Corona-Pandemie Das sind die Lockerungspläne von Bund und Ländern

Düsseldorf · Bei der heutigen Videoschalte von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten werden weitreichende Lockerungen der Corona-Beschränkungen erwartet. Eine Beschlussvorlage skizziert, wohin die Reise gehen könnte.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) berät heute mit den Ministerpräsidenten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) berät heute mit den Ministerpräsidenten.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Deutschland wird seine Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie deutlich lockern. Das werden die Ministerpräsidenten der Länder heute mit der Bundeskanzlerin in einer Videoschalte besprechen. Mehrere Bundesländer waren schon vorgeprescht und hatten einzelne Details bekannt gegeben. Am detailliertesten hatten Bayern und Niedersachsen ihre Pläne skizziert, NRW hatte schon vor der Sitzung Öffnungen für die Alten- und Pflegeheime angekündigt. Doch nun zeigt eine Beschlussvorlage für die Telefonschalte vom späten Dienstagabend (23.30 Uhr), die unserer Redaktion vorliegt, wohin die Reise gehen könnte. Die Punkte im Einzelnen:

Kitas Die „erweiterte Notbetreuung“ kann ab dem 11. Mai in allen Bundesländern eingeführt werden. Einzelheiten regeln die Länder. In NRW wäre neu, dass auch Kinder aus beengten Wohnverhältnissen (Fehlen eines eigenen Kinderzimmers) und Kinder mit besonderem pädagogischen oder Sprach-Förderbedarf sowie jene Kinder, die im Sommer eingeschult werden sollen.

Schulen Die Wiederaufnahme des Unterrichts in Form von teilweisem Präsenzunterricht soll in weiteren Schritten gemäß dem Beschluss der Kultusministerkonferenz bis zu den Sommerferien für alle Schüler vollendet werden. Die Einzelheiten regeln die Länder. Damit würde der von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) vorgelegte Plan in Kraft treten, wonach ab der kommenden Woche auch Erst-, Zweit-, und Drittklässler nach einem tageweise rollierenden System in die Schulen geholt werden sollen. „Parallel dazu sollen digitale Unterrichtskonzepte und -angebote weiterentwickelt werden“, heißt es in der Beschlussvorlage weiter. Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf (z. B. aufgrund von sonderpädagogischem oder Sprachförderbedarf, aufgrund ihrer häuslichen Situation oder der technischen Ausstattung), die beim Lernen zu Hause in den vergangenen Wochen weder digital noch analog oder nur sehr schwer erreicht werden konnten, sollen laut Beschlussvorlage möglichst umgehend gezielte pädagogische Präsenzangebote an den Schulen erhalten. Bis zu den Sommerferien sollen alle Kinder wieder in der Schule gewesen sein.

Tracing-App Zur Unterstützung der schnellen und möglichst vollständigen Nachverfolgung von Kontakten ist der Einsatz von digitalem „contact tracing“ geplant. Der Bund will bei einer solchen App einen dezentralen Ansatz verfolgen, der Einsatz soll für Bürger dem Prinzip der „doppelten Freiwilligkeit“ folgen. Die europäischen und deutschen Datenschutzregeln sollen strikt eingehalten werden und lediglich epidemiologisch relevante Kontakte der letzten drei Wochen anonymisiert ausschließlich auf dem Handy des Benutzers ohne die Erfassung des Bewegungsprofils gespeichert werden. Darüber hinaus soll nicht nur der Einsatz der App auf Freiwilligkeit basieren, sondern auch eine mögliche Datenweitergabe an das Robert-Koch-Institut zur Optimierung der App und für die epidemiologische Forschung soll nur freiwillig erfolgen. Gebe ein Bürger diese Daten nicht frei, habe das keinen negativen Einfluss auf seine Nutzungsmöglichkeiten der App, heißt es in der Beschlussvorlage. Die App wird transparent „open source“ bereitgestellt. Sobald eine breit einsetzbare Anwendungssoftware (App) vorliege, komme es darauf an, dass breite Teile der Bevölkerung diese Möglichkeit nutzen, um zügig zu erfahren, wenn sie Kontakt zu einer infizierten Person hatten. Bund und Länder würden dazu aufrufen.

Kliniken und Pflegeeinrichtungen NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) war schon am Dienstag vorgeprescht und hatte für den Muttertag eine Öffnung der Seniorenheime und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen in NRW angekündigt. Dies soll nun auch in den anderen Bundesländern geschehen. Allerdings geht die NRW-Regelung offenbar über die Beschlussvorlage hinaus. Dort heißt es, dass „jedem Patienten/Bewohner einer solchen Einrichtung die Möglichkeit des wiederkehrenden Besuchs durch eine definierte Person ermöglicht wird, sofern es aktuell kein aktives SARS-Cov-2-Infektionsgeschehen in der Einrichtung gibt“. Laumann hatte angekündigte, zwei Besucher zulassen zu wollen.

Arbeitsbedingungen Homeoffice bleibt das Gebot der Stunde. Firmen müssen die Heimarbeit, „wo immer dies umsetzbar ist“, ermöglichen. Die Firmen müssen zudem Hygienekonzepte erarbeiten und umsetzen. Auf Kundenkontakte soll so weit wie möglich verzichtet werden, wo dies nicht möglich sei, müssten besondere Hygiene- und Schutzmaßnahmen ergriffen werden.

Handel Es sollen wieder alle Geschäfte öffnen dürfen. Allerdings werden die Länder Obergrenzen für die Zahl der in den Geschäftsräumen erlaubten Personen einziehen. Das betrifft sowohl das Personal, als auch die Kunden. Die Obergrenze richtet sich nach der Größe der Verkaufsfläche. Das diene nicht nur der Sicherstellung der Abstände in den Geschäften, sondern soll auch den Publikumsverkehr im öffentlichen Raum und in den Bussen und Bahnen in Richtung Innenstädte begrenzen.

Sport Der Breiten- und Freizeitsport wird in allen Bundesländern wieder erlaubt. Allerdings umfasst dies erst einmal nur Aktivitäten unter freiem Himmel. Bayer hatte hier auch angekündigt, zusätzlich das Reiten in Hallen erlauben zu wollen. Spannend wird, ob das Reiterland NRW diese Regelung nachvollzieht.

Bundesliga Die Erste und Zweite Liga sollen wieder Spielen. Offenbar ist aber noch abstimmungswürdig, wann der Spielbetrieb wieder losgehen soll. Während die Mehrheit der Länderchefs nach Informationen unserer Redaktion für den 15. Mai votiert hatte, findet sich in der Beschlussvorlage als Startdatum nur der „X. Mai“ wieder. Klargestellt wird, dass die Profisportler keine Vorzugsbehandlung bei den Corona-Tests erwarten dürfen: „Im Falle eventuell notwendiger Testungen für den Spielbetrieb ist sicherzustellen, dass aus dem Gesundheitswesen angemeldete Testbedarfe jederzeit mit Priorität behandelt werden.“

Perspektiven Die Länder dürfen in eigener Verantwortung über die schrittweise Öffnung der folgenden verblieben Bereiche auf der Grundlage von gemeinsamen Hygiene- und Abstandskonzepten der jeweiligen Fachministerkonferenzen entscheiden: Kontaktbeschränkungen, Vorlesungsbetrieb an Hochschulen, Übergang der Kinderbetreuung in den eingeschränkten Regelbetrieb, Volkshochschulen, Musikschulen und sonstige öffentliche und private Bildungseinrichtungen im außerschulischen Bereich, Gastronomiebetriebe , Bars, Clubs und Diskotheken, Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen (Übernachtungsangebote für private Reisen), Messen, Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe, Theater, Opern, Konzerthäuser und ähnliche Einrichtungen, Sportbetrieb in allen öffentlichen und privaten Indoor-Sportanlagen, Schwimm- und Spaßbädern, Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen, Betrieb von sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie die Wiederaufnahme von Wettkampf- und Leistungsport, kleinere öffentliche oder private Veranstaltungen oder Feiern sowie Veranstaltungen ohne Festcharakter, aber auch Kinos, Freizeitparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen), Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen, Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen.

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