15.000 Durchhalteparolen im Netz Spanischer Corona-Patient dank Social Media „geheilt“

Madrid/Badajoz · Wenn die Heilkunst an ihre Grenzen stößt, werden manche Mediziner kreativ. So ein junger spanischer Arzt, der einen alten Mann zum Kampf gegen Corona motivierte – zusammen mit 15.000 Followern aus der ganzen Welt.

 Eine Krankenschwester versorgt einen Patienten, der mit dem Coronavirus infiziert ist (Symbolbild).

Eine Krankenschwester versorgt einen Patienten, der mit dem Coronavirus infiziert ist (Symbolbild).

Foto: AFP/GENT SHKULLAKU

Carlos Hernandez machte sich große Sorgen um seinen Patienten Pedro Carvajal. Schon seit 46 Tagen lag der 79-jährige Rentner mit einer schweren Corona-Infektion im Provinzkrankenhaus von Badajoz in der südspanischen Extremadura. Sein Zustand wollte sich einfach nicht verbessern. „Als ich Pedro sagen musste, dass auch der fünfte PCR-Test positiv aufgefallen war, baute er ab“, berichtet Doktor Hernandez.

Depressionen überfielen den alten Mann. Er fühlte sich immer einsamer. Die Familie fehlte ihm. Als Pedros Tochter Loli dem Arzt berichtete, ihr Vater habe ihr am Telefon gesagt, er wolle lieber sterben, als so weiterzuleben, schlugen bei Hernandez die Alarmglocken. Irgendwie musste er Pedro zum Weiterkämpfen bringen. Der Wille versetzt bekanntlich Berge – also beschloss der 27-Jährige, einen Alarmaufruf in sozialen Medien zu starten.

„Ich habe einen 79 Jahre alten Patienten, der nun zum fünften Mal positiv auf Covid-19 getestet worden ist und nach 46 Tagen im Krankenhaus das Handtuch schmeißen will. Wenn Ihr mir Botschaften schicken könntet, um ihm Mut zuzusprechen, würde ich sie ihm weiterleiten“, schrieb der junge Familienarzt auf Twitter.

Er rechnete mit höchstens ein paar Dutzend Rückmeldungen. Doch nach wenigen Stunden gingen bereits 300 Tweets und Facebook-Botschaften ein. Am nächsten Morgen waren es schon 1.500; nach wenigen Tagen gar 15.000 – der Hilfeaufruf ging viral. Es kamen sogar Mails und Tweets aus anderen Ländern wie Mexiko, Kolumbien, Island, Japan, Marokko, China, Kanada oder Peru. In lokalen Radiosendern schickten Menschen Pedro Besserungswünsche.

„Hallo Pedro, ich bin ein Jahr älter als du, und ich möchte dich daran erinnern, dass unsere Generation eine Kämpfergeneration ist. Wir haben niemals das Handtuch geworfen, selbst in der schweren Nachkriegszeit nicht. Ich möchte dich und deine Frau diesen Sommer zu uns nach Benidorm einladen, um dich fest zu drücken“, schrieb ein vollkommen fremder Senior aus der Küstenstadt Benidorm bei Valencia am Mittelmeer.

Die spanische Polizei schickte ihm Grüße, Durchhalteparolen und sogar ein Video aus einem Polizeihubschrauber, auf dem Pedros Dorf Villafranco del Guadiana zu sehen ist. Ein Mann aus Lloret de Mar an der katalanischen Costa Brava bei Barcelona schrieb Pedro, dass auch sein Vater, Diabetiker und 72 Jahre alt, schwer an Corona erkrankt sei. „Nach zehn Tagen hatte ich mich schon darauf eingestellt, mich von ihm verabschieden zu müssen. Doch dann erholte er sich. Ihr seid eine Kämpfergeneration. Bleib mutig und zuversichtlich. Wie mein Vater wirst auch du dieses Virus besiegen“, so der Katalane.

„Ich war vollkommen überrascht von der Zahl an Rückmeldungen“, sagte der Arzt Hernandez der Zeitung „El Pais“. „Ich druckte Hunderte von ihnen aus und gab sie Pedros Tochter, damit sie sie ihm am Telefon vorlesen konnte.“

Der 79-jährige Rentner, der sein Leben lang in einer Tomatenfabrik gearbeitet hatte und in einem 1.500 Seelen-Dorf lebt, wusste gar nicht, wie ihm geschah. Er war überwältigt von dem Mitgefühl völlig fremder Menschen. Und so zeigte der Hilferuf seines Arztes Wirkung. Pedro fasste Mut, wieder gegen das Virus anzukämpfen.

Nur knapp eine Woche später erhielt er die gute Nachricht. Der sechste PCR-Test fiel endlich negativ aus. „Er heulte wie ein Kind, als ich ihm sagte, er habe das Virus endlich überstanden und sei wieder gesund“, erzählt seine Tochter Loli, die ihm die positive Nachricht vom negativen Testergebnis selbst überbringen wollte. Nach 53 Tagen und 15.000 Durchhaltebotschaften konnte Pedro Carvajal das Krankenhaus wieder verlassen.

(c-st/kna)
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