Reiserückkehrer Spahn ordnet Corona-Pflichttest an

Leitartikel, Nordrhein-Westfalen · Urlauber müssen sich innerhalb von 72 Stunden nach Rückkehr aus Risikogebieten testen lassen. Es drohen hohe Bußgelder. Zugleich gibt es Unmut über Massentests für Lehrer.

 Jens Spahn am Donnerstag bei einer Pressekonferenz.

Jens Spahn am Donnerstag bei einer Pressekonferenz.

Foto: AP/Markus Schreiber

Zur besseren Kontrolle des Corona-Infektionsgeschehens müssen sich Reiserückkehrer aus Risikogebieten von Samstag an einem Pflichttest unterziehen. Dieser ist kostenlos, bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 25.000 Euro. Das teilte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Donnerstag in Berlin mit. Der CDU-Politiker sagte: „Mir ist sehr bewusst, dass das ein Eingriff in die Freiheit des Einzelnen ist.“ Er nannte die Anordnung aber zumutbar. Denn: „Freiheit heißt nicht immer nur Freiheit für mich alleine.“

Bisher mussten sich alle Urlauber aus Risikogebieten direkt für 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben und beim Gesundheitsamt melden. Mit der Pflicht zum Test innerhalb von 72 Stunden nach der Rückkehr kann diese Zeit deutlich verkürzt werden – vorausgesetzt das Testergebnis ist negativ.

Testmöglichkeiten wird es an Flughäfen und Bahnhöfen sowie in Gesundheitsämtern oder Arztpraxen geben. Autoreisende werden Spahn zufolge nur stichprobenartig von der Bundespolizei kontrolliert. Das sei einem freiheitlichen Land angemessen. Daten sollen dann an Behörden vor Ort weitergeleitet werden. Diese entschieden bei Verstößen auch über das Bußgeld. Spahn legte sich nicht fest, welche Summe für welchen Verstoß gezahlt werden muss. Das sei eine Frage der „Verhältnismäßigkeit“ und Sache der Behörden. Er verteidigte die Finanzierung der Pflichttests auf Steuerzahlerkosten. Viele Menschen hätten sich ihren Urlaub hart erspart und suchten auch Erholung vom Corona-Stress. Da dürfe ein Test nicht zur „sozialen Frage“ werden.

Das Coronavirus breitet sich in Deutschland wieder so schnell aus wie zuletzt im Mai. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete 1045 neue Infektionen innerhalb eines Tages. Die Grenze von 1000 pro Tag gilt als kritisch: Bei mehr Infektionen könnte es für die Gesundheitsämter schwierig werden, die Infektionsketten nachzuverfolgen und damit das Virus unter Kontrolle zu halten. Insgesamt beläuft sich die Zahl der Infizierten in Deutschland jetzt auf über 213.000. Spahn betonte allerdings, dass der Anstieg der positiven Testergebnisse auch mit der deutlichen Erhöhung der Tests um 100.000 pro Woche zusammenhänge. Dennoch mahnte er: „Bleiben wir wachsam, halten wir die Regeln ein.“ Das sei ein „kleiner Preis“, eine „milde“ Variante im Vergleich zu einer Ausbreitung der Pandemie. Er zeigte sich besorgt über viele kleinere Ausbrüche und sprach von einer „Ermüdung“ in Teilen der Bevölkerung, die Regeln einzuhalten.

Lehrer und Kita-Beschäftigte in NRW sollen alle zwei Wochen jeweils im Wechsel getestet werden – auf freiwilliger Basis. Das sorgt für Unmut bei Hausärzten und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Es ist zu befürchten, dass Praxen mit der Nachfrage überlastet werden“, sagte GEW-Chefin Maike Finnern. Mancherorts hätten sich Ärzte bereits geweigert, Tests durchzuführen. In NRW dürfen sich rund 180.000 Lehrkräfte und 20.000 Verwaltungsmitarbeiter testen lassen.

Unterdessen wies der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) Vorwürfe der SPD zurück, wonach er nach seiner Rückkehr aus Griechenland, das kein Risikogebiet ist, keinen Corona-Test gemacht habe. Nach dpa-Informationen hatte sich Laschet aber testen lassen. Das Ergebnis war demnach negativ. (mit dpa)Mehr zum Coronavirus lesen Sie in unserem Special.

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