Corona-Maßnahmen Was hinter Überlegungen zur Verkürzung der Quarantäne-Dauer steckt

Berlin · Länder wie die Spanien, Argentinien und die USA haben die Zeit verkürzt, in der Menschen sich nach einer Corona-Ansteckung von anderen fernhalten müssen. Auch in Deutschland diskutieren Politiker über diese Maßnahme.

 Zu Hause bleiben nach einer Coronainfektion: Schutzmaske am Fenster (Symbolbild).

Zu Hause bleiben nach einer Coronainfektion: Schutzmaske am Fenster (Symbolbild).

Foto: dpa-tmn/Zacharie Scheurer

 Mehrere Länder wie etwa die USA und Großbritannien haben angesichts der anrollenden Welle mit der noch ansteckenderen Virusvariante Omikron die Quarantäne-Dauer für Infizierte ohne Symptome bereits verkürzt. Damit wollen sie einem akuten Personalmangel in Einrichtungen und Branchen vorbeugen, die für die Grundversorgung und Sicherheit nötig sind. Spanien verkürzte die Quarantäne-Dauer für symptomlose Infizierte am Mittwoch von zehn auf sieben Tage.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigte Verständnis für die Verkürzung der Corona-Quarantäne durch einige Staaten. Die Reduzierung der Quarantäne-Dauer sei ein "Kompromiss" zwischen der Kontrolle des Infektionsgeschehens und wirtschaftlichen Überlegungen, sagte der WHO-Notfall-Beauftragte Michael Ryan in Genf.

"Wenn man die Quarantänezeit verkürzt, wird es eine kleine Anzahl von Fällen geben, in denen die Betroffenen erkranken und das Virus möglicherweise übertragen, weil sie früher aus der Quarantäne entlassen wurden", sagte Ryan. Dies werde jedoch nur "eine relativ kleine Zahl" ausmachen, betonte er.

Folglich sei eine Verkürzung ein Kompromiss zwischen der Wissenschaft und dem Versuch, eine möglichst geringe Beeinträchtigung der Wirtschaft und Gesellschaft zu erreichen. "Die Regierungen bemühen sich, dieses Gleichgewicht zu finden."

Allerdings stuft die WHO das Risiko durch Omikron weltweit weiterhin als "sehr hoch" ein. Omikron habe gegenüber der Delta-Variante einen Wachstumsvorteil mit einer Verdopplungsrate von zwei bis drei Tagen. Die UN-Organisation erwartet, dass Omikron in Europa zu einer "großen Zahl von Klinikeinweisungen" führen könnte. Dies liege an der zu erwartenden Masse an Infektionen, sagte Catherine Smallwood von der WHO-Europadirektion am Dienstag AFP.

Die Entwicklung der Corona-Pandemie mit einer befürchteten fünften Welle wirft auch nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Frage nach der Quarantäne-Dauer auf. Es sei „eine etwas andere Situation als wir vor einer Woche gehabt haben“, sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend in den ARD-„Tagesthemen“. Man müsse nun überlegen, „was bedeutet das für die Quarantäne-Dauer, was bedeutet das für die Kontaktreduzierungen?“

Es gebe aber derzeit nur Schätzwerte zur Corona-Lage, weil die Neuinfektionen über die Feiertage nur unzureichend erfasst würden: weil weniger getestet werde, weil die Tests dann auch verspätet an die Gesundheitsämter gemeldet würden und weil die Ämter selbst die Daten auch später weiterleiteten. Die Gesundheitsämter hätten viel zu wenig Personal, sagte Lauterbach. Er wolle dies ändern. „Das ist eine Priorität, die ich habe.“ Die Schätzwerte seien aber „gut genug, um zu sehen, was sich in Deutschland abspielt“.

Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) bringt unterdessen eine Quarantänebefreiung für dreifach Geimpfte ins Spiel. Gegenüber dem Nachrichtenportal „Watson“ sagte er: „Wir müssen jetzt die Weichen stellen, um gut vorbereitet zu sein - auch und gerade mit Blick auf die kritische Infrastruktur“, sagte er . „Denkbar wäre aus meiner Sicht beispielsweise eine Befreiung von der Quarantäne für geboosterte Kontaktpersonen.“ Eine wissenschaftliche Grundlage für diese Idee lieferte er nicht. In der Sendung „RTL Direkt“ sagte Holetschek, nötig sei eine Stellungnahme des Robert Koch-Instituts oder des Expertenrats der Bundesregierung noch vor der kommenden Ministerpräsidentenkonferenz am 7. Januar.

Der Deutsche Städtetag forderte Bund und Länder auf, mehr Labor- und Testkapazitäten zu ermöglichen. Sie sollten „dafür sorgen, dass die niedergelassenen Praxen die nötigen PCR-Tests auch an Feiertagen wie Weihnachten und Neujahr sicherstellen und auch genügend Laborkapazitäten an diesen Tagen zur Verfügung stehen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag). Die Gesundheitsämter seien nicht das Nadelöhr - die meisten PCR-Tests würden von der Ärzteschaft durchgeführt. „Da viele Arztpraxen und Labore jetzt im Weihnachtsurlaub sind, wird dort weniger getestet.“

(peng/dpa/AFP/Reuters)
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