Wüst für Beibehaltung von Schutzregeln Maskenpflicht in Schulen bis Ostern

Düsseldorf/Berlin · Angesichts neuer Infektions-Rekorde will Hendrik Wüst an der Maßnahme festhalten. Ärzte hoffen, dass in NRW bis zum 2. April alle Corona-Regeln bleiben. Bund und Länder streiten über das Infektionsschutz-Gesetz. Kanzler Scholz sagt den Kommunen bei dem Treffen wegen der Aufnahme der Ukraine-Flüchtlinge finanzielle Hilfe zu.

Bislang sind Masken an den Schulen Pflicht.

Bislang sind Masken an den Schulen Pflicht.

Foto: dpa/Matthias Balk

Vor dem Hintergrund neuer Infektions-Rekorde will die Landesregierung an der Maskenpflicht in Schulen festhalten: „Ich wäre sehr dafür, das noch zu tun bis zu den Osterferien“, sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) vor der Ministerpräsidenten-Konferenz (MPK) am Donnerstag im WDR. Das gebe „ein Stück mehr Sicherheit“. Binnen eines Tages wurden dem Robert-Koch-Institut bundesweit 295.000 Neuinfektionen gemeldet.

Nach dem Treffen forderte Wüst Nachbesserungen am Infektionsschutzgesetz des Bundes, das der Bundestag am Freitag beschließen soll. Das Gesetz sei „das exakte Gegenteil“ von dem, was die Länder bräuchten, um schnell auf dramatische Entwicklungen reagieren zu können, so Wüst. Danach soll es nur noch einen Basisschutz wie Maskenpflicht in Kliniken, Pflegeheimen, Bussen und Bahnen geben. Nur in Hotspot-Regionen können Länder zusätzliche Beschränkungen verhängen, wobei schwammig definiert ist, was eine Hotspot-Region ist. Bis zum 2. April gilt aber eine Übergangsfrist.

Es zeichnet sich ab, dass NRW wie viele andere Länder diese nutzen will: Damit kann die Maskenpflicht auch in Handel, Gastronomie und Innenräumen weiter gelten, zudem bleiben vorerst die Zugangsregeln wie 3G. Ob diese Regeln auch nach dem 2. April gelten, hängt davon ab, ob sich ganz NRW zum Hotspot erklärt. Der Bund stellte klar, dass dies möglich ist.

Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KV) empfiehlt mehr Schutz dringend: „Ich würde es begrüßen, wenn die Landesregierung die möglichen Übergangsregelungen bis Anfang April voll ausschöpfen würde. Aus medizinischer Sicht sollten auch weiter wichtige Schutzmaßnahmen wie das Masketragen in Innenräumen im Alltag unbedingt beibehalten werden“, sagte KV-Chef Frank Bergmann. „In Zeiten steigender Infektionszahlen dürfen wir grundlegende Basismaßnahmen nicht vorschnell aus der Hand geben. Die Pandemie ist nicht vorbei.“

Auch Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, warb für die Maskenpflicht: „Wir können nicht Schutzmaßnahmen abbauen und gleichzeitig Tag für Tag eine Viertel Millionen Bürger in Isolation und Quarantäne schicken.“ Nach einem ,Freedom-Day‘ würden sich unvermeidlich wieder viel mehr Bürger beim Einkauf oder in der Schule anstecken. „Wir müssen mit dem Virus leben, aber wir sollten nicht leichtfertig damit umgehen. Das ist aber dann der Fall, wenn zu wenige Maske tragen.“

Ulrich Weigeldt, Chef des Deutschen Hausärzteverbandes, kritisieren das Chaos bei der Corona-Bekämpfung. „Auch nach dieser MPK bleibt vollkommen unklar, nach welchen Kriterien die Politik die aktuelle Lage bewertet. Das ist Pandemie-Bekämpfung nach tagesaktuellem Bauchgefühl“, sagte er. Die Politik habe keinen realistischen Überblick, wie viele Menschen sich infizierten und wegen Corona im Krankenhaus seien. Deutschland befinden sich weiter im Daten-Blindflug. Die größte Gefahr in den Arztpraxen sei derzeit, dass sehr viele Mitarbeiter aufgrund einer Infektion kurzfristig ausfielen.

Auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigte: „Die Pandemie ist nicht vorbei. Viele Menschen sterben, weil sie sich nicht haben impfen lassen.“ Er appellierte an diese, das nachzuholen: Im Herbst könnte es erneut eine schwere Corona-Welle geben.

Für Ärger sorgt auch der geplante Ausstieg des Landes aus den regelmäßigen Corona-Tests in Kitas. Die SPD kritisierte im Familienausschuss des Landtags die Entscheidung als hochriskant und falsch. Die FDP warf ihr im Gegenzug Panikmache vor. Im Ausschuss kam es zum Eklat, weil das Land die Chefin des Kinderärzte-Verbands Nordrhein eingeladen hatte, diese dann aber doch nicht befragte.

Zweites Thema der Bund-Länder-Runde war der Umgang mit Flüchtlingen aus der Ukraine. „Es werden viele Flüchtlinge kommen“, erwartet Scholz und sagte den Kommunen Hilfe zu. Die große Herausforderung müsse man gemeinsam bewältigen, dies erstrecke sich auch auf die finanzielle Verantwortung. Hierzu soll eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden.

„Wer vor Putins Krieg flüchtet, ist in Deutschland sicher und willkommen“, betonte Wüst. Er mahnte aber auch: „Alleine können die Kommunen die Aufnahme nicht stemmen.“ Schon zuvor hatte er appelliert: Der Bund müsse sich stärker bei der Verteilung engagieren, damit nicht einige Städte überfordert würden. Allein in Berlin kommen täglich über 1000 Ukrainer an. In Düsseldorf sind mehr als 2500 Geflüchtete in kommunalen Notunterkünften untergebracht.

Städte und Gemeinden halten die Beschlüsse zur Flüchtlings-Unterbringung für nicht ausreichend: „Wir erwarten vom Bund zum einen eine klare Zusage zur Übernahme der Finanzierung bei Unterbringung, Versorgung und Integration sowie Unterstützung bei der Registrierung und Verteilung. Die Beschlüsse werden dem noch nicht gerecht“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg. Zudem brauche man ein Expertengremium auf Bundesebene. „Richtig und wichtig ist, dass der Bund Abweichungen bei bauplanungsrechtlichen Standards für die Unterbringung von Geflüchteten ermöglichen will.“

Mit Blick auf das Infektionsschutzgesetz betonte Landsberg: „Gerade angesichts der hohen Infektionszahlen fehlen aktuell Regelungen im Basisschutz zur Maskenpflicht in Innenräumen. Auch die Hotspot-Regelungen sind aus unserer Sicht unpraktikabel und führen zu einem Flickenteppich.“ Es sei zu begrüßen, dass die Länder die Übergangsregelung bis zum 2. April nutzen werden.

Die Kommunen in NRW fordern wegen der Flüchtlinge Sofortmaßnahmen vom Land: „Viele Städte haben ihre Kapazitäten bereits deutlich überschritten. Das Land muss deshalb Sofortmaßen ergreifen und die Geflüchteten besser verteilen auf weniger belastete Städte und Gemeinden im Land“, sagte der Chef des Städtetages NRW, Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen. „Wir sehen das Land auch in der Pflicht, eine effektive dezentrale Erfassung der Geflüchteten zu organisieren. Die Kommunen sind hierfür weder personell noch technisch ausreichend ausgestattet. Genauso gehört die gesundheitliche Erstversorgung dazu.“

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