Corona-Pandemie Am Karfreitag herrscht in diesem Jahr Stille in Jerusalem

Jerusalem · Am Karfreitag 2020 ist alles anders. Wegen der Pandemie können Christen nicht wie gewohnt an die Kreuzigung Jesu Christi erinnern. Im Innern der Grabeskirche in Jerusalem war in diesem Jahr nur eine kleine Gruppe Geistlicher mit ihrem Gesang zu hören.

 Ein einzelner christlicher Gläubiger geht vor der Grabeskirche in Jerusalem entlang.

Ein einzelner christlicher Gläubiger geht vor der Grabeskirche in Jerusalem entlang.

Foto: dpa/Sebastian Scheiner

Christen haben am Karfreitag wegen des neuen Coronavirus ohne die Gottesdienste und emotionalen Prozessionen vergangener Jahre an die Kreuzigung Jesu Christi erinnert. Eine kleine Gruppe Geistlicher war mit ihrem Gesang im Innern der Grabeskirche in Jerusalem zu hören, die an dem Ort errichtet wurde, wo nach christlichem Glauben Jesus gekreuzigt und begraben wurde und auferstanden ist. Normalerweise sind zahlreiche Pilger und Touristen in der Kirche.

Später begaben sich Mönche in braunen Roben und blauen Mundschutzen auf den Kreuzweg entlang der Via Dolorosa, des antiken Pfads durch die Altstadt, auf dem Jesus vor seiner Hinrichtung durch die Römer das Kreuz getragen haben soll. Der Weg geht an Dutzenden Geschäften, Cafés und Hostels vorbei, von denen fast alle geschlossen sind.

Für gewöhnlich würden Zehntausende Pilger aus der ganzen Welt die Schritte von Jesus in der Karwoche vor Ostern nachgehen. In diesem Jahr sind aber Flugzeuge am Boden geblieben und religiöse Stätten im Heiligen Land geschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen.

In Rom ist die mit Fackeln beleuchtete Kreuzzugsprozession im Kolosseum ein Höhepunkt der Karwoche. Sie zieht in der Regel zahlreiche Pilger, Touristen und Ortsansässige an. In diesem Jahr ist sie wie alle anderen öffentlichen Versammlungen in Italien abgesagt worden. In Italien sind mehr als 18.000 Menschen mit dem Virus gestorben und weltweit insgesamt mehr als 95.000, wie aus Zahlen der Johns-Hopkins-Universität hervorgeht.

Statt die Kreuzzugsprozession zu leiten, wird Papst Franziskus eine Karfreitagszeremonie auf dem Petersplatz ohne öffentliches Publikum abhalten. Daran teilnehmen werden zehn Menschen - fünf aus dem Gesundheitsbüro des Vatikans und fünf aus einem Gefängnis in Padua in Norditalien, wo Infektionen sehr verbreitet sind. Dabei soll mehrere Male um den Obelisken auf dem Platz gelaufen werden. Ausgestellt wird ein hölzernes Kreuz, das einst in einer Prozession während der Pest getragen wurde, die Rom Anfang des 16. Jahrhunderts erfasste.

In der Kathedrale Notre-Dame in Paris wurde eine Zeremonie unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten. Erzbischof Michel Aupetit und drei weitere Geistliche trugen Hüte, als sie in die vor knapp einem Jahr beschädigte Kathedrale einzogen. Sie würdigten eine Dornenkrone, die den Brand überlebt hatte. Der Gottesdienst wurde live übertragen. Die Zeremonie zeige, dass das Leben noch hier sei, auch wenn die Pandemie Tod verbreite und uns lähme, sagte der Bischof.

Auf den Philippinen sind Gottesdienste und Volksrituale ausgesetzt worden. Bei Letzteren wird eine Kreuzigung in echt nachgestellt, bei ihnen sind Tausende Touristen und Büßer zugegen. Kirchgänger wurden aufgefordert, zu Hause zu bleiben und an Jesu Leiden durch Familiengebete, Fasten und das Ansehen von Gottesdiensten und religiösen Sendungen im Fernsehen oder im Internet zu erinnern.

Die 30-jährige Katholikin Josille Sabsal sagte, sie „vermisse diesen Moment in der Kirche, wenn man "Friede sei mit dir" zu komplett Fremden sagt und sie zurücklächeln“.

(felt/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort