Pläne für den Herbst Gesundheitsminister kritisieren neue Corona-Regeln

Berlin · Die Bundesländer sind mit der Corona-Strategie des Bundes unzufrieden. Insbesondere kritisierten sie das Fehlen bundeseinheitlicher Regeln. Absehbar ist allerdings, dass in Deutschland wohl wieder mehr Maske getragen wird.

 Karl-Josef Laumann, Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen (Archivfoto).

Karl-Josef Laumann, Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen (Archivfoto).

Foto: dpa/David Young

Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich im Fall einer angespannten Corona-Lage im Herbst und Winter auf die Rückkehr zur Maskenpflicht in Innenräumen einstellen. Bei einer Gesundheitsministerkonferenz (GMK) von Bund und Ländern wurden am Dienstag aber deutliche Differenzen über vom Bund vorgesehene Ausnahmen für frisch Geimpfte deutlich.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte nach der Beratung: „Klargestellt ist, dass Maskenpflicht in Innenräumen bei einer angespannten Pandemielage die Regel sein soll.“ Mehrere Länder hatten im Vorfeld Kritik an geplanten Ausnahmen geübt. Hierbei geht es um den Plan, Menschen von Maskenpflichten in Restaurants oder bei Kultur- und Sportveranstaltungen zu befreien, wenn ihre Impfung nicht älter als drei Monate ist.

Lauterbach sagte: „Nur in Ausnahmefällen soll davon abgewichen werden können.“ Dadurch werde die Notfall-Regel noch sicherer. „Von einem frisch Geimpften geht selbst dann ein relativ geringes Infektionsrisiko aus, wenn er keine Maske trägt.“

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) forderte Lauterbach auf, die „fragwürdigen Ausnahmen“ von der Maskenpflicht für frisch Geimpfte und Genesene aus dem Gesetz zu nehmen. Ein Drei-Monats-Impfintervall widerspreche den aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission.

Nach Angaben der GMK-Vorsitzenden und Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) haben die Länder darauf hingewiesen, dass die Masken-Ausnahmen nur schwer kontrollier- und umsetzbar seien. Der rheinland-pfälzische Gesundheitsstaatssekretär Denis Alt (SPD) konkretisierte, es sei unklar, wie die Maßnahmen kontrolliert und umgesetzt werden könnten. „Der Bund geht davon aus, dass er das durch eine Umprogrammierung der Corona-Warn-App bewerkstelligen kann“, sagte Alt. „Das sehen die Länder nicht als die finale Antwort auf das Problem an.“ Nicht jeder nutze die Corona-Warn-App oder habe überhaupt ein Smartphone. Da müssten noch andere Wege eröffnet werden.

Das von Lauterbach und Justizminister Marco Buschmann (FDP) vorgelegte Schutzkonzept für den Herbst bezeichnete Grimm-Benne aber als gute Grundlage, damit die Länder einen „Instrumentenkasten“ zur Verfügung gestellt bekommen. „Zum einen bieten bundeseinheitliche Maßnahmen wie die Maskenpflicht im Flug- und Fernverkehr Leitplanken für die Bewältigung der Herbstwelle“, sagte Grimm-Benne. „Zugleich bekommen die Länder Befugnisse, um weitergehende Schutzmaßnahmen anzuordnen.“ Die SPD-Politikerin pochte zudem darauf, dass Schulen und Kitas geöffnet bleiben müssten.

Nach den Vorstellungen von Lauterbach und Buschmann soll bundesweit weiterhin eine Maskenpflicht in Bus, Bahn und Flugzeug sowie neu eine Masken- und Testpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gelten. Die Länder sollen selbst entscheiden, ob sie zudem in öffentlichen Innenräumen Masken vorschreiben.

Lauterbach sagte, die Länder hätten wichtige Anregungen gegeben. Den Wunsch nach einem bundeseinheitlichen Vorgehen begrüße er. Lauterbach rief die Länder ihrerseits auf, die Möglichkeiten des geplanten Infektionsschutzgesetzes zu nutzen.

Holetschek forderte, Lauterbach müsse den Entwurf in zentralen Punkten ändern – auch gegen mögliche Widerstände aus den Reihen der FDP. „Bislang ist die Kommunikation der Bundesregierung leider desaströs“, kritisierte der CSU-Politiker. Zuletzt hatten FDP-Bundestagsabgeordnete den vom FDP-Justizminister mit ausgehandelten Entwurf in vorliegender Form abgelehnt.

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht noch Diskussionsbedarf bei der Frage, ob sich frisch Geimpfte von der Maskenpflicht befreien lassen können. „Das halte ich nicht für eine kluge Regelung“, sagte der SPD-Politiker dem „Weser-Kurier“.

Holetschek forderte von der Ständigen Impfkommission (Stiko) Klarheit darüber, „wer sich impfen lassen kann, mit welchem Impfstoff das möglich ist, und wie lange der Schutz anhält“. Stiko-Chef Thomas Mertens solle hierzu persönlich in der GMK Stellung nehmen. Der CSU-Politiker forderte ferner, die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Beschäftigte von Kliniken und Pflegeheimen zum Ende des Jahres auslaufen zu lassen. „Das ist wichtig für die ohnehin belasteten Einrichtungen.“

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kritisierte nach der Gesundheitsminister-Konferenz das Festhalten von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach an den Ausnahmen bei der Maskenpflicht. „Der Vorschlag für das allgemeine Infektionsschutzgesetz geht alles in allem in die richtige Richtung. Wichtig ist aber, dass das Infektionsschutzgesetz in der Praxis handhabbar bleibt. Das sehe ich zum Beispiel nicht, wenn frisch Geimpfte drei Monate lang von Maskenpflichten befreit sind“, sagte Laumann unserer Redaktion. „Das kann nicht kontrolliert werden. Hier haben sich die Länder sachlich mit dem Bundesgesundheitsminister ausgetauscht und werden nun ihre konkreten Verbesserungsvorschläge zu Papier bringen.“

Zugleich betonte Laumann, dass eine medizinische Maske statt einer FFP2-Maske ausreichend sein müsse: „Für mich als Gesundheitsminister ist hierbei wichtig, dass je nach Infektionslage eine Maskenpflicht in Innenräumen möglich ist. Eine medizinische Maske sollte dabei aber ausreichend sein“, so der Minister.

Mehr Übereinstimmung gibt es beim Schutz Älterer und Kranker. „Relativ unstrittig sind die Punkte, die sich mit dem Schutz der vulnerablen Gruppen beschäftigen, auch wenn ich meine, dass die Schaffung von gesetzlich vorgeschriebenen Hygienebeauftragtenstellen in den Pflegeheimen nicht notwendig ist. Auch ohne solche Stellen haben unsere Pflegeheime in den letzten 2,5 Jahren wirkungsvolle Schutzkonzepte erstellt“, sagte Laumann.

Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz am Dienstag mit 381,5 an. Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus - vor allem weil bei weitem nicht alle Infizierten einen PCR-Test machen lassen. Binnen eines Tages starben 170 Menschen an Corona.

(ahar/Reuters/dpa/red)
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