Wie bewertet man eine Pandemie? Der böse Spuk der Inzidenzen

Analyse | Düsseldorf · Die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland steigt sprunghaft. Das scheint die Politik kaum zu kümmern. Doch trotz der hohen Impfquote und der geringen Zahl der schweren Fälle könnte die Dynamik gefährlich werden.

Eine Frau füllt vor einer Apotheke in Bonn ein Formular für einen Covid-19-Test aus. In Nordrhein-Westfalen sind die Inzidenzen auf einem neuen Höchstwert.

Eine Frau füllt vor einer Apotheke in Bonn ein Formular für einen Covid-19-Test aus. In Nordrhein-Westfalen sind die Inzidenzen auf einem neuen Höchstwert.

Foto: dpa/Oliver Berg

Nordrhein-Westfalen ist Vorreiter – und könnte gut auf diese zweifelhafte Ehre verzichten. Im bevölkerungsreichsten Bundesland ist die Zahl der wöchentlichen Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner zum ersten Mal seit Monaten wieder dreistellig. Am Montag gab das Robert-Koch-Institut (RKI) ausgerechnet zum 75. Geburtstag des Landes den Inzidenzwert mit 103,3 an. Noch vor einer Woche lag die Zahl bei wenig mehr als der Hälfte. Von den 15 Städten und Landkreisen mit der höchsten Zahl an Neufällen liegen allein 14 in NRW. Nach dem alten Infektionsschutzgesetz müsste eigentlich die Bundesnotbremse greifen. Doch das Corona-Kabinett des Bundes, das am Montag tagte, befasste sich lieber mit der Frage, ob eine Inzidenz von 50, ab der in den Kreisen besondere Maßnahmen erforderlich sind, überhaupt noch angemessen ist. „Die 50er-Inzidenz im Gesetz, die hat ausgedient“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im ZDF-„Morgenmagazin“. Ähnliches ist auch von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und seiner SPD-Kollegin Manuela Schwesig aus Mecklenburg-Vorpommern zu hören.