Beschäftigung in der Corona-Krise Medienkonsum von Kindern hat stark zugenommen

Berlin · Mehr Zeit bei Onlinespielen und in sozialen Netzwerken: Während der Corona-Beschränkungen hat die Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen laut einer Studie stark zugenommen. Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig ruft zu gesundem Maß bei der Online-Nutzung auf.

 Ein Kind liegt auf einem Sofa und beschäftigt sich mit seinem Smartphone (Arcivfoto).

Ein Kind liegt auf einem Sofa und beschäftigt sich mit seinem Smartphone (Arcivfoto).

Foto: dpa/Tobias Hase

Kinder und Jugendliche haben einer Studie zufolge während der Corona-Beschränkungen 75 Prozent mehr Zeit mit Onlinespielen verbracht. Die durchschnittliche Verweilzeit in sozialen Netzwerken habe um rund 66 Prozent zugenommen, wie aus einer am Mittwoch in Berlin von der DAK Gesundheit veröffentlichten Untersuchung hervorgeht. Der Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Rainer Thomasius, zeigte sich besorgt, weil bereits vor der Covid-19-Pandemie bundesweit bei fast 700.000 Kindern und Jugendlichen das Onlinespielverhalten als riskant oder pathologisch eingestuft worden sei.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, warnte vor einer Zunahme des Medienkonsums bei Kindern. „Ohne Digitalisierung hätten wir den Lockdown in der Form sicher nicht hinbekommen“, sagte Ludwig bei der Vorstellung der Studie. Doch dürfe der hohe Medienkonsum bei Kindern und Jugendlichen „kein Dauerzustand“ sein. Der gesunde Umgang mit Digitalisierung, sozialen Medien und Online-Games müsse erlernt werden. Ludwig wollte mit Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) die Kampagne „Familie, Freunde, Follower“ zum gesunden Umgang mit digitalen Medien starten.

Nach Angaben der DAK Gesundheit untersucht die Studie „Mediensucht 2020 - Gaming und Social Media in Zeiten von Corona“ erstmals über einen längeren Zeitverlauf das Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen aus rund 1.200 Familien. Ermittelt wurden die Häufigkeiten pathologischer und riskanter Internetnutzung von Spielen und sozialen Medien. Erste Daten seien im September 2019 erhoben worden, eine weitere Befragung habe es im April 2020 gegeben.

Bereits im September 2019 zeigten laut Studienleiter Thomasius zehn Prozent der 10- bis 17-Jährigen in Deutschland ein riskantes Spielverhalten im Internet. Ein pathologisches Gaming sei bei 2,7 Prozent festgestellt worden. Der Anteil der betroffenen Jungen liege mit 3,7 Prozent mehr als doppelt so hoch wie bei Mädchen (1,6 Prozent).

Von einem riskanten Medienkonsum sprechen die Experten unter anderem bei täglich rund drei Stunden Online-Spielen und zusätzlich drei Stunden Social-Media-Nutzung. Bei einer pathologischen Nutzung steige die Gesamtzeit auf acht Stunden. Zudem gehe die pathologische Nutzung mit einen Kontrollverlust, zunehmender Priorisierung gegenüber anderen Lebensinhalten und Alltagsaktivitäten sowie einer Fortsetzung des Verhaltens trotz negativer Folgen einher.

„Die ersten Ergebnisse sind alarmierend“, sagte der Vorstandschef der DAK Gesundheit, Andreas Storm. Die Corona-Krise könne die Situation verschärfen: „Es gibt erste Warnsignale, dass sich die Computerspielsucht durch die Pandemie ausweiten könnte.“

Die Krankenkasse kündigte an, ab Oktober in Nordrhein-Westfalen, Bremen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen für 12- bis 17-Jährige ein Screening zur Früherkennung von Mediensucht zu starten. Bereits seit Mittwoch gibt es eine Online-Anlaufstelle für Betroffene und deren Angehörige.

(ahar/epd)
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