Bundesweit fast 200.000 Infektionen täglich NRW will an Maskenpflicht festhalten

Düsseldorf · Angesichts von Rekord-Inzidenzen wollen viele Länder die Corona-Regeln nun doch bis zum 2. April verlängern. Auch NRW-Gesundheitsminister Laumann prüft dies. Apotheker fordern, über den März hinaus kostenlose Bürgertests anzubieten.

 Eine Frau trägt eine Maske im Supermarkt (Symbolfoto).

Eine Frau trägt eine Maske im Supermarkt (Symbolfoto).

Foto: dpa/Sven Hoppe

Eigentlich sollten am 20. März fast alle Corona-Beschränkungen fallen. Doch das Coronavirus hält sich nicht an Fahrpläne der Politik, sondern steckt immer mehr Menschen an. Auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ist positiv getestet worden, wie das Ministerium mitteilte. Laumann fühle sich gut und führe die Amtsgeschäfte aus dem Home­office. In Nordrhein-Westfalen erhöhte sich die Sieben-Tage-Inzidenz auf 1382. Bundesweit stieg die Inzidenz auf einen Höchstwert von 1585; dem Robert-Koch-Institut wurden binnen eines Tages 198.888 Neuinfektionen gemeldet. Vor diesem Hintergrund wollen mehrere Länder die Corona-Beschränkungen nun doch nicht aufheben, sondern bis zum 2. April verlängern. Eine solche Übergangszeit steht im Entwurf des neuen Infektionsschutzgesetzes.

Auch Nordrhein-Westfalen will an Beschränkungen festhalten. „Der Gesundheitsminister ist der Meinung, dass in der vom Bundesgesetzgeber eingeräumten Übergangszeit bis zum 2. April eine Maskenpflicht in Innenräumen Sinn macht“, erklärte eine Sprecherin von Laumann. Das ist etwa für den Handel, die Gastronomie, Sport- und Kultureinrichtungen relevant. Eigentlich hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor, dass die Maskenpflicht nur noch in Kranken- und Pflegeheimen, Bussen und Bahnen gelten soll. Noch offen ist, was aus den 2G- und 3G-Regeln in NRW wird. Bayern hat beschlossen, an diesen bis zum 2. April festzuhalten.

Über die Maskenpflicht an Schulen entscheidet das NRW-Schulministerium. Dies erklärte, der Schutz der Schüler und Lehrer habe Priorität, man müsse aber auch mit den Öffnungsplänen des Bundes Schritt halten. Ayla Çelik, Landesvorsitzende der Gewerkschaft GEW, auf die Beibehaltung der Maskenpflicht in Schulen: „Wenn die Maskenpflicht losgelöst von den Inzidenzen aufgehoben wird, ohne gleichzeitig zum Beispiel Luftfilter anzuschaffen, sehen wir da Probleme. Schon 2020 hat es an langfristigen Strategien gefehlt“, sagte Çelik.

Ohnehin verschärft sich die Lage in Kliniken wieder, wenn auch Intensivstationen nicht überlastet sind. „Wir haben eine steigende Zahl an Patienten mit Corona, auch die Zahl der Mitarbeiter, die wegen einer Corona-Erkrankung oder Quarantäne ausfallen, steigt“, so die Uniklinik Düsseldorf. Einzelne planbare Operationen müssten abgesagt werden. Bundesweit steigt auch die Zahl der PCR-Tests, und 54 Prozent der Tests fielen positiv aus, so der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin.

Noch offen ist, was aus den kostenlosen Bürgertests wird. Ende März läuft die entsprechende Testverordnung aus; der Bund prüft, ob es eine Verlängerung gibt. Der Apothekerverband Nordrhein fordert, daran festzuhalten: „Jetzt den gleichen Fehler wie im Oktober und die Bürgertests kostenpflichtig zu machen, wäre unverantwortlich. Viele nutzen ihren positiven Bürgertest, um sich ohne Arztbesuch in die Isolation zu begeben“, sagte Verbandschef Thomas Preis. Er verwies auf die hohe Nachfrage: „Mit etwa einer Millionen Bürgertests pro Tag sind die Testzahlen etwa doppelt so hoch wie im November, als wir mit der Delta-Variante zu kämpfen hatten. Aktuell haben wir mit über zehn Prozent eine nie dagewesene Positivrate bei Bürgertests.“ Zum Vergleich: „Im November waren nur etwa fünf Prozent der Bürgertests positiv, im letzten Sommer sogar nur etwa zwei Prozent.“

Der Apotheker betonte, durch Test und Selbst-Isolation trügen  Bürger effektiv dazu bei, weitere Infektionen zu verhindern. „So werden insbesondere sehr vulnerable Bürger wie alte und chronisch kranke Menschen und Schwangere geschützt.“ Gerade zu den Ostertagen sei das Testen wichtig, dann träfen sich viele Familien. „Die Apotheken brauchen jetzt endlich Planungssicherheit für ihre Testbetriebe“, mahnte Preis. Ausreichend Räume, Personal und Tests könnten andernfalls nicht mehr schnell genug bereitgestellt werden.

Laut NRW-Gesundheitsministerium gibt es aktuell 6806 Teststellen im Land. Im Mai 2021 waren es über 9000. Die Teststellen führten in der vergangenen Woche 5,8 Millionen Schnelltests durch, die für die Bürger kostenlos sind. Zu den Anbietern gehören auch Apotheken, aktuell führt jede dritte Apotheke im Rheinland Bürgertests durch. Österreich schränkt ab April die Zahl der kostenlosen Corona-Tests ein. Dann sind nur noch fünf Tests im Monat gratis.

Klar ist: So schnell wird Deutschland das Virus nicht wieder los. „Wir erwarten frühestens vor den Sommerferien einen deutlicheren Rückgang der Infektionszahlen. So niedrig wie im letzten Sommer werden sie aber definitiv nicht sein“, sagt Verbandschef Preis. „Spätestens nach den Sommerferien und zu Beginn der kalten Jahreszeit ist von einem neuerlichen Anstieg der Infektionszahlen auszugehen. Bis dann ist auch wahrscheinlich mit einer weiteren Mutation zu rechnen. Von der wissen wir noch nicht, wie gefährlich sie sein wird.“

Auch Ärzte sind unzufrieden. Vor der ersten Lesung des Infektionsschutzgesetzes im Bundestag am Mittwoch kritisieren Ärztevertreter die Maßnahmen als unklar definiert. „Für die mit dem Gesetz geplante sogenannte Hotspot-Regelung, die den Ländern Möglichkeiten für schärfere Schutzmaßnahmen in besonders betroffenen Regionen verschafft, brauchen wir klare Kriterien und Grenzwerte. Dass im Gesetzentwurf nur beispielhaft aufgeführt wird, ab wann die Länder schärfere Maßnahmen erlassen können, wird zwangsläufig zu einem bundesweiten Flickenteppich unterschiedlicher regionaler Regelungen führen. Das verunsichert die Bevölkerung unnötig“, sagte Ärztepräsident Klaus Reinhardt unserer Redaktion. Es sei aber grundsätzlich richtig, Schutzmaßnahmen teilweise zurückzufahren, denn Infektionen mit Omikron verliefen milder als die mit Delta.

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