Coronavirus Was Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch über die Impfung wissen sollten

Düsseldorf · Wer engen Kontakt zu Schwangeren hat, bekommt die Corona-Impfung früher als andere. Aber was ist mit Schwangeren selbst? Und sollte man sich impfen lassen, wenn man einen Kinderwunsch hat? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

 Eine Schwangere lässt sich impfen (Symbolbild).

Eine Schwangere lässt sich impfen (Symbolbild).

Foto: Shutterstock/PhotobyTawat

Sollten sich Frauen mit Kinderwunsch impfen lassen?

„Frauen, die eine Schwangerschaft planen und  beispielsweise durch ihren beruflichen Hintergrund die Möglichkeit haben, sich impfen zu lassen, sollten das tun“, sagt Carsten Hagenbeck, Koordinator des Perinatalzentrums an der Uniklinik Düsseldorf. Er hat als Autor an den gerade erschienenen Impf-Empfehlungen für Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch verschiedener gynäkologischer und geburtshilflicher Fachgesellschaften mitgewirkt. Auf diese bezieht sich auch das Robert-Koch-Institut (RKI) in seinen Empfehlungen. Die klare Aussage: Eine Immunisierung vor Schwangerschaftseintritt kann die Infektionsgefahr während der Schwangerschaft minimieren. „Wir wissen zudem, dass Schwangere im Vergleich zu gleichaltrigen Nicht-Schwangeren dann auch ein geringeres Risiko für schwere Verläufe haben“, sagt Hagenbeck. Einen bestimmten Impfstoff können die Experten für Frauen mit Kinderwunsch oder Schwangere nicht empfehlen: Wie sicher und wie wirksam die unterschiedlichen Vakzine für diese Menschen sind, dazu gebe es noch keine vergleichenden Daten.

 Muss man nach der Corona-Impfung mit dem Kinderwunsch warten?

Nein. Eine Schwangerschaftsverhütung ist nach der Impfung nicht erforderlich. Ebenso muss vor einer Impfung kein routinemäßiger Schwangerschaftstest gemacht werden.  

Kann die Corona-Impfung unfruchtbar machen?

Nein. Im Netz kursieren zwar Meldungen darüber, dass die Impfung die Fruchtbarkeit beeinträchtigen könnte - laut RKI haben klinische Prüfungen vor der Zulassung der Impfstoffe aber keine Hinweise darauf ergeben. Auch das Paul-Ehrlich-Institut sieht keinen Hinweis auf eine Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit. Vorsichtige Rückschlüsse lassen zudem Erkenntnisse aus Tierversuchen des Impfstoffherstellers Moderna zu. Auch diese ergaben laut Hagenbeck keine nachteiligen Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit oder auf die Entwicklung von Fötus oder Säugling. Studien von Pfizer-Biontech hierzu seien noch nicht abgeschlossen.

Hintergrund der Fehlinformation: Das Protein, das von den Impfungen kodiert wird, sei  in seiner Struktur ähnlich ist wie ein Protein, das für die Fruchtbarkeit wichtig ist. Diese Ähnlichkeit beschränke sich aber nur auf wenige Abschnitte des Proteins. „Würde so eine Ähnlichkeit unfruchtbar machen, dann würde die Infektion mit Covid-19 auch unfruchtbar machen“, schreibt das RKI in einer Mitteilung.

Sind Schwangere durch das Coronavirus besonders gefährdet?

Das RKI hat Schwangere nicht per se auf die Liste der Risikogruppe für schwere Covid-19-Verläufe aufgenommen. Es gibt aber Hinweise darauf, dass sie im Fall einer Corona-Infektion ein erhöhtes Risiko haben. Konkret heißt das: Schwangere und Wöchnerinnen zeigen bei einer Corona-Infektion zwar seltener Symptome wie Fieber und Gliederschmerzen. Die wenigen vorhandenen Studien dazu zeigen jedoch, dass sie häufiger als gleichaltrige Nicht-Schwangere unter schweren Verläufen leiden und demnach auch öfter intensivmedizinisch versorgt und beatmet werden müssen.

Zudem erhöhen - wie auch bei der restlichen Bevölkerung - Vorerkrankungen wie Diabetes, Adipositas oder Bluthochdruck das Risiko für einen schweren Verlauf. Die Gefahr dafür steigt auch, wenn die werdende Mutter älter ist als 35 Jahre.

Schwangere Frauen mit Covid-19 weisen laut Hagenbeck eine höhere Frühgeburtenrate im Vergleich zu Müttern ohne Erkrankung in der Schwangerschaft auf. Daneben wurden bei Corona-erkrankten Schwangeren auch andere Komplikationen beobachtet. Dazu zählen beispielsweise Thromboembolien und Schwangerschaftsvergiftung, medizinisch Präeklampsie genannt.

Bereits seit einiger Zeit gibt es Hinweise darauf, dass die Sterblichkeit von Schwangeren mit Covid-19 erhöht sein könnte. Eine gerade erschienene groß angelegte amerikanische Studie untermauert das. Statistisch gesehen sterben demnach von 100.000 schwangeren 141 mit Covid-19 und fünf ohne. „Diese Zahlen sind jedoch nur bedingt übertragbar“, betont Hagenbeck. Die Versorgungssituation in den USA sei beispielsweise zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht vergleichbar mit der hierzulande.

Sollten sich Schwangere gegen Corona impfen lassen?

Derzeit gibt es keine systematisch am Menschen erhobenen Daten dazu, wie sicher die Corona-Impfung in der Schwangerschaft ist. Das heißt allerdings nicht automatisch, dass die Immunisierung zu diesem Zeitpunkt unsicher ist.

Hierzulande gibt man sich jedoch besonders vorsichtig. Deshalb empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), Schwangere nicht zu impfen. Die gynäkologischen und geburtshilflichen Fachgesellschaften raten Schwangeren dazu, gemeinsam mit ihrem Arzt eine Risiko-Nutzen-Abwägung zu machen und individuell zu entscheiden. „Bei verschiedenen Vorerkrankungen könnten Schwangere von einer Impfung profitieren“, sagt Hagenbeck. Dazu zählen unter anderem Schwangere mit Diabetes, Bluthochdruck, chronischen Lungenerkrankungen, Autoimmunerkrankungen oder Adipositas.

In anderen Ländern hingegen werden Schwangere geimpft. So schließt zum Beispiel die US-Seuchenschutzbehörde CDC  nach einer ärztlichen Untersuchung eine Impfung für Schwangere und auch Stillende nicht aus.

Wie gefährlich ist eine Corona-Erkrankung der Mutter fürs ungeborene Kind?

Laut Hagenbeck gibt es momentan mehr Neugeborene von Müttern mit Covid-19, die auf Kinder-Intensivstationen betreut werden müssen. Ist eine werdende Mutter bei der Geburt an Corona erkrankt, heißt das für das Neugeborene aber nicht zwangsläufig, dass es ebenfalls erkrankt, sagt Markus Knuf, Direktor der Klinik für Kinder und Jugendliche der Helios-Kliniken in Wiesbaden. Möglicherweise bekämen die Kinder bereits vor der Geburt Antikörper über die Nabelschnur, vorausgesetzt, die Mutter sei bereits seit fünf bis sieben Tagen an Covid-19 erkrankt.

Sollten sich enge Kontaktpersonen Schwangerer impfen lassen?

Um Schwangere indirekt zu schützen, wäre es sinnvoll, dass enge Kontaktpersonen wie Partner, Hebammen und Ärzte geimpft sind. Laut der neu angepassten Impfverordnung ist es möglich, dass eine Schwangere zwei enge Kontaktpersonen bestimmt, die sich dann priorisiert impfen lassen können.

Was sollte man tun, wenn man nach der ersten Impfung schwanger wird?

Frauen, die nach Verabreichen der ersten Impfdosis schwanger werden, sollten laut den Empfehlungen der Fachgesellschaften auch die zweite Impfung vornehmen lassen. Nach Angaben des RKI stellt eine Impfung, die in Unkenntnis einer bestehenden Schwangerschaft vorgenommen wird, keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch dar.

Ist die Impfung für stillende Mütter sinnvoll?

Nach Einschätzung des Berufsverbandes der Frauenärzte und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe stellt das Impfen mit Nicht-Lebendimpfstoffen nach bisherigem Kenntnisstand während der Stillzeit grundsätzlich kein erhöhtes Risiko für die Stillende dar. Für die neuen mRNA-Impfstoffe gibt es allerdings noch keine aussagekräftigen Daten. Aus diesem Grund nehmen die Fachgesellschaften von einer generellen Routineimpfung aller Stillenden Abstand. Bei Stillenden mit erhöhtem Covid-19-Risiko sehen die Experten jedoch in der Impfung einen deutlichen Nutzen. Dieser wiege die Bedenken bezüglich der Sicherheit der Impfung deutlich auf. Die Ständige Impfkommission wie auch die WHO halten es für unwahrscheinlich, dass die Corona-Impfung ein höheres Risiko für Mutter oder Kind darstellt.

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