Proteste Erneut Tausende Menschen auf der Straße gegen und für Corona-Maßnahmen

Montagabend in Deutschland: Erneut stehen sich Tausende Bürger auf der Straße gegenüber. Die meisten protestieren gegen die Vorgaben zum Schutz gegen das Coronavirus, andere verteidigen die Maßnahmen. Gefordert ist vor allem die Polizei.

 Teilnehmer einer Demonstration in Köln positionieren sich gegen eine Kundgebung der Gegner der Corona-Maßnahmen.

Teilnehmer einer Demonstration in Köln positionieren sich gegen eine Kundgebung der Gegner der Corona-Maßnahmen.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Wie an den vorhergehenden Montagen haben am Abend in ganz Deutschland Tausende Menschen gegen Corona-Maßnahmen und eine mögliche Impfpflicht demonstriert. Nach einer Schätzung, die auf Polizeiangaben beruht, waren es diesmal mehr als 70 000. Die Proteste waren von einem großem Polizeiaufgebot und mancherorts auch von Gegendemonstrationen begleitet. Mehrfach wurden Versammlungen aufgelöst, etwa in Rostock und Cottbus, weil die Polizei keinen Versammlungsleiter feststellen konnte oder weil gegen die Maskenpflicht verstoßen wurde, kein Mund-Nase-Schutz getragen wurde.

Nach Polizeiangaben wurden am Montagabend allein in Thüringen 21.000 Demonstranten gegen die Corona-Politik gezählt, in Bayern etwa 14.000, in Mecklenburg-Vorpommern 11.000, in Sachsen-Anhalt sowie Brandenburg und Baden-Württemberg jeweils um die 7000, in Nordrhein-Westfalen etwa 4000 und in Sachsen und Berlin je etwa 3000.

In der Kölner Innenstadt sind am Montagabend je rund 1000 Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen und Teilnehmer einer Gegendemonstration unter dem Motto „Köln ist solidarisch“ aufeinandergetroffen. Die unterschiedlichen Lager hätten „lautstark ihre Meinungen ausgetauscht“, sagte ein Polizeisprecher. Alles sei aber ohne nennenswerte Zwischenfälle verlaufen, die Veranstaltungen seien wie geplant vor 21 Uhr von den jeweiligen Versammlungsleitern beendet worden.

Die Gegner der Corona-Maßnahmen hatten ihre Versammlung erneut als „Spaziergang“ deklariert. Zahlreiche Teilnehmer hätten gegen die Maskenpflicht verstoßen, sagte der Kölner Polizeisprecher. Die Gegendemonstranten hatten zum Widerstand gegen „Schwurbelproteste und Wissenschaftsleugnung“ aufgerufen. „Wir zeigen, dass Köln solidarisch ist und sich klar von rechten Verschwörungserzählungen abgrenzt“, hieß es in ihrem Aufruf.

Gegenveranstaltungen zu Demonstrationen gab es laut Polizei auch in Duisburg und Paderborn. In Paderborn hätten etwa 250 Menschen gegen einen Aufzug von etwa 850 Corona-Maßnahmen-Gegnern protestiert. In Duisburg waren es bis zum frühen Abend etwa 500 Gegner der Corona-Maßnahmen und 55 Gegendemonstranten. Einige Gegner der Corona-Maßnahmen hätten gegen die Maskenpflicht verstoßen. Gegen sie seien Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden, teilte die Duisburger Polizei mit.

In Dortmund wuchs die Zahl der Corona-„Spaziergänger“ am Abend auf rund 1400 an. Die Polizei vereinbarte daraufhin mit der Versammlungsleiterin, den Protestzug zu teilen, wie sie mitteilte. Insgesamt stellten die Beamten 25 Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung fest. Nach Polizeiangaben befanden sich erneut Rechtsextremisten innerhalb der Versammlung.

Bei einem angemeldeten Aufzug von Gegnern der Corona-Maßnahmen in Lünen befand sich ein alkoholisierter und aggressiver Mann, der sich vehement weigerte, eine Maske aufzusetzen. Nachdem er einem Platzverweis ebenfalls nicht nachkam, nahm ihn die Polizei für die Dauer der Versammlung in Gewahrsam. Eine Gegendemonstration in Form einer Menschenkette durch die Lüner Fußgängerzone mit 350 Teilnehmern verlief ohne Störungen.

In Berlin protestierten nach Angaben der Polizei tausende Menschen gegen die Corona-Maßnahmen. Eine der größeren Demos zog vom Alexanderplatz Richtung Brandenburger Tor, dort setzten sich laut der Transparente „Geimpfte und Ungeimpfte gegen die Impfpflicht“ ein. Nur wenige Menschen trugen Maske. Aus einem Lautsprecher-Wagen tönte: „Merkel, Spahn, Steinmeier, Drosten in den Knast“. Vor dem ZDF-Hauptstadtstudio stoppte der Zug für eine Zwischenkundgebung. Ein Redner beschimpfte die „deutschen Medien“ er sprach auch von „Lügenpresse“.

In Mecklenburg-Vorpommern heizte sich in der Rostocker Innenstadt die Stimmung nach einer Versammlungsauflösung auf, an zwei Kreuzungen fuhr die Polizei mit Wasserwerfern auf. Die Demonstranten wurden eingekesselt. Schätzungsweise ein Dutzend Störer wurde von Polizisten vorläufig festgenommen. Außerdem wurden Eltern mit Kindern aufgefordert, die Versammlung zu verlassen. Als die Beamten einen Aufzug der Demonstranten zu stoppen versuchten, warfen einige Flaschen und Böller auf die Polizisten. Die Beamten setzten Pfefferspray ein und nahmen elf Menschen fest. Bei Durchsuchungen fanden sie selbstgebaute Pyrotechnik sowie einen "Schießkugelschreiber" mitsamt Munition.

Auf dem Greifswalder Markt stellten Bürger mehr als 1500 Kerzen zum Gedenken an die Corona-Toten im Nordosten auf. „Wir wollen zeigen, dass Corona Realität ist“, sagte Michael Steiger vom Bündnis „Greifswald für Alle“. Es seien 1582 Lichter - entsprechend der Zahl der Todesfälle, die nach Angaben des Landesamtes für Gesundheit und Soziales in Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gemeldet wurden.

Im brandenburgischen Cottbus löste die Polizei eine Demonstration mit rund 1500 Teilnehmern mangels Versammlungsleiter auf. In einem Fall musste die Polizei nach eigenen Angaben wegen Widerstands Reizgas einsetzen.

In den einzelnen Bundesländern gelten sehr unterschiedliche Regeln dazu, unter welchen Pandemie-Bedingungen - zum Beispiel mit Blick auf Teilnehmerzahlen - nicht angemeldete Versammlungen geduldet werden. In Magdeburg verlas die Polizei etwa per Lautsprecher die gültige Allgemeinverfügung, nach der nicht angemeldete Proteste nur noch „ortsgebunden“ stattfinden dürfen - Protestzüge durch die Stadt sind untersagt.

Gegen das Verbot nicht angemeldeter Corona-Demonstrationen in der Gemeinde Bretten hat sich ein Mann erfolgreich mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe durchgesetzt. Der Beschluss gilt nach Angaben vom Montag aber erstmal nur für den Antragsteller und ist noch nicht rechtskräftig (Az. 14 K 119/22). Die Kommune hatte bis Ende Januar „alle mit generellen Aufrufen zu "Montagsspaziergängen" oder "Spaziergängen" in Zusammenhang stehenden, nicht angezeigten und nicht behördlich bestätigten Versammlungen und Ersatzversammlungen“ untersagt. Ein Verbot müsse sich jedoch in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit halten, befand das Gericht.

(peng/ahar/dpa/AFP)
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