EMA gibt grünes Licht Wie es beim Impfstoff von Johnson & Johnson weitergeht

Düsseldorf · Die Europäische Arzneiagentur empfiehlt den Impfstoff trotz einzelner Thrombose-Fälle weiter. Der Nutzen sei weit größer als die Risiken. Nun ist die Frage, ob es in Deutschland wie bei Astrazeneca eine Altersbeschränkung gibt.

 Impfstoff von Johnson & Johnson.

Impfstoff von Johnson & Johnson.

Foto: dpa/.

Der vierte Impfstoff für Deutschland kann kommen. Obwohl nach der Impfung mit dem Vakzin von Johnson & Johnson (J & J) einzelne Thrombose-Fälle aufgetreten sind, bekräftigte die Europäische Arzneiagentur (Ema) am Dienstag ihre positive Einschätzung. Zwar gebe es eine mögliche Verbindung zwischen der Impfung und sehr seltenen Fällen von ungewöhnlichen Thrombosen, erklärte die Ema. Insgesamt aber überwögen die Vorteile der Impfung die Risiken bei weitem. „Das ist eine gute Nachricht für die Impfkampagnen in der ganzen EU“, so EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen.

Was war der Anlass? US-Behörden hatten vor einer Woche zu einer vorübergehenden Aussetzung von Impfungen mit dem J & J-Mittel geraten, nachdem Thrombose-Fälle bekannt geworden waren. Allerdings waren das nur Einzelfälle: Auf sieben Millionen Impfungen kamen acht Fälle von Thrombosen. J & J hatte dennoch die Auslieferung in die EU verschoben, die erst vor wenigen Tagen begonnen hatte.

Wie geht es weiter? Die Ema lässt das Mittel weiter zu, empfiehlt aber, es mit einem Warnhinweis zu versehen, wonach es sehr selten zu Blutgerinnseln kommen könne. Demnach sollen Personen einen Arzt aufsuchen, wenn sie innerhalb von drei Wochen nach der Impfung eines der folgenden Symptome aufweisen: Kurzatmigkeit, Schmerzen in der Brust, Anschwellen der Beine, starke Kopfschmerzen, verschwommenes Sehen oder Blutflecken an der Injektionsstelle. Bei rascher Behandlung könnten Komplikationen vermieden werden, betonte Ema-Expertin Sabine Straus. So ist die Ema auch bei Astrazeneca vorgegangen. Bei beiden Stoffen kam es nach der Gabe an Frauen unter 60 Jahren vereinzelt zu Thrombosen. Möglicherweise wird die Ständige Impfkommission (Stiko) nun auch für J & J in Deutschland eine Altersbeschränkung einführen. Sie empfiehlt bereits Astrazeneca nur für Menschen über 60 Jahre. J&J kündigte nach dem Ema-Votum an, die Auslieferung an die EU fortzusetzen. Die US-Behörde will Ende der Woche über das Vakzin entscheiden.

Was ist das für ein Impfstoff? Johnson & Johnson setzt wie der britische Wettbewerber auf einen Vektorimpfstoff, der auf einem Erkältungsvirus basiert. Dabei wird ein Gen des veränderten Erkältungsvirus in den menschlichen Körper injiziert. Dort sorgt es für die Produktion des Spike-Proteins, das dem Coronavirus sein stacheliges Aussehen gibt. Das Protein regt die Produktion von Antikörpern an. Diese können dann bei einer echten Attacke durch Coronaviren zuschlagen. Auch der russische Impfstoff Sputnik V basiert auf diesem Prinzip.

Woher könnten die seltenen Thrombosen kommen? Forscher führen das auf eine starke Immunantwort bei Vektorimpfstoffen zurück, zu der es bei Jüngeren eher kommen kann als bei Älteren und bei Frauen offenbar eher als bei Männern. Dabei bildet der Körper in Einzelfällen sehr rasch Antikörper, was für die Impfwirkung eigentlich gut ist, aber offenbar auch Blutplättchen aktivieren und verklumpen lassen kann. So kann es zu Hirnvenen-Thrombosen kommen.

Was ist das Besondere? Das Besondere am Impfstoff von Johnson & Johnson ist, dass er mit einer Dosis auskommt. Die anderen drei bisher in Europa zugelassenen Impfstoffe benötigen jeweils die Gabe von zwei Dosen: das Mittel von Astrazeneca ebenso wie die mRNA-Stoffe von Biontech und Moderna. Zudem muss der Impfstoff von J & J auch nicht tiefgefroren gelagert, sondern kann wochenlang bei Kühlschrank-Temperaturen aufbewahrt werden. Er ist also ideal für die Anwendung durch niedergelassene Ärzte oder durch Betriebsärzte.

Was ist schlechter als bei anderen? Der Impfstoff von J & J wirkt – aber nicht so gut wie die bisher in Europa zugelassenen Impfstoffe. Vor kurzem hatte der US-Konzern erste Studienergebnisse veröffentlicht. Demnach besteht eine Wirksamkeit von insgesamt 66 Prozent. Die Wirksamkeit gegen schwere Erkrankungsverläufe, auf die J & J vor allem gezielt hat, liegt hingegen bei 85 Prozent. Das ist ordentlich, aber weniger als bei der Konkurrenz. Biontech kommt laut seinen Zulassungsstudien auf eine Wirksamkeit von 95 Prozent, Moderna auf 94,5 Prozent. Bei Astrazeneca sind es je nach Dosierung zwischen 62 und 90 Prozent.

Welche Bedeutung hat der Impfstoff ? Die EU-Kommission hat bereits J&J-Impfdosen für 200 Millionen Menschen bestellt. Davon soll Deutschland 36,7 Millionen erhalten. Eine Altersbeschränkung wäre problematisch, weil dann den niedergelassenen Ärzten und den Betriebsärzten für Jüngere ein Impfstoff weniger zur Verfügung stehen würde.

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