China muss Kritik einstecken Maas nennt korrigierte Corona-Zahl aus Wuhan "besorgniserregend"

Berlin/Wuhan · China gerät wegen seines Umgangs mit der Corona-Krise immer stärker unter Druck: Jetzt hat sich auch der deutsche Außenminister zu Wort gemeldet.

 Bundesaußenminister Heiko Maas.

Bundesaußenminister Heiko Maas.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Regierung in Peking wies am Freitag die Kritik westlicher Staaten an seinem Corona-Krisenmanagement zurück und bestritt Vorwürfe, das Ausmaß der Epidemie im eigenen Land vertuscht zu haben. Allerdings korrigierten die Behörden zugleich die Zahl der Corona-Toten in der zentralchinesischen Stadt Wuhan deutlich nach oben, die als Ursprungsort der weltweiten Pandemie gilt. Die USA gehen derweil dem Verdacht nach, dass das Virus aus einem Labor in Wuhan gekommen sein könnte.

"Es hat nie eine Vertuschung gegeben, und wir werden nie eine Vertuschung zulassen", versicherte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, in Peking angesichts der Vorwürfe von mehreren westlichen Staaten.

Allen voran die US-Regierung hatte zuletzt den Druck auf China erhöht und Peking vorgeworfen, zu spät über die Verbreitung des neuen Erregers informiert zu haben. Massive Kritik am Umgang mit der Epidemie folgte aus Frankreich und Großbritannien, die das Krisenmanagement der chinesischen Regierung in Frage stellten.

Am Freitag äußerte sich auch Außenminister Heiko Maas (SPD) ungewohnt deutlich zu Chinas Corona-Politik: Er bezeichnete die überraschend nach oben korrigierte Zahl der Corona-Toten in Wuhan als "besorgniserregend" und drängte Peking zu mehr Transparenz.

"Es gibt Fragen, die müssen irgendwann beantwortet werden", sagte Maas bei "Bild Live". In den nächsten Wochen habe die chinesische Führung ausreichend Möglichkeiten, unter Beweis zu stellen, wie transparent sie tatsächlich mit dem Virus umgehen wolle, sagte Maas.

Zurückhaltender äußerte sich Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. China habe "viel gegen die Ausbreitung des Virus getan", sagte der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Jetzt gelte es, zusammenzuarbeiten. Doch die "Phase des Lehren ziehens, des Konsequenzen ziehens, die kommt auch", betonte Seibert.

Die Behörden in Wuhan hatten zuvor die Zahl der Corona-Toten in der Stadt um 50 Prozent nach oben korrigiert und dies mit der Überprüfung der vorliegenden Daten begründet. Demnach starben allein in Wuhan 3869 Menschen, 1290 mehr als bisher angegeben. In ganz China waren es 4632.

Unter anderem sei das medizinische Personal zu Beginn der Pandemie überfordert gewesen und habe deshalb Fälle teilweise erst spät, falsch oder gar nicht gemeldet, erklärten die Behörden. Auch mangelnde Test- und Behandlungsmöglichkeiten wurden als Gründe angeführt.

Joseph Kam, Professor für Infektionskrankheiten an der Chinese University Hongkong, geht davon aus, dass "dieser Zeitpunkt gewählt wurde, um inmitten der hohen Infektions- und Todesraten zu versuchen, den Ärger und das Misstrauen im Ausland zu verringern". Die Zeitung "Global Times", das Propaganda-Organ der Regierung, verteidigte die korrigierten Zahlen: Es handele sich um eine "verantwortungsvolle Korrektur" auf Grundlage von "Fakten".

In Wuhan, der Hauptstadt der Provinz Hubei, waren Ende Dezember die ersten Fälle der Lungenkrankheit aufgetreten, die inzwischen als Covid-19 bekannt ist. Chinesische Wissenschaftler und Behörden gaben an, das Virus stamme von einem Wildtiermarkt.

Entgegen dieser Annahme kündigte die US-Regierung an, dem Verdacht nachzugehen, dass das Virus aus einem Labor in Wuhan gekommen sein könnte. Die "Washington Post" hatte berichtet, die US-Botschaft in Peking habe das US-Außenministerium schon vor zwei Jahren auf unzureichende Sicherheitsmaßnahmen in einem Forschungslabor in Wuhan hingewiesen.

Die USA wüssten, dass es in dem Labor "hochansteckende Stoffe" gab, sagte US-Außenminister Mike Pompeo am Mittwochabend dem Sender Fox News. Sowohl Fox News als auch die "Washington Post" hatten unter Berufung auf anonyme Quellen berichtet, dass sich der erste Mensch in diesem Labor angesteckt und dann das Virus verbreitet haben könnte.

(mja/AFP)
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