Britische Forscher Blutdruck-Medikamente können Covid-19-Patienten schützen

Norwich · Englische Forscher stellten fest, dass Covid-19-Patienten, denen ein Blutdruck-Medikament verschrieben wurde, mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit sterben oder auf die Intensivstation eingewiesen werden.

 Ein Hausarzt misst bei einer Patientin den Blutdruck.

Ein Hausarzt misst bei einer Patientin den Blutdruck.

Foto: dpa/Bernd Weissbrod

Hinweis: Dieser Artikel ist bereits am 26. August 2020 bei uns erschienen.

Es zählt zur Mobilität des Denkens, die uns in diesen Tagen abverlangt wird, dass wir heute eine Studie lesen, die auf den ersten Blick der Studie von gestern widerspricht. Für viele Menschen sind beide Studien in der Tendenz insofern wichtig, als dass sie sich mit dem Einfluss blutdrucksenkender Medikamente auf die Schwere einer Covid-19-Erkrankung beschäftigen. Vor allem, weil es auch um die Stoffgruppen der hierzulande stark verbreiteten ACE-Hemmer und Sartane handelt.

Mancher hatte schon Sorge, ob seine Standardmedikamente ihm im Fall einer Infektion vielleicht einen Tort antun. Das Coronavirus Sars-CoV-2 nutzt nämlich das Angiotensin-Converting-Enzym (ACE) 2 als Rezeptor für den Eintritt in die Zellen. Eine andere ACE-Variante ist an der Blutdruckregulation beteiligt. ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptor-Blockern (Sartane) erzielen dort ihre blutdrucksenkende Wirkung.

In einer chinesischen Studie hatten ACE-Hemmer oder Sartane keinen erkennbaren Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung. Unter den Patienten mit schwerem Verlauf hatten 9,2 Prozent einen ACE-Hemmer erhalten, bei den Patienten mit einem weniger schweren Verlauf betrug der Anteil 10,1 Prozent. Sartane hatten 24,9 Prozent der Patienten mit schwerem Verlauf und 21,2 Prozent der Patienten mit einem leichten Verlauf bekommen.

Eine Studie im englischen Norwich kommt zu günstigeren Erkenntnissen. Forscher der University of East Anglia fassten Daten aus früheren Studien zusammen, in denen 28.872 Patienten mit Covid-19 im Krankenhaus untersucht wurden. Sie stellten fest, dass Covid-19-Patienten, denen das Medikament verschrieben wurde, mit einer um 33 Prozent geringeren Wahrscheinlichkeit sterben oder auf die Intensivstation eingewiesen werden. Experten entdeckten jedoch keine eindeutigen Vorteile für infizierte Patienten, die keinen hohen Blutdruck hatten, aber trotzdem einen ACE-Hemmer oder ein Sartan erhielten. Hierzulande sind diese Medikamente bekannt unter den Namen Ramipril, Lisinopril, Candesartan, Losartan oder Valsartan.

Vassilios Vassiliou, Hauptautor der Studie, glaubt, dass die Medikamente das Risiko verringern könnten, an Covid-19 zu sterben, indem sie den Blutdruck unter Kontrolle halten und Entzündungen im Körper verringern. Dadurch sinke der Schweregrad der Infektion. ACE-Hemmer und Sartane nehmen Patienten auch als Medikamente gegen andere Erkrankungen wie Diabetes oder Nierenleiden.

Vorbeugend eingenommen bringen die Medikamente allerdings nicht viel bei Menschen, die gar keinen hohen Blutdruck haben. „Bei solchen Patienten konnten wir einen Trend zu besseren Ergebnissen feststellen, der jedoch keine statistische Signifikanz erreichte. Wir können aber sagen, dass es definitiv nicht schädlich war. “

Wichtig ist offenbar, dass die Covid-19-Patienten ihre Blutdrucksenker schon längere Zeit genommen haben. Er fügte hinzu: „Wir haben gezeigt, dass es Patienten, denen die Medikamente vor der Infektion mit Covid verschrieben wurden, besser geht. Wir haben aber keine Beweise dafür, dass es jemandem besser gehen könnte, wenn er heute Covid-19 bekommt und man ihm erst dann die Medikamente gibt.“

Die Studie ist auch ein Appell zur Therapietreue: Die erwähnten Medikamente können offenbar das Leben auch im Corona-Fall retten.

(w.g.)
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