Deutschlands größter Autovermieter Sixt kündigt Kurzarbeit an - „keine Massenentlassungen“

Pullach · Wenn Touristen und Geschäftsleute zuhause bleiben, kommt Deutschlands größter Autovermieter in die Bredouille. Mit Einsparungen bei Personal und Autos will er die Einbrüche überstehen. Der Firmenpatriarch sagt, warum er gelassen bleibt - und wie lange er weitermacht.

 Erich Sixt, Vorstandschef des Autovermieters Sixt (Archiv).

Erich Sixt, Vorstandschef des Autovermieters Sixt (Archiv).

Foto: dpa/Matthias Balk

Deutschlands größter Autovermieter Sixt will einen Teil der Mitarbeiter für die nächsten drei Monate in Kurzarbeit schicken. Wegen der Coronakrise sei „ein deutlicher Einbruch beim Umsatz“ zu erwarten, sagte Vorstandschef Erich Sixt am Mittwoch in Pullach. Möglicherweise werde man auch „die ein oder andere Station schließen müssen“. Aber es seien „keine Massenentlassungen geplant“, betonte er.

Erst im vierten Quartal dürfte sich die Nachfrage nach Mietautos „wieder dem Normalzustand annähern“. Im Januar und Februar sei der Umsatz noch gestiegen, im März liege er „noch nicht dramatisch“ unter Vorjahr. Ein „deutlicher Einbruch“ werde aber in den nächsten zwei, drei Monaten kommen, sagte der Konzernchef.

Sixt macht den Großteil seines Geschäfts mit Mietautos für Touristen und Geschäftsreisen in Europa und den USA. Vor allem an Flughafen-Stationen spüre Sixt die Folgen der Corona-Krise bereits deutlich, sagte Personalchef Alexander Sixt.

Um zu sparen, verringert Sixt jetzt auch seine Vermietflotte, die normalerweise rund 270 000 Fahrzeuge umfasst. Die Laufzeit betrage im Schnitt nur sechs Monate. „Wir haben Rückkauf-Vereinbarungen mit den Herstellern und sind nicht dem Restwert-Risiko ausgesetzt“, sagte Erich Sixt. Investitionen würden verschoben, Sachkosten drastisch gesenkt. An die Vorzugsaktionäre wird nur die Mindestdividende von 5 Cent je Anteil ausgeschüttet, die Stammaktionäre gehen leer aus.

In den Vermietstationen in den Städten laufe das Geschäft im Augenblick „mit Rückgang, aber noch ordentlich“, sagte der Vorstandschef. Kunden fragten nach Mietautos als Alternative zu Bus und U-Bahn, um sich nicht mit dem Virus anzustecken.

Trotz allem werde Sixt auch dieses Jahr einen Gewinn erwirtschaften, wenn auch „sehr stark unter Vorjahr“, sagte Erich Sixt. Der Sonderertrag aus dem Verkauf der Sixt-Leasing-Beteiligung an die Bank Santander und den Autohersteller Hyundai für 156 Millionen Euro sei dabei noch nicht mitgerechnet.

Im vergangenen Jahr hatte Sixt seinen Umsatz um 13 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro gesteigert. Der Gewinn vor Steuern blieb trotz hoher Investitionen in Digitalisierung und neue Auslandsstationen unverändert bei 337 Millionen Euro, wenn man den Sonderertrag aus dem Verkauf der DriveNow-Carsharing-Beteiligung an BMW 2018 beim Vergleich außen vor lässt. Rechnet man diesen Sondereffekt mit, sank der Konzernüberschuss von 439 auf 247 Millionen Euro.

Sixt sei solide aufgestellt und habe eine herausragende Eigenkapitalquote, betonte der Vorstandschef. Mit dem Erlös des Sixt-Leasing-Verkaufs steige die Eigenkapitalquote von 25 auf „deutlich über 30 Prozent“, sagte Finanzchef Jörg Bremer.

Für das nächste Jahr stellte Erich Sixt deutlich mehr Umsatz als im Rekordjahr 2019 und eine leichtes Plus beim Gewinn vor Steuern in Aussicht. Nach der Krise werde wieder viel gereist, und die Firmen setzten noch stärker auf flexible Produkte: „Die nächsten Jahre werden Jahre der Vermietbranche sein“, sagte der 75-Jährige. Seinen Vertrag habe der Aufsichtsrat inzwischen bis 2023 verlängert.

Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel von der schlimmsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg spreche, sei das „vollkommen verfehlt und eine Panikmache“, sagte Erich Sixt. Merkel habe die Hungerjahre nach dem Zweiten Weltkrieg nicht erlebt. Auch nach dem Atomunfall von Tschernobyl 1986 und den Terroranschlägen 2001 habe er „diese Weltuntergangsstimmung schon erlebt“.

(ala/dpa)
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