Empfehlung der Impfkommission Über 80-Jährige und Pflegeheimbewohner sollen zuerst geimpft werden

Berlin · Nach Weihnachten könnten erste Impfstoffe gegen das Coronavirus da sein – aber noch nicht genug für alle Impfwilligen. Die zuständige Kommission empfiehlt jetzt eine Reihenfolge nach Dringlichkeit.

 Am 27. Dezember soll der erste Corona-Impfstoff in Deutschland zugelassen werden.

Am 27. Dezember soll der erste Corona-Impfstoff in Deutschland zugelassen werden.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Beim Start der Corona-Impfungen sollen Ältere über 80 Jahre und Pflegeheimbewohner zuerst zum Zuge kommen können. Das sieht die am Donnerstag veröffentlichte Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) beim Robert Koch-Institut (RKI) vor, die eine generelle Leitschnur sein soll. Mit in der ersten Stufe geimpft werden sollte medizinisches Personal mit sehr hohem Ansteckungsrisiko etwa in Notaufnahmen oder der Behandlung von Corona-Patienten sowie Personal in der Altenpflege. Angesichts anfangs nur begrenzter Mengen an Impfdosen sollten diese genutzt werden, um die Zahl schwerer Krankheitsverläufe und Sterbefälle möglichst schnell zu reduzieren.

Der alles entscheidende Risikofaktor für eine schwere Erkrankung sei hohes Alter, erläuterte der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens. Gerade in Alten- und Pflegeheimen würden viele Ausbrüche und Todesfälle beobachtet. Zielgerichtete Impfungen von Menschen über 80 und von Heimbewohnern könnten daher auch die meisten Krankenhauseinweisungen verhindern, was Kliniken spürbar entlaste. Insgesamt entspricht die erste Impf-Prioritätsstufe rund 8,6 Millionen Menschen.

Auf Basis der Empfehlung will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an diesem Freitag eine Impf-Verordnung unterzeichnen, die die Grundlage für voraussichtlich am 27. Dezember beginnende Impfungen schafft. In der ersten Phase sollen sie über bis zu 442 regionale Impfzentren in den Ländern laufen. Dort sollen auch mobile Impfteams angedockt werden, die in Pflegeheime und Kliniken gehen. Erst später sollen Impfungen dann auch über normale Arztpraxen möglich sein.

Laut Stiko-Empfehlung sollen nach der ersten Stufe weitere Gruppen mit höheren Risiken vorrangig geimpft werden können. Zur Stufe 2 mit 7 Millionen Menschen gehören demnach Ältere zwischen 75 und 79 Jahren, Menschen mit Demenz oder einer geistigen Behinderung in Einrichtungen und dort tätiges Personal sowie Menschen mit Down-Syndrom. Folgen sollen rund 5,7 Millionen Menschen in Stufe 3, darunter 70- bis 74-Jährige, Menschen nach Organtransplantationen, Bewohner und Personal in Gemeinschaftsunterkünften etwa für Kinder und Jugendliche, Asylsuchende, Obdachlose oder Frauenhäuser, sowie enge Kontaktpersonen von Schwangeren und Pflegebedürftigen.

Zu Stufe 4 gehören demnach 6,9 Millionen Menschen, darunter Ältere zwischen 65 und 69 Jahre und etwa auch Lehrkräfte, Erzieherinnen sowie Menschen mit prekären Arbeits- und Lebensbedingungen - zum Beispiel Inhaftierte, Saisonarbeiter, Beschäftigte in Verteilzentren oder der fleischverarbeitenden Industrie. Stufe 5 entspricht rund 8,4 Millionen Menschen, darunter 60- bis 64-Jährige, Personal in Schlüsselpositionen der Landes- und Bundesregierungen sowie Mitarbeiter im Einzelhandel und der „kritischen Infrastruktur“ wie Polizei, Feuerwehr und Öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV).

Letzte Impf-Priorität haben demnach alle übrigen unter 65 Jahre, was etwa 45 Millionen Menschen entspricht. „Mittelfristig ist es das Ziel, allen Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu einer Impfung gegen Covid-19 anbieten zu können“, erläuterte die Stiko. Die Empfehlung solle künftig auch nach Verfügbarkeit von mehr Impfstoffen aktualisiert werden, dabei könnten auch Zielgruppen angepasst werden.

RKI-Präsident Lothar Wieler sagte, um die Virus-Ausbreitung deutlich abzuschwächen, müsse ein Großteil der Bevölkerung eine Immunität entwickeln. Impfen mit effektiven und sicheren Impfstoffen leiste daher einen entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie. Es werde jedoch dauern, bis ein relevanter Teil der Bevölkerung durch Impfung geschützt sei. Zudem sei unklar, in welchem Maß die Impfung auch Übertragungen des Virus verhindere oder zumindest reduziere. Daher blieben Maßnahmen wie Abstand, Masken und Hygiene wichtig.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte noch Nachbesserungen. Spahn müsse pflegende Angehörige auf dieselbe Prioritätsstufe setzen wie Pflegebedürftige selbst, sagte Vorstand Eugen Brysch. Außerdem sollten auch intensivbeatmete schwerkranke Patienten, die zu Hause versorgt werden, die höchste Impf-Priorität erhalten. Es wäre unverantwortlich, sie erst im Sommer zu impfen.

(sed/dpa)
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