Immunschutz nach Infektion Genesene werden sich Lauterbach zufolge immer wieder neuinfizieren

Berlin · SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat neue Studiendaten präsentiert, dass Genesene immer wieder erkranken dürften. Er spricht von „regelmäßigem russischen Roulette“.

 SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Neben den vielen anderen Unwägbarkeiten rund um das Coronavirus gibt es vor allem eine eklatante Unsicherheit bei allen Voraussagen zu Infektionswellen und Hospitalisierungsraten. Obschon sich das viele wünschen: Es gibt angesichts dieser komplexen Materie keine Kristallkugel, die uns die nahe oder ferne Zukunft krisensicher beschreibt; auch hochgerüstete Epidemiologie kann die kommenden Wochen nur begrenzt modellieren. Vor allem gibt es täglich neue und widersprüchliche Studiendaten. Jetzt hat Karl Lauterbach wieder den englischen „Guardian“ gelesen und prompt neue Zahlen getwittert.

Im August hatte er eine israelische Studie verbreitet, laut der Genesene besser geschützt sind als Geimpfte. Er schrieb damals: „Diese Studie zeigt klar, dass die Impfung mit Biontech im Vergleich zur durchgemachten Infektion sehr viel schneller an Wirkung verliert“, hieß es in dem Tweet. Und weiter: „Wie lange der Schutz vor schweren Fällen wirkt, ist unklar.“

Jetzt lässt er Daten aus England und den USA zirkulieren, die scheinbar das Gegenteil beschreiben. Er twittert: „Schlechte Nachricht für Ungeimpfte – neue Daten in den US und UK zeigen, dass Genesene immer wieder erkranken dürften. Im Durchschnitt alle 16 Monate, viele schon nach drei Monaten. Das ist wie regelmäßiges russisches Roulette.“

Das klingt widersprüchlich, ist es aber nicht. Genesene sind nicht gleich Genesene, Immunschutz sinkt unterschiedlich schnell. Ein Detail ist wichtig: In Ländern, in denen viel getestet wurde, bekamen viele Menschen einen PCR-positiven Bescheid, obwohl sie zwar infiziert, aber nicht erkrankt waren. Das nennen Experten „transitorische Positivität“. Diese symptomlos Infizierten waren nur in einem relativ kleinen Zeitfenster positiv. Was war da passiert?

Ein paar Viren waren über ihre Schleimhäute gekrabbelt, die Immunabwehr hatte leichtes Spiel, und zwei Tage später waren die Menschen wieder testnegativ. Ob diese Menschen einen langfristigen Immunschutz aufgebaut haben, ist eher zweifelhaft. Ohne Impfung ist bei ihnen eine sogenannte Zweit-Infektion sehr wahrscheinlich. Vermutlich meint Lauterbach genau diese Gruppe – und mit „russischem Roulette“ die Wahrscheinlichkeit, dass einem asymptomatischen Verlauf irgendwann ein möglicherweise hochgradig symptomatischer folgt.

Trotzdem gelten sie ebenso als genesen wie jene, die einen schweren Krankheitsverlauf sogar mit Hospitalisierung hinter sich haben und bei denen turmhohe Antikörper-Spiegel gemessen wurden. Experten glauben, dass Genesene langfristig nur mit einer Impfung einen höheren und damit sicheren Schutz haben.

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