Gipfel zu Corona-Maßnahmen Gastronomie bis Jahresende geschlossen

Berlin · Der Teil-Lockdown hat bisher weniger gebracht als erhofft, deswegen werden die Kontaktbeschränkungen verlängert. Die neuen Beschlüsse vom Mittwochabend treffen aber vor allem den Einzelhandel und die Gastronomie.

 Stühle stehen vor einem geschlossenen Restaurant in Berlin. (Symbolfoto)

Stühle stehen vor einem geschlossenen Restaurant in Berlin. (Symbolfoto)

Foto: dpa/Christophe Gateau

Die Menschen in Deutschland müssen noch länger und mit teils schärferen Kontaktbeschränkungen leben, dürfen sich aber auf Lockerungen zu Weihnachten einstellen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder haben sich am Mittwoch nach mehr als siebenstündigen, teils zähen Verhandlungen auf entsprechende Regelungen für die Zeit bis Januar geeinigt. Merkel stellte nach den Beratungen mit den Ministerpräsidenten der Länder fest, dass der exponentielle Anstieg bei den Neuinfektionen zwar gebrochen sei. "Aber das ist nur ein Teilerfolg“, sagte sie. Deshalb müssten die Maßnahmen für den November im Dezember bestehenbleiben.

Um die Überfüllung von Geschäften in der Weihnachtszeit zu vermeiden und das Ansteckungsrisiko zu verringern, soll die erlaubte Zahl von Kunden pro Laden ab dem 1. Dezember wie folgt beschränkt werden: In Läden mit weniger als 800 Quadratmeter Verkaufsfläche soll sich höchstens eine Person je zehn Quadratmeter aufhalten dürfen. Bei größeren Geschäften soll sich ab 801 Quadratmeter nur noch eine Person auf 20 Quadratmeter aufhalten dürfen. Der Bund hatte in den Vorgesprächen eine generelle Begrenzung auf eine Person je 25 Quadratmeter vorgeschlagen, die Länder wollten das lediglich auf Hotspots begrenzen. Die Maskenpflicht wird erweitert und gilt künftig auch vor Einzelhandelsgeschäften und auf Parkplätzen.

Im Einzelhandel wird die Verschärfung der Corona-Maßnahmen keine einschneidenden organisatorischen Konsequenzen haben –  unabhängig davon, welche Beschränkungen bei welcher Größenordnung gelten. Zugangskontrollen finden in den meisten Geschäften heute ohnehin schon statt, beispielsweise über elektronische Zählsysteme, wie sie unter anderem in Baumärkten zu finden sind, oder die begrenzte Ausgabe von Einkaufswagen oder -körben. Von denen sind dann immer gerade so viele vorhanden, dass sie für die Höchstzahl an zugelassenen Kunden ausreichen. Sind die Körbe vergriffen, darf so lange niemand rein, bis wieder jemand rauskommt. Auch Spender für Desinfektionsmittel, an denen man sich selbst bedienen kann oder mit denen man von Beschäftigten versorgt wird, sind fast schon die Regel. Manche Unternehmen stellen auch eigene Mitarbeiter ab, die kontrollieren, ob die Kunden sich an die Abstands- und Hygieneregeln halten. Aus Sicht der Branche kann dies aber nicht das Prinzip sein: „Der Händler kann nicht Ersatzpolizei sein“, sagte ein Sprecher des Handelsverbandes HDE.

Klar ist nun, dass der zunächst bis Ende November befristete Teil-Lockdown mindestens bis zum 20. Dezember bundesweit verlängert wird. Gastronomie sowie Freizeit- und Kultureinrichtungen sollen bis dahin geschlossen bleiben, voraussichtlich aber bis Anfang Januar. Es soll Entschädigungen nach dem Muster der sogenannten November-Hilfen geben. Demnach plant der Bund im Dezember Finanzhilfen für betroffene Unternehmen im Umfang von voraussichtlich 17 Milliarden Euro. Damit sollen neben den Betrieben auch Selbstständige weiter unterstützt werden. Die Gastronomie-Gewerkschaft NGG forderte ein staatliches Rettungspaket auch für die Arbeitnehmer in Gaststätten und Hotels. „Es muss nicht nur ein Rettungspaket für Arbeitgeber, sondern auch für Arbeitnehmer in Gastronomie und Hotellerie geben“, sagte der Chef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Guido Zeitler, unserer Redaktion. „Es kann nicht sein, dass für die Unternehmen große Hilfspakete geschnürt werden, aber die Beschäftigten in Hartz IV geschickt werden“, sagte Zeitler.

Über Weihnachten und Silvester sollen Restaurant vorerst geschlossen bleiben, vor Weihnachten wollen Bund und Länder aber „eine weitere Überprüfung und Bewertung vornehmen“, wie es im Papier heißt.

Grundsätzlich sind künftig private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten demnach auf den eigenen und einen weiteren Haushalt und in jedem Fall auf fünf Personen zu beschränken, Kinder bis 14 ausgenommen. Für Weihnachten und maximal bis Silvester sind Abweichungen möglich: „Deshalb können die Personenobergrenzen für Zusammenkünfte innen und außen für den Zeitraum vom 23. Dezember 2020 bis längstens 01. Januar 2021 wie folgt erweitert werden: Treffen im engsten Familien- oder Freundeskreis sind möglich bis maximal zehn Personen insgesamt. Dazugehörige Kinder bis 14 Jahre sind hiervon ausgenommen“, heißt es im Beschlusspapier. Für Silvester gilt, dass auf belebten Plätzen und Straßen die Verwendung von Pyrotechnik untersagt wird, um größere Gruppenbildungen zu vermeiden. Ansonsten bleibt Böllern erlaubt. Öffentlich veranstaltete Feuerwerke sind untersagt.

Die Regelungen für Schulen kosteten bei den Verhandlungen besonders viel Zeit. Mehrere Länder pochten auf ihre Zuständigkeiten und wollten keine allgemeingültigen Maßnahmen mittragen. In den meisten Ländern soll ein hybrider Unterricht oder ein Wechselunterricht in Corona-Hotspots ab der 8. Klasse möglich sein. Die Nordländer verwiesen nach Angaben aus Teilnehmerkreisen auf sinkende Infektionszahlen bei ihnen. Lange stritten Kanzlerin und Ministerpräsidenten über die Kosten zusätzlicher Schülertransporte. Unter anderem hatte Sachsen darauf gedrungen, dass mehr Busse eingesetzt werden, um den Schülerverkehr zu entzerren. Weil der Bund aber nicht bereit war, alle Kosten dafür zu tragen, wurde die Passage zur Finanzierung ganz gestrichen. In Regionen mit deutlich mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen soll künftig ab Klasse 7 eine Maskenpflicht auch im Unterricht gelten. Für Grundschüler, Fünft- und Sechstklässler soll eine solche Pflicht eingeführt werden können. Der Beginn der Weihnachtsferien soll in diesem Jahr weitgehend einheitlich geregelt werden, sie sollen bereits am 19. Dezember losgehen.

Zudem wurden neue Quarantäne-Regelungen in Schulen als Empfehlung beschlossen. Demnach sollen alle Mitschüler in Quarantäne gehen, wenn ein Infektionsfall auftritt. Lehrer sind ausgenommen. Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbands der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, zeigte sich zufrieden. „Ich begrüße es sehr, dass es  klare und nachvollziehbare Regelungen zum Umgang mit der Quarantäne in Schulen gibt. Es ist ein pragmatischer Ansatz, alle Mitschüler für mindestens fünf Tage in Isolation zu schicken, wenn ein Infektionsfall in einer Klasse auftritt.“ Bislang herrschten völlig unterschiedliche Regelungen an den Schulen. „Das konnte so nicht bleiben“, sagte Teichert.

Die Bund-Länder-Runde hat sich auch darauf geeinigt, Verschärfungen für Gebiete mit besonders hohen Zahlen an Corona-Infektionen einzuführen. Ab einer sogenannten Inzidenz über 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen soll es im Rahmen einer sogenannten Hotspot-Strategie zusätzliche Einschränkungen geben. Dazu sollen dann jeweils zusätzliche Regelungen getroffen werden.

Zudem soll der Schutz von Risikogruppen verbessert werden. Für Pflegebedürftige in Einrichtungen soll es ab dem 1. Dezember 30 Schnelltests pro Monat geben. Je nach Verfügbarkeit wird es noch mehr.

Strittig blieb vorerst, ob die Zahl der belegten Plätze in Zügen deutlich verringert werden soll. Jetzt heißt es im Papier, dass die Sitzplatzkapazität deutlich um über 20 Millionen sogenannte Platzkilometer pro Tag erhöht wird, um noch mehr Abstand zwischen den Reisenden zu ermöglichen. „Die Reservierbarkeit der Sitzplätze wird parallel dazu beschränkt“, heißt es im Beschluss.  

Am Donnerstag will die Kanzlerin im Bundestag zur Corona-Krise sprechen. Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt am Donnerstag (9.00 Uhr) im Bundestag eine Regierungserklärung zur Corona-Pandemie ab. Sie will dabei den Kurs von Bund und Länder für die Wochen bis zum Jahresende erläutern, auf den sie sich mit den Ministerpräsidenten verständigt hatte.

((mit dpa) )
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