Neue Hinweise zum Ursprung der Pandemie Waren Marderhunde die Überträger des Corona-Virus?

Berlin · Während sich die Gefahr durch das Coronavirus nach Einschätzung der WHO im Laufe dieses Jahres auf die einer Grippe verringern wird, stützen vorläufige Ergebnisse einer neuen genetischen Untersuchung dem Berliner Virologen Christian Drosten zufolge die Vermutung eines natürlichen Ursprungs von Sars-CoV-2.

 Marderhunde in Käfigen auf dem Xin Yuan Markt in Guangzhou (China, Symbolbild).

Marderhunde in Käfigen auf dem Xin Yuan Markt in Guangzhou (China, Symbolbild).

Foto: dpa/Paul Hilton

Die noch nicht unabhängig geprüfte Analyse bringt Marderhunde auf dem Markt im chinesischen Wuhan als potenzielle Überträger des Coronavirus ins Spiel. „Das vorläufige Ergebnis untermauert stark meine seit Beginn der Pandemie geäußerte Vermutung eines Ursprungs in Marderhunden oder anderen Carnivoren (Fleischfressern) wie zum Beispiel Schleichkatzen“, teilte Drosten am Freitag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit.

Nach einem Bericht der Zeitschrift „The Atlantic“ waren Wissenschaftler auf zuvor unbekannte chinesische Daten vom Huanan Seafood Wholesale Market in Wuhan gestoßen, der mit dem ersten Corona-Ausbruch in Verbindung gebracht wird. Die genetischen Sequenzen seien aus Abstrichen gewonnen worden, die zu Beginn der Pandemie an und in der Nähe von Marktständen genommen wurden. Sie seien vor einigen Tagen von Forschern des chinesischen Zentrums für Seuchenkontrolle und -prävention (CDC) in die frei zugängliche Genomdatenbank „Gisaid“ eingestellt und dort von Wissenschaftlern in Europa, Nordamerika und Australien - quasi zufällig - entdeckt und analysiert worden.

Eine Auswertung unter Leitung der Virusexperten Kristian Andersen, Edward Holmes und Michael Worobey ergab „The Atlantic“ zufolge, dass mehrere Marktproben, die positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden waren, auch tierisches Genmaterial enthielten - vielfach vom Marderhund, einem verbreitet auf Pelztierfarmen gehaltenen Fuchsverwandten. Unter anderem aus der Art der Probenentnahme schließen die Wissenschaftler dem Bericht zufolge, dass an den betroffenen Stellen ein mit dem Coronavirus infizierter Marderhund gewesen sein könnte.

Christian Drosten - Mediziner, Virologe, Professor: Ein Leben in Bildern
8 Bilder

Das ist Christian Drosten

8 Bilder
Foto: dpa/Michael Kappeler

Die neuen Erkenntnisse dürften die Debatte um die Herkunft des Coronavirus neu befeuern. Es gibt auch die Theorie einer Laborpanne als möglichen Ursprung.

Ende der höchsten Alarmstufe in diesem Jahr?

Die Gefahr durch das Coronavirus wird sich nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Laufe dieses Jahres auf die einer Grippe verringern. „Ich glaube, wir kommen an den Punkt, an dem wir auf Corona genauso schauen können wie auf die saisonale Grippe“, sagte der Chef des WHO-Notfallprogramms, Michael Ryan, am Freitag in Genf. Er sei zuversichtlich, „dass wir dieses Jahr werden sagen können, dass Covid-19 vorbei ist als gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“.

Das Coronavirus werde „eine Gefahr für die Gesundheit, ein weiterhin tödliches Virus“ bleiben. „Aber ein Virus, das nicht unsere Gesellschaft und unsere Krankenhaussysteme durcheinanderbringt“, sagte Ryan weiter.

Fotos​: Diese Corona-Regeln gab es seit 2020 in NRW
11 Bilder

Erinnern Sie sich noch? Diese Corona-Regeln gab es in NRW

11 Bilder
Foto: dpa/Roland Weihrauch

WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus zeigte sich bei der gemeinsamen Pressekonferenz „sehr zufrieden“ darüber, „dass die Zahl der wöchentlichen Todesfälle in den vergangenen vier Wochen niedriger gewesen ist als die, als wir das Wort 'Pandemie' vor drei Jahren zum ersten Mal benutzt haben“. Die Welt sei „heute eindeutig in einer viel besseren Position als zu jedem anderen Moment der Pandemie“, ergänzte Tedros.

Er zeigte sich „zuversichtlich“, dass die WHO „dieses Jahr“ die höchste Alarmstufe zurücknehmen könne. Mehr als 5000 Todesfälle pro Woche seien aber immer noch 5000 zu viel für eine Krankheit, die verhindert und behandelt werden könne.

Die WHO hatte die gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite - die höchstmögliche Alarmstufe - am 30. Januar 2020 ausgerufen. Damals gab es außerhalb Chinas weniger als 100 Coronafälle und keine Toten. Erst als Tedros die sich verschlimmernde Lage am 11. März 2020 als pandemisch bezeichnete, schienen viele Länder auf die Gefahr aufmerksam zu werden. „Drei Jahre später gibt es fast sieben Millionen gemeldete Corona-Tote“, die tatsächliche Zahl sei viel höher, sagte der WHO-Chef.

(felt/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort