle Bürger. Am 20. Dezember kommt der Kinder-Impfstoff von Biontech - und warum er einen orangen Deckel bekommen soll.

 Die Impfstoffe von Moderna und von Biontech sind ähnlich.

Die Impfstoffe von Moderna und von Biontech sind ähnlich.

Foto: dpa/Jan Woitas

Die Kanzlerin schlägt Alarm: „Wir haben eine hoch dramatische Situation. Was jetzt gilt, ist nicht ausreichend“, sagte Angela Merkel laut der Agentur Reuters im CDU-Bundesvorstand. Doch nach Booster-Ärger und Biontech-Kürzung stellen sich Fragen.

Wer bekommt noch Biontech? Das Bundesgesundheitsministerium hat die Lieferung von Biontech rationiert. Pro Praxis gibt es ab dem 29. November nur noch 30 Dosen in der Woche. Hintergrund ist, dass Deutschland sich zu Biontech-Spenden an die internationale Impfallianz Covax verpflichtet hat. Zudem hat der Bund noch viele Moderna-Dosen auf Lager, die im nächsten Jahr zu verfallen drohen. Zugleich laufen Verhandlungen mit dem Mainzer Hersteller, die Lieferungen zu erhöhen. Laut Gesundheitsministerium entfielen zuletzt 90 Prozent aller Bestellungen auf den Biontech-Impfstoff. Bis Jahresende sollen 24 Millionen Dosen verfügbar sein - bei erwarteten 30 Millionen Erst-, Zweit- und Auffrischungsimpfungen.

Wie gut ist Moderna? Die Impfstoffe von Moderna und Biontech sind sehr ähnlich, bei beiden werden Botenstoffen (mRNA) gespritzt, so dass der menschliche Körper Antigene des Coronavirus produziert, auf die er dann im zweiten Schritt Antikörper herstellt. „Beide Impfstoffe sind gleichwertig“, betonte Klaus Cichutek, Chef des Paul-Ehrlich-Institutes. „Ich kann nur jedem empfehlen, sich auch mit Moderna boostern zu lassen“, sagt Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein. Einige Studien wiesen sogar darauf hin, dass eine Auffrischung mit einem anderen mRNA-Impfstoff noch effizienter ist, als den gleichen einzusetzen wie bei bei der ersten Impfserie, so Preis. Zudem sei Moderna einfacher im Handling: „Die Abläufe bei Moderna sind wesentlich einfacher, weil der Moderna-Impfstoff schon impffertig in die Arztpraxen geliefert wird. Das aufwendige Verdünnen des Biontech-Impfstoffs entfällt.“

Warum sollen unter 30-Jährige Moderna nicht nehmen? Die möglichen Nebenwirkungen von Biontech und Moderna sind ähnlich. Ein Unterschied: Für unter 30-Jährige empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) ausschließlich Biontech. Diese Empfehlung gilt für die Grundimmunisierung und die Auffrischung. In seltenen Fällen kann es bei jüngeren Menschen zwar bei beiden Impfstoffen zu Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündungen (Myokarditis, Perikarditis) kommen. „Aktuelle Meldeanalysen zeigen, dass Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen Jungen und jungen Männern sowie bei Mädchen und jungen Frauen unter 30 Jahren nach der Impfung mit Spikevax (von Moderna) häufiger beobachtet wurden als nach der Impfung mit Comirnaty (von Biontech)“, so die Stiko. 

Wann soll geboostert werden? Die Stiko empfiehlt das Boostern sechs Monate nach Ende der ersten Impfserie. Eine Verkürzung des Abstandes auf fünf Monate ist im Einzelfall oder bei entsprechenden Kapazitäten möglich, wie die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein betont. Bürger berichten, dass einzelne Impfstellen schon nach weniger als fünf Monaten Abstand boostern. Das ist eigentlich nicht erlaubt. Wichtig ist, dass zuerst die Menschen geboostert werden, deren erste Impfserie länger zurückliegt. Wer als erstes Johnson&Johnson erhalten hat, sollte die Auffrischung durch einen mRNA-Impfstoff schon nach vier Wochen erhalten.

Was ist mit Kreuzimpfungen? Es ist möglich, dass Bürger als erstes Astrazeneca, dann Biontech und nun als drittes Moderna erhalten. Kein Problem, sagt Leif Erik Sander von der Berliner Charité. Auch eine Kreuzimpfung sei sicher und gut verträglich.

Wann kommt der Impfstoff für Kinder unter zwölf? Noch in dieser Woche wird die Zulassung von Biontech für Kinder durch die Arzneimittelagentur (Ema) erwartet. Er soll aber erst am 20. Dezember in Deutschland ausgeliefert werden. Denn für die Kinder unter zwölf soll es einen eigens abgefüllten Impfstoff geben: „Wir gehen davon aus, dass wie in den USA pro Dosis nur 0,2 Milliliter gespritzt werden. Ein niedrigeres Volumen ist für kleine Kinder auch angenehmer als die 0,3 Milliliter, die bei Erwachsenen injiziert werden“, erläutert Preis. Der Kinderimpfstoff von Biontech-Pfizer werde in den USA als „Orange-Cap-Pfizer“ bezeichnet, wegen des orangenen Deckels. Der für Erwachsene heißt wegen des violetten Verschlusses „Purple-Cap-Pfizer“. Preis: „Man kann davon ausgehen, dass auch der deutsche Biontech-Impfstoff für Kinder einen orangefarbenen Deckel haben wird. So werden Verwechselungen vermieden.“ Der Biontech-Impfstoff für Kinder müsse wie der von Erwachsenen vom Arzt verdünnt werden.

Gibt es genug Impfstoff für Kinder? Laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) soll Deutschland „auf einen Schlag“ 2,4 Millionen Dosen für die Fünf- bis Elf-Jährigen erhalten. Angesichts von 4,5 Millionen Kindern dieser Altersgruppe werde wohl ein großer Teil der anfänglichen Nachfrage bedient werden können, so der Minister. Es wird erwartet, dass die Stiko erst im neuen Jahr eine Empfehlung für Kinder unter zwölf abgibt. Sollte sie nur eine Impfung von vorerkrankten Kindern empfehlen, können Ärzte trotzdem auch andere Kinder impfen. Für die Ärzte ist nur die Zulassung durch die Ema wichtig. Viele Kinderärzte orientieren sich aber auch an der Stiko.

Wie wirksam ist der Impfstoff für Kinder? Eine im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichte Studie beurteilt den Kinder-Impfstoff von Biontech als wirksam und sicher. Es seien „keine schweren impfbedingten Nebenwirkungen beobachtet worden“. Beobachtet wurden nur „milde und vorübergehende Reaktionen“ wie Fieber, Schmerzen am Einstich, Müdigkeit oder Kopfschmerzen. Drei der geimpften Kinder erkrankten in der Beobachtungszeit an Corona, in der Kontrollgruppe waren es 16. Die Wirksamkeit des Impfstoffs liege  bei 90,7 Prozent. Die einzigen drei schwereren Schäden im Beobachtungszeitraum hatten nach Ansicht der Autoren keinen Zusammenhang zur Impfung - in einem Fall war es ein gebrochener Arm.

Wie riskant ist Corona für Kinder? Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisiert, dass NRW die Maskenpflicht in Schulen noch immer nicht wieder eingeführt hat. Denn auch Kinder können erkranken und Langzeitfolgen haben. Es sei damit zu rechnen, dass vier bis sieben Prozent der infizierten Kinder mit Covid-Symptomen das Long Covid entwickeln, sagte Lauterbach.

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