Ende der Lieferengpässe nicht in Sicht In NRW werden die Schnelltests knapp

Düsseldorf · Viele Infektionen, scharfe Regeln: Die Nachfrage nach Bürgertests hat sich verdoppelt. Doch Lieferungen hängen am Zoll fest, ein Ende der Lieferengpässe ist nicht abzusehen, so der Apothekerverband. Die Preise ziehen an. Und das Schulministerium hat noch keinen Lieferanten für das neue Jahr.

 Großer Andrang bei Teststellen.

Großer Andrang bei Teststellen.

Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Angesichts steigender Infektionszahlen und verschärfter Regeln nimmt in Nordrhein-Westfalen die Nachfrage nach Corona-Tests stark zu. Doch das Angebot kann nicht mithalten. Und so sind Schnelltests immer schnell ausverkauft. Die Einkaufspreise steigen: In mancher Apotheker kostet ein Fünferpack nun 36 Euro, bei manchem Discounter ein Einzeltest fast drei Euro. Zum Vergleich: Im Sommer gab es Einzeltests zeitweise zum Stückpreis von 80 Cent. Auch Stellen, die kostenlose Bürgertests durchführen, müssen um Nachschub kämpfen. „Corona-Tests sind oft knapp. Ein Ende der Lieferengpässe ist noch nicht abzusehen“, sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein. Auf die Frage, ob es genug Schnelltests für die Weihnachtszeit geben werde, wollte sich das NRW-Gesundheitsministerium nicht äußern.

Laut Ministerium hat sich allein die Zahl der kostenlosen Bürgertests binnen einer Woche von 305.000 auf 586.000 fast verdoppelt. Hier spielt eine Rolle, dass seit kurzem die 3G-Regelung am Arbeitsplatz und in anderen Einrichtungen gilt, so dass Ungeimpfte sich regelmäßig testen lassen müssen.

Seit dem 13. November sind Tests für Bürger wieder gratis. „Aktuell steigen die Zahlen in den Teststellen wöchentlich um zehn Prozent an. Der Dezember wird der Monat mit den meisten Bürgertests werden“, so Thomas Preis. „Auch der Verkauf von Selbsttests legt weiter zu.“ Das Sicherheitsbedürfnis sei sehr hoch: Viele führten bei Erkältungssymptomen oder vor dem Besuch von Großeltern einen Schnelltest durch, um zu prüfen, ob sie infiziert seien. Die Zahl der Bürgertest-Stellen in NRW hat sich auf 4115 erhöht, so das Gesundheitsministerium. Das sind 720 Stellen mehr als Anfang November.

Zugleich gibt es Angebotsprobleme: „Der Nachschub stockt, weil die Lager der Händler nicht auf die plötzlich ansteigende Nachfrage nach dem Sommerloch vorbereitet waren“, erläutert Preis. Die allermeisten Tests würden in Fernost produziert. „Die Frachtmöglichkeiten sind begrenzt und teuer. Und ist die Ware erst einmal in Deutschland, dauert es zur Zeit sehr lange, bis der Zoll sie freigibt.“ Bald könnte sich das Problem weiter verschärfen: „Bisher waren viele Tests als Sonderzulassung im Verkauf. Diese Sonderzulassungen werden nicht mehr verlängert. Das sorgt auch für weitere Engpässe“, so der Verbandschef. Apotheken hätten aber Zugriff auf viele kleinere Lieferanten. „Sie haben zur Zeit noch Chancen, Tests zu kaufen, wenn auch zu deutlich höheren Preisen als vor einiger Zeit“, so Preis. Er forderte: „Wenn die Kosten weiter steigen, müssen die im Sommer gesenkten Erstattungen für die Sachkosten bei den Bürgertests wieder erhöht werden.“

Die angespannte Lage könnte bald auch für die Schulen in Nordrhein-Westfalen zu einem großen Problem werden. Ende des Jahres läuft der Vertrag mit dem Lieferanten Siemens Healthineers aus. Doch bislang hat das Schulministerium keinen neuen Lieferanten für Schnelltests gewinnen können. „Eine entsprechende Vergabe steht kurz vor dem Abschluss“, heißt es aus dem Schulministerium. „Das Ministerium wird dafür Sorge tragen, dass alle Schulen in diesem und auch im nächsten Jahr ausreichend mit Antigen-Selbsttests versorgt werden.“ Allerdings hat das Ministerium die Schulleiter wegen drohender Übergangsprobleme bereits vor Wochen aufgefordert, Tests für das neue Jahr zu bunkern. Bei den Schülertests geht es um große Dimensionen: Zuletzt wurden in einer Woche 2,6 Millionen Tests an den Schulen in NRW durchgeführt. 4563 lieferten dabei eine positives Ergebnis, also einen Verdacht auf eine Corona-Infektion.

Auch PCR-Tests sind sehr stark nachgefragt. Der Verband der akkreditierten Labore im Medizinbereich (ALM) mahnte unlängst: Die Auslastung der Facharztlabore liege an der Belastungsgrenze und teils darüber. Verbandschef Michael Müller meinte, in Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg oder Thüringen stehe die Ampel schon länger auf Rot. Der Engpass betreffe nun das Personal. Es sei nicht die Zeit, sich für einen Friseurbesuch testen zu lassen. Bei den PCR-Tests müsse die Priorität auf dem medizinischen Bedarf liegen, so Müller.

An Schulen in NRW gibt es weitere Probleme. Der Chef der SPD-Fraktion im Landtag, Thomas Kutschaty, kritisierte den restriktiven Einsatz von Luftfiltern: „Ich verstehe nicht, warum Frau Scharrenbach die Förderkriterien für Luftfilter in den Schulen so derart eng gezogen hat. Kein Wunder, dass von den Geldern so gut wie kein Gebrauch gemacht wurde.“ Ina Scharrenbach (CDU) ist als Bauministerin zuständig. „Es kann doch nicht sein, dass nur Klassenzimmer mit Luftfiltern ausgestattet werden können, die nicht oder kaum gelüftet werden können. Das ist eine künstliche Verknappung zu Lasten der Kinder und Lehrkräfte.“ Das frierende Klassenzimmer im Winter müsse endlich ein Ende haben. „Das Krisenmanagement dieser Landesregierung ist wirklich zum Haare raufen.“

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