Bald wieder mehr Freiheiten Was Geimpfte und Genesene beachten müssen

Berlin/Düsseldorf · Geimpfte und Genesene sind nach wissenschaftlichen Erkenntnissen weniger häufig Überträger des Corona-Virus. Sie sollen künftig mehr Freiheiten genießen dürfen. Nötig dafür sind jedoch Nachweise. Ein Überblick über den Stand der Vorbereitungen und was wichtig wird.

 Nicht nur wegen Corona: Der internationale Impfausweis ist schon heute ein wichtiges Reisedokument. (Archiv)

Nicht nur wegen Corona: Der internationale Impfausweis ist schon heute ein wichtiges Reisedokument. (Archiv)

Foto: dpa-tmn/Sophia Kembowski

Weil immer mehr Menschen geimpft sind oder bereits eine Corona-Infektion hinter sich haben, wächst der Druck auf die Politik, den Betroffenen die Wahrnehmung eingeschränkter Grundrechte wieder zu erlauben. Derzeit bereiten Bund und Länder die Umsetzung vor, einige Bundesländer sind mit eigenen Maßnahmen vorangegangen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Welches Ziel haben Bund und Länder gemeinsam?

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will „schnellstmöglich“ eine Verordnung vorlegen, mit der vollständig Geimpfte ihre Grundrechte zurückerhalten. Das Infektionsschutzgesetz erlaubt zwar bundeseinheitliche Corona-Maßnahmen, doch Bundestag und Bundesrat haben bei Verordnungsermächtigungen ein Mitspracherecht. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will das Verfahren bis zum 28. Mai abschließen. Er sagte am Donnerstag, ein Gleichstellen von Geimpften und Genesenen mit negativ Getesteten etwa bei Friseurbesuchen oder Einreisen sei ein relativ einfach zu klärender Teil. Bei anderen Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen gehe es aber um schwierige Abwägungen. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) warb für ein abgestimmtes Vorgehen von Bund und den Ländern und verwies auf die vom Bund geplante Rechtsverordnung. Doch darauf wollen andere Länder nicht warten.

Welche Regelungen haben einzelne Länder getroffen?

In NRW gelten ab Montag, dem 3. Mai Erleichterungen für Geimpfte und Genesene. Etwa beim „Click and Meet“ im Einzelhandel, bei Besuchen in Zoos und Botanischen Gärten oder etwa bei Friseurbesuch. Dort bekommen Kunden im Moment eigentlich nur Zutritt, wenn sie einen höchsten 24 Stunden alten negativen Corona-Test vorweisen können.

Diese Testpflicht entfällt nun ab Montag für diejenigen, die seit 14 Tagen einen vollständigen Impfschutz haben oder durch einen mindestens 28 Tage alten positiven PCR-Test nachweisen können, dass sie bereits eine Corona-Infektion überstanden haben. Auch die Testpflicht in Schulen entfällt für diese Personengruppe - allerdings werden Schüler bislang kaum geimpft.

„Es ist ein erster Schritt, Geimpfte und Genesene mit negativ Getesteten gleichzustellen“, sagte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). „Die Beschränkungen galten und gelten der Gefahrenabwehr. Von geimpften und genesenen Menschen geht keine größere Gefahr aus als von negativ getesteten Personen. Deshalb nehmen wir für diese Personengruppe Grundrechtseingriffe insoweit wieder zurück.“

Bayern stellt Geimpfte bereits Bürgern mit negativem Corona-Test gleich. „Wer zweimal geimpft ist, muss keine Tests mehr vorlegen“, kündigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an. Tests sind hier für den Besuch von Friseuren, Kosmetiksalons und vielen Geschäften vorgeschrieben. Ähnliches gilt für Hessen, das Saarland und Berlin. 

Die saarländische Landesregierung beschloss in einer außerordentlichen Ministerratssitzung die Gleichstellung mit Getesteten, wie die Landesregierung am Freitagabend in Saarbrücken mitteilte. Damit entfalle für diese Gruppe die Testpflicht beispielsweise beim Friseur oder beim Betreten von Geschäften. Nach dem Aufenthalt in einem Risikogebiet müssten die Geimpften auch nicht in häusliche Quarantäne, sofern sie nicht aus einem Virusvarianten-Gebiet zurückkehren.

Für die Bewohner und das Personal von Pflegeeinrichtungen wird die Testpflicht bei einer Impfquote von mindestens 90 Prozent ebenfalls gelockert. „Menschen, von denen nachweislich kein hohes Ansteckungsrisiko für andere ausgeht, wird durch den Wegfall der Testpflicht der Alltag etwas erleichtert“, erklärte Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). „Die tief greifenden Grundrechtseinschränkungen dürfen kein Dauerzustand werden.“ Hans äußerte die Hoffnung, dass der Bund „bereits in der kommenden Woche die Weichen stellt, um weitere Einschränkungen für Geimpfte zurückzunehmen“.

In Hessen entfällt auch die Quarantäne nach bestimmten Reisen. In Brandenburg können Geimpfte Altenheime frei besuchen. Mecklenburg-Vorpommern plant die Gleichstellung mit Getesteten für den 1. Mai, Thüringen für den 5. Mai. Noch offen ist, ob sich Geimpfte auch an Ausgangssperren halten müssen. Die einen streben dies an, da es um Beschränkungen von individuellen Rechten geht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnt dagegen soziale Gerechtigkeit an. Sonst drohen Menschen, die nur mangels Impfstoff nicht geimpft sind, doppelt benachteiligt zu werden.

Wie können Genesene eine überstandene Infektion nachweisen?

Dies soll über einen negativen PCR-Test, also einen Labortest, erfolgen, der nicht älter als sechs Monate sein darf. Details sind jedoch noch in der Abstimmung. Zuletzt verwies das Gesundheitsministerium auf einen Beschluss der Landesminister. Darin heißt es: „Bei Genesenen ist für sechs Monate nach dem PCR-Nachweis der SARS-CoV-2 Infektion bzw. bei länger zurückliegender Infektion bei Erhalt einer Impfdosis eine Immunität anzunehmen, die der Immunität der vollständig Geimpften gleichzustellen ist." Spahn wies darauf hin, dass Genesene den PCR-Nachweis aufbewahren und ihn sich bei einem Verlust noch einmal vom Hausarzt ausstellen lassen sollten. Ein Antikörpertest reiche ausdrücklich nicht aus, sagte Spahn. Hintergrund ist die Abnahme der nachweisbaren Antikörper mit der Zeit.

Wie weist man die Impfung nach?

Deutschland will gemeinsam mit der EU einen digitalen Impfpass einführen, die EU will sich am Freitag dazu äußern. Für Deutschland zeichnen sich bereits Details ab: Ärzte und Impfzentren sollen eine Software erhalten, mit der sie die Impfung fälschungssicher bestätigen. Die Bestätigung kann in eine App übertragen oder in Papierform ausgestellt werden. Der digitale Impfpass soll als Baustein in bestehende Apps integriert werden. So sollten die 25 Millionen Nutzer der Corona-Warn-App die digitale Impfbestätigung in die App eintragen lassen können.

Was ist mit dem gelben Impfbuch? 

Der digitale Impfpass startet frühestens Mitte Mai, realistischerweise aber wohl erst Ende Juni. Daher werden viele erst noch ihr gelbes Impfbuch nutzen müssen, um die erfolgreiche Impfung nachzuweisen. Der ADAC rät ausdrücklich dazu, sich die Impfung dort eintragen zu lassen. Experten kritisieren jedoch den schlechten Fälschungsschutz des Impfpasses.

Welche Urlaubsreisen sind mit einer Impfung möglich?

Schon jetzt gewähren viele Länder vollständig geimpften Personen Einreisevorteile. Mallorca, Ibiza und Menorca wollen als erste Region Spaniens geimpften Touristen erlauben, keinen negativen Test mehr vorlegen zu müssen. Nicht-Geimpfte können nur mit negativem Test einreisen. Das Projekt ist für Mai geplant. In Griechenland und Kroatien ist eine freie Einreise möglich, wenn die vollständige Impfung mindestens zwei Wochen her ist. Sonst wird in Griechenland ein PCR-Test verlangt. Vergleichbare Regelungen haben Estland, Kroatien, Madeira, Polen, das Impfmeisterland Island, Montenregro, Rumänien, Slowenien oder die Malediven. In Zypern kommt die Einreisefreiheit für Geimpfte am 10. Mai.

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