Ethikratsmitglied über Impfprioritäten von Lehrern „Ich glaube nicht, dass wir das Thema noch einmal aufgreifen“

Bochum · Sigrid Graumann verteidigt die geltende Impfverordnung. Kita-Personal, Lehrer und Hausärzte würden bei der Corona-Impfung bereits früh genug bedacht. Sie zweifelt an, dass der Ethikrat sich erneut mit der Priorisierung befassen wird.

Sigrid Graumann, Sprecherin der AG Pandemie des Deutschen Ethikrats, bei einer Pressekonferenz (Archivfoto).

Sigrid Graumann, Sprecherin der AG Pandemie des Deutschen Ethikrats, bei einer Pressekonferenz (Archivfoto).

Foto: dpa/Michael Kappeler

In der Debatte über das mögliche Vorziehen von Corona-Impfungen bei Lehrern, Kita-Personal und Hausärzten hat die Bochumer Ethik-Professorin Sigrid Graumann die geltende Impfverordnung verteidigt. „Wenn einzelne Gruppen darauf drängen, früher berücksichtigt zu werden, müssen zwangsläufig andere, die aus guten ethischen Gründen höher priorisiert sind, länger auf die Impfung warten. Das ist ungerecht und kann Leben kosten“, sagte das Mitglied des Deutschen Ethikrates dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie gehe nicht davon aus, dass sich der Ethikrat erneut mit der Impfpriorisierung befassen werde.

Graumann seit 2016 Mitglied des Deutschen Ethikrats und seit 2017 Rektorin der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe. Sie sagte, die Kriterien zur Priorisierung bei den Covid-19-Impfungen seien ethisch gut begründet: „Dabei geht es aus individualethischer Sicht um den Schutz von Leben und Gesundheit besonders verletzlicher Personen und aus sozialethischer Sicht um die möglichst rasche Entlastung des Gesundheitswesens durch die Senkung der Hospitalisierungs- und Sterberaten.“ Deshalb seien für die Priorisierungsregeln in erster Linie die Risiken für einen schweren Krankheitsverlauf und etwa das private oder berufliche Infektionsrisiko berücksichtigt.

Für Graumann ist der Wunsch von Lehrkräften und Erzieherinnen, möglichst früh geimpft zu werden, nachvollziehbar. Aber das Infektionsrisiko, das sie tragen, sei bei der Impfreihenfolge berücksichtigt worden: „Sie wurden in der Impfreihenfolge aufgrund ihres höheren Infektionsrisikos vor anderen Berufsgruppen vorgesehen. Dabei wurde von geöffneten Schulen und Kitas ausgegangen.“

Graumann betonte, das Dilemma entstehe durch die Knappheit des zur Verfügung stehenden Impfstoffs: „Der Ethikrat hat sich eingebracht damit, ethische Kriterien für die Priorisierung mit Blick auf ebendiese Knappheit zu formulieren.“ Der richtige Umgang mit dem Mangel an Vakzinen sei nun, diese Kriterien konsequent anzuwenden. Das sei aber nicht die Aufgabe des Ethikrats, sondern des Bundesgesundheitsministeriums und der Ständigen Impfkommission. „Ich glaube daher nicht, dass wir das Thema im Ethikrat noch einmal aufgreifen“, sagte Graumann.

(capf/epd)
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