Corona-Lage nach Feiertagen Viele Fragezeichen bei Omikron-Ausbreitung in Deutschland
Berlin · In Deutschland sind die Inzidenzen weiter rückläufig, während viele andere Länder von der Omikron-Welle hart getroffen werden. Die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen, denn während der Feiertage wurde weniger getestet und gemeldet.
Während verschiedene Länder weltweit wegen der schnellen Verbreitung der Omikron-Virusvariante neue Rekorde bei den Infektionszahlen verzeichnen, sinkt die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland aktuell weiter. Am Mittwoch gab das Robert-Koch-Institut (RKI) den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen mit 205,5 an – nach 215,6 am Vortag und 289,0 in der Vorwoche. Allerdings weist das RKI auf Unschärfen in den aktuellen Zahlen hin, da Testungen und Meldungen während der Feiertage geringer ausfallen können.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verwies auf die Schwierigkeit, die Pandemielage in Deutschland wegen der ungenauen Daten einzuschätzen. Gerade die Dynamik der neuen Omikron-Variante sei „in den offiziellen Zahlen nicht zutreffend abgebildet wegen der Testausfälle und Meldeverzögerungen“, sagte Lauterbach der „Bild“-Zeitung. Er beschaffe sich gerade ein Gesamtbild der Lage. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte am Mittwoch in Berlin, dass sich die Zahlen „zu Beginn des Jahres wieder normalisieren“ werden. Wann genau, könne allerdings noch nicht gesagt werden. Mit dem RKI und Experten gebe es Gespräche, um die Zahlen zu Jahresbeginn wieder sehr aktuell zu haben, so der Sprecher. Insgesamt habe man in diesem Jahr „eine deutlich bessere Datenlage“ als im vergangenen Jahr, etwa durch sehr konkrete Zahlen aus dem Intensivregister und deutlich aufgestockte personelle Kapazitäten in den Gesundheitsämtern.
In anderen Ländern wie Frankreich, Großbritannien und den USA werden in der aktuellen Omikron-Welle neue Höchstwerte an Infektionszahlen erreicht. Polen meldete am Mittwoch die höchste Zahl an Corona-Toten an einem Tag seit April. Dort starben 794 Menschen innerhalb von 24 Stunden mit oder an dem Virus. Frankreich verschärfte in dieser Woche seine Corona-Regeln, etwa soll eine vollständige Impfung verpflichtend für den Besuch von Veranstaltungen, Restaurants oder für Fernreisen sein. Die US-Gesundheitsbehörde CDC meldete für Montag mehr als 440.000 neue Fälle an einem Tag – so viele wie noch nie seit Pandemiebeginn.
Eine weitere Meldung aus den USA sorgte für Verunsicherung: Laut einer neuen Studie könnten die Antigen-Schnelltests für den Heimgebrauch weniger aussagekräftig als erhofft sein. „Erste Daten deuten daraufhin, dass Antigen-Tests die Omikron-Variante zwar erkennen, aber möglicherweise eine geringere Empfindlichkeit aufweisen“, erklärte die US-Arzneimittelbehörde (FDA). Die Daten basieren auf Untersuchungen von Patientenproben mit lebenden Viren und sollen aussagekräftiger sein als frühere Untersuchungen mit abgetöteten Viren. Allerdings handelt es sich um vorläufige Ergebnisse. Die FDA erklärte auch, dass die Antigen-Tests weiterhin zugelassen seien, bei Verwendung solle die beiliegende Anleitung beachtet werden.
Sollten sich die Untersuchungsergebnisse als belastbar erweisen und auch auf Deutschland übertragbar sein, könnte das Konsequenzen für die deutsche Teststrategie haben. Fraglich wäre etwa, wie künftig 2G-plus-Regelungen gehandhabt werden, wenn die zugrundeliegenden Testergebnisse kaum verlässlich sind. Das RKI teilte auf Nachfrage mit, dass gegenwärtig viele Empfehlungen davon ausgehen würden, dass Antigen-Tests auch bei der Omikron-Variante „hilfreich“ seien. Konkret bezieht sich das RKI auf eine Veröffentlichung der britischen Gesundheitsbehörde UK Health Service Agency (UKHSA). Darin heißt es, dass erste Daten aus künstlich hergestellten Proben auf eine vergleichbare Empfindlichkeit der Tests hindeuten würden wie sie für frühere Stämme von Sars-Cov-2 beobachtet worden seien, einschließlich der Delta-Variante. Laut RKI seien insbesondere regelmäßig wiederholte Untersuchungen geeignet, sonst unerkannte Fälle zu identifizieren.
Eine ähnliche Einschätzung gab das Gesundheitsministerium am Mittwoch ab. Die in Deutschland zugelassenen und vom Paul-Ehrlich-Institut zertifizierten Schnelltests seien „in aller Regel gut auch auf die Omikron-Variante anwendbar“, sagte ein Sprecher in Berlin. Zudem habe man in Deutschland noch relativ geringe Omikron-Fallzahlen und die Tests würden „fortlaufend überprüft“.
Nach Angaben des RKI vom Mittwoch ist die Zahl der Omikron-Fälle erneut deutlich gestiegen und liegt nun bei insgesamt 13.129. Das sind 26 Prozent mehr (plus 2686 Fälle) als noch am Vortag. Gezählt werden nur Fälle, bei denen Omikron durch eine Sequenzierung (Nachweis) oder einen variantenspezifischen PCR-Test (Verdacht) festgestellt wurde. Das RKI weist die Fälle seit Mitte November aus. Den bundesweit höchsten Anstieg verzeichnet Nordrhein-Westfalen: Dort sind aktuell 4481 sicher nachgewiesene und wahrscheinliche Omikron-Fälle bekannt. Auch bei diesen Zahlen weist das RKI auf mögliche Korrekturen und nachträgliche Änderungen hin.