Datum, Impfstoff, Schulbesuch NRW will Kinder möglichst zügig impfen
Düsseldorf/Berlin · Ab 7. Juni können Kinder ab zwölf Jahren geimpft werden, wenn die EU-Behörde grünes Licht gibt. Der Bund will bis August 6,4 Millionen Dosen bereitstellen. Spahn bekräftigt zum Impfgipfel, dass Kinder auch bei eingeschränkter Empfehlung der Stiko geimpft werden können.
Die Impfung von Kindern und Jugendlichen gegen das Coronavirus rückt näher. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte nach dem Impfgipfel am Donnerstag, dass die Zwölf- bis 15-Jährigen sich mit der Aufhebung der Priorisierung ab dem 7. Juni um einen Impftermin bemühen können. Bedingung ist, dass die Europäische Arzneibehörde Ema den Impfstoff von Biontech zulässt, was für diesen Freitag erwartet wird.
Für die Impfung der Kinder will die Bundesregierung knapp 6,4 Millionen Dosen bis August bereitstellen, wie das Bundesgesundheitsministerium den Ländern mitteilte. In Deutschland leben 5,3 Millionen Kinder zwischen zwölf und 18 Jahren. Nordrhein-Westfalen kann damit auf 1,2 Millionen Dosen für diese Altersgruppe hoffen. Wichtig ist den Ländern, dass sie diese Dosen nicht bei Praxen und Impfzentren abzwacken müssen.
Die Länder können für die Kinder Angebote in Impfzentren machen oder Programme auflegen. Vor allem aber sollen die Kinder von den Kinder- und Hausärzten geimpft werden. Überlegungen zu großflächigen Impfaktionen in der Schule sind damit vom Tisch. „Wenn der Impfstoff für über Zwölfjährige zugelassen ist, kann er ab dem nächsten Tag in Praxen verimpft werden“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Kinder- und Jugendärzte können ihn im Rahmen der Zulassung und der Verfügbarkeit nutzen.“ Idealerweise würden zuerst Minderjährige mit Vorerkrankungen geimpft. Spahn betonte, dass eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) dafür nicht zwingend sei. Die Stiko will in den nächsten eineinhalb Wochen entscheiden. Stiko-Chef Thomas Mertens hat bereits erklärt, dass die Kommission die Corona-Impfung für vorerkrankte Kinder empfehlen will, aber eine allgemeine Impfempfehlung für Kinder nicht für sinnvoll hält. Die Entscheidung, ob ein Kind geimpft wird, will die Politik damit Ärzten und Eltern überlassen.
Studien von Biontech haben für Kinder eine hohe Wirksamkeit und gute Verträglichkeit ergeben. Der US-Konkurrent Moderna strebt ebenfalls eine Zulassung für Kinder an.
Der Deutsche Hausärzteverband fordert die Politik auf, die Rückkehr zum gesellschaftlichen Leben nicht von den Impfungen abhängig zu machen. „Es waren die Kinder und Jugendlichen, die ihre Freiheiten über ein Jahr für den Schutz der Älteren zurückgestellt haben. Nun liegt es an den Erwachsenen, Solidarität zu zeigen und alles daran zu setzen, ihnen schnellstmöglich ihre Rechte zurückzugeben – und das nicht nur auf Unterricht in der Schule, sondern auch auf Gemeinschaft, auf Freizeitaktivitäten, auf Sport“, sagte Verbands-Chef Ulrich Weigeldt. Die Kanzlerin betonte, dass es keine Impfpflicht geben werde. Ein sicherer Schulbetrieb soll unabhängig davon möglich sein, wie viele Schüler ein Impfangebot wahrnehmen.
Doch auch das Kinder-Impfen hängt davon ab, wie viel Impfstoff verfügbar ist. Und der ist weiter knapp. Biontech hat Lieferkürzungen für die ersten Juni-Wochen angekündigt. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KV) fordert mehr Verlässlichkeit: „Zusagen müssen auch eingehalten werden“, sagte KV-Chef Frank Bergmann. „Nur dann kann das von der Politik ausgerufene Ziel, bis Ende des Sommers die Bevölkerung durchgeimpft zu haben, auch eingehalten werden.“
Auch Thomas Kutschaty, Chef der SPD-Fraktion im Landtag, mahnte: „Wer auf einmal 6,4 Millionen Impfdosen für Kinder und Jugendliche im Juni, Juli und August ankündigt, muss auch erklären können, wo der Impfstoff herkommen soll.“ Es bringe nichts, die Zahl der Berechtigten zu erhöhen, ohne mehr Impfstoff zu bekommen. „Das sieht schwer nach Aktionismus aus.“ Grünen-Co-Fraktionschefin Josefine Paul sagte: „Selbstverständlich sollten Kinder mit Vorerkrankungen prioritär geimpft werden können. Flächendeckend bereits in Aussicht zu stellen, kurzfristig Kinder zu impfen, weckt falsche Hoffnungen.“
Städte und Gemeinden fordern eine deutliche Beschleunigung der Impfkampagne. „Bund und Länder müssen ihre Anstrengungen weiter intensivieren. Ziel muss es sein, im Juli 60 Millionen Bundesbürger geimpft zu haben“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, unserer Redaktion. „Wenn am 7. Juni die Priorisierung entfällt und auch die Betriebs- und Privatärzte eingebunden werden, müssen Bund und Länder zusätzliche Impfdosen bereitstellen“, so Landsberg. „Da in Kanada und in den USA schon seit Wochen Kinder ab zwölf Jahren geimpft werden, wird sich Datenlage hoffentlich schnell verbessern, so dass die Ständige Impfkommission für alle Jugendliche eine Empfehlung aussprechen kann“, sagte er weiter.
Wann es einen Impfstoff für Kinder unter zwölf Jahren gibt, ist noch offen. Biontech-Chef Ugur Sahin hatte sich unlängst zuversichtlich gezeigt, dass es diesen im Herbst geben wird.