Fragen & Antworten Was unsere Leser zur Impfung wissen wollen
Düsseldorf · Wie sicher sind mRNA-Impfstoffe? Wann muss ich mich boostern lassen? Welches Risiko haben Schwangere? RP-Leser haben im Rahmen unserer Expertenaktion etliche Fragen zum Thema Impfung bei uns hinterlegt. Hier gibt’s die Antworten.
Viele Menschen sind nun schon mehrfach geimpft und fühlen sich trotzdem unsicher. Andere zweifeln grundsätzlich an den Impfstoffen. Ihnen bieten wir mit unserer Expertenaktion ein Forum. Die zahllosen Fragen, die eintrafen, haben wir gebündelt sechs Experten vorgelegt. Hier sind die Antworten.
Jürgen Herzog fragt: „Zunächst einmal möchte ich betonen, dass ich kein Impfgegner bin und auch schon die dritte Impfung erhalten habe. Jetzt bin ich aber im Internet auf einen Bericht gestoßen, wonach es erwiesen sein soll, dass bei Geimpften die Immunzellen sich langsam selbst zu zerstören beginnen. Ich kann leider nicht beurteilen, ob es sich hier um Fake-News handelt, und möchte daher fragen, wie sicher die Impfstoffe sind.“
Bernd Randerath Die Aussage, dass die Corona- Impfung langfristig das Immunsystem zerstört, wurde in einem Blog verbreitet. Hierbei handelt es sich um eine Fehlinterpretation eines Wochenberichtes der U.K. Health Security Agency. Man hatte bei infizierten Geimpften (also bei sogenannten Impfdurchbrüchen) geringere Antikörpermengen gefunden als bei Ungeimpften, die infiziert und erkrankt waren. Laut der Agentur war das jedoch zu erwarten. Die niedrigere Antikörperzahl deutet auf mildere Verläufe der Erkrankung bei den Geimpften hin. Bei diesen milderen Verläufen werden auch geringere Antikörpermengen ausgebildet. Dies hat in keiner Weise etwas mit einer Zerstörung des Immunsystems zu tun. Es handelt sich somit um eine falsche Auslegung wissenschaftlicher Ergebnisse.
Frank Friedländer fragt: „Ich habe mich nach einer Corona-Infektion im April 2020 vier Mal nach jeweils sechs Monaten auf Antikörper in einem anerkannten Labor testen lassen. Die Antikörper schwankten zwischen 9,7 im Mai 2020, 72,7 im November 2020, 26,8 im Mai 2021 und 241,03 am 17.11. 2021. Die Antikörper sind kontinuierlich gestiegen. Laut Gesundheitsamt (es verweist auf das Infektionsschutzgesetz) erhalte ich den Genesenen-Status nicht, weil ich vom April 2020 keinen positiven Coronatest vorlegen kann. Nun wird mir angeboten, mich nur ein einziges Mal impfen zu lassen. Dann würde ich als Geimpfter gelten. Soll sich jemand impfen lassen, dessen Immunsystem durch die Bildung von Antikörpern gut auf die Corona-Viren reagiert?“
Jörg Timm Grundsätzlich hat die Antikörperdiagnostik gegen Sars-CoV-2 einige Unsicherheiten, sodass für den Genesenen-Status ein positiver direkter Erregernachweis gefordert wird. Da insbesondere in der Anfangszeit der Pandemie die Antikörpertests nicht gut standardisiert waren und unterschiedliche Testsysteme zur Verfügung stehen, ist es schwierig, einen Verlauf der Antikörper zu bewerten. Die angegebenen Werte liegen nach den aktuellen Teststandards in einem negativen oder eher niedrigen Bereich, das hängt von dem eingesetzten Test ab. Es ist mittlerweile gut dokumentiert, dass die Immunität nach Infektion und nach Impfung wieder abnimmt. Dazu gibt es sehr gute Erkenntnisse aus Untersuchungen der Immunantwort, aber auch aus Untersuchungen der Häufigkeit und dem Verlauf von Infektionen nach Impfung oder vorangegangenen Infektionen. Aus diesen Daten lässt sich ableiten, dass der Fragesteller auf jeden Fall von einer Impfung profitieren wird, da die Immunität deutlich verstärkt wird. Gerade mit Blick auf die Omikron-Variante ist das für eine Schutzwirkung sehr wichtig.
Alexander Bornscheuer fragt: „Ich wurde am 11. April 2021 mit Astrazeneca zum ersten Mal geimpft. Kurz vor der für den 11. Juli 2021 geplanten Zweitimpfung wurde ich am 2. Juli 2021 positiv getestet, und zwar mit der Delta- Variante. Seit dem Erhalt des Genesenen-Nachweises vom 16. Juli 2021 gelte ich somit als einmal geimpft und einmal genesen. Ich möchte mich nun ein zweites Mal impfen lassen. Welche Impfempfehlung könnten Sie mir geben?“
Günter Müsken fragt: „Im November, zwei Tage vor dem geplanten Booster-Impftermin, wurde bei mir mit PCR-Test trotz doppelter Impfung eine Corona-Infektion nachgewiesen. Von daher wurde ich nicht geboostert. Wann soll ich mich um die dritte Impfung bemühen? Oder soll ich warten, bis ein veränderter Impfstoff zur Verfügung steht?“
Melanie Friese Die Stiko sagt: „Personen, die nach Covid-19-Impfung (unabhängig von der Anzahl der Impfstoffdosen) eine Sars-CoV-2-Infektion durchgemacht haben, sollen im Abstand von mindestens drei Monaten nach Infektion ebenfalls eine Auffrischimpfung erhalten.“ Diese ist sicherlich auch in Anbetracht der aktuell bedeutsamer werdenden Omikron-Variante des Coronavirus unbedingt empfehlenswert. Die Booster-Impfung stößt sowohl die Antikörperproduktion als auch die Immunantwort über die T-Gedächtniszellen an. Diese Zellen spielen eine wesentliche Rolle bei der Verhinderung schwerer Verläufe und einer Krankenhausbehandlung.
Julius Wacker fragt: „Ich habe gelesen, dass auch der geplante Totimpfstoff von Novavax gar kein Totimpfstoff ist, sondern ein rekombinanter Proteinimpfstoff. Was bedeutet das?“
Jörg Timm Mit dem Begriff „Lebendimpfstoff“ werden Impfstoffe bezeichnet, bei denen abgeschwächte Erreger für die Immunisierung eingesetzt werden. Diese Impferreger verursachen eine Infektion, die im Vergleich zum Originalerreger deutlich milder verläuft und anschließend eine Immunität gegen den Originalerreger hinterlassen. Es sind nur wenige „Lebendimpfstoffe“ im Einsatz, Beispiele sind Impfstoffe gegen Masern oder Gelbfieber. Da „Lebendimpfstoffe“ bei bestimmten Formen einer Immunschwäche oder Schwangerschaft nicht eingesetzt werden dürfen, ist die Abgrenzung wichtig. Alle übrigen Impfstoffe werden üblicherweise als „Totimpfstoffe“ bezeichnet, da diese keine Infektion auslösen.
Der Begriff leitete sich ursprünglich davon ab, dass die Erreger im Impfstoff „abgetötet“ oder inaktiviert wurden (etwa bei der Impfung gegen Kinderlähmung). Mittlerweile werden für viele Impfstoffe nur noch einzelne Komponenten oder Proteine der Erreger verwendet, die für den Aufbau einer schützenden Immunantwort wichtig sind. Beispiele sind hier Impfstoffe gegen Hepatitis B oder Meningokokken. Ähnlich ist es bei dem Impfstoff gegen Sars-CoV-2 von Novavax. Er beinhaltet nur das Spik-Protein von Sars-CoV-2, das „rekombinant“ hergestellt wurde und nicht vermehrungsfähig ist. Es gehört damit eher in die Gruppe der „Totimpfstoffe“, auch wenn der Impfstoff keinen vollständigen inaktivierten Erreger enthält.
Dietrich Fischer fragt: „Ich habe von einer israelischen Studie gelesen, die besagt, dass bei älteren Menschen nach drei Monaten nur noch ein Schutz zu unter 30 Prozent besteht. Darum wird dort nun eine zweite Boosterung durchgeführt. Wie sieht es bei uns aus? Herr Lauterbach sprach auch davon, dass eine vierte Impfung notwendig werden könnte. Meine Frau und ich, beide über 80 Jahre jung, haben am 3. Oktober unsere Auffrischungsimpfung erhalten. Können wir uns jetzt wieder boostern lassen? Wir würden es gern machen.“
Christoph Dahlmanns Dank des frühzeitigen und breiten Einsatzes des Biontech-Impfstoffs in Israel lagen hier bereits schnell umfangreiche Daten zur Effektivität der Impfung vor. Als sich im Laufe des Jahres 2021 nach zwei Impfungen eine nachlassende Schutzwirkung und der erneute Anstieg der Delta-Variante in Israel zeigten, folgte daraufhin die Empfehlung zur dritten, der sogenannten Booster-Impfung. Hierbei konnten zwei große Studien zeigen, dass die dritte Impfdosis (Booster) die Rate an Infektionen sowie schweren Erkrankungen und Todesfällen durch Covid-19 signifikant reduzieren konnte.
Die Kernaussage hierbei ist, dass bei über einer Million beobachteter Personen die Mortalität von über 50-jährigen durch die Booster-Impfung um 90 Prozent gesunken ist. Eine zweite Studie konnte auch für jüngere Altersgruppen einen deutlichen Schutz vor Infektionen und schweren Verläufen zeigen.
Die jetzt in Israel vorgestellte Studie zur zweiten Booster-Impfung mit dem Impfstoff von Biontech zeigte zwar, dass sie sicher und effektiv ist in Bezug auf den deutlichen Anstieg von Antikörpern, dieser Anstieg aber nach kurzer Zeit wieder auf den Stand nach der dritten Impfung falle.
Die Studienleitung teilte mit, dass aufgrund dieser Umstände eine zweite Booster-Impfung aktuell nicht für alle Personengruppen zu empfehlen sei, wies aber nochmal auf die Wichtigkeit der Booster-Impfung generell hin. Insgesamt werden zu diesem Sachverhalt sicherlich noch mehr Informationen auszuwerten sein, insbesondere bei zunehmender Dominanz der Omikron-Variante.
Aus diesen vorläufigen Beobachtungen eine generelle Empfehlung für eine zweite Booster-Impfung zu geben, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht zulässig und sinnvoll. In Einzelfällen kann sicher bei stark immunsupprimierten (abwehrgeschwächten) Menschen nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt eine zweite Booster Impfung in Erwägung gezogen werden.
Barbara Vossenberg fragt: „Ich (67) wurde im Frühjahr zwei Mal mit Astrazeneca geimpft und habe Anfang Dezember die Booster-Impfung mit Moderna erhalten. Wie hoch ist der Impfschutz bei der Kombination mit Astrazeneca einzuschätzen, da dieser Impfstoff inzwischen zumindest aus den Medien verschwunden scheint?“
Dirk Graf Um Aussagen zum Impfschutz von Kombinationen aus verschiedenen Impfstoffen zu treffen, müssen zunächst die Impfziele klar definiert werden – ob man also den Schutz vor der Infektion mit Sars-CoV-2 oder den Schutz vor einer symptomatischen oder gar einer schweren Erkrankung betrachtet. Auch muss man bei der Effizienz der Impfungen Patienten-bezogene Faktoren wie Begleiterkrankungen oder aber Virus-spezifische Faktoren wie die aktuell zirkulierende Virusvariante berücksichtigen. Man kann aber davon ausgehen, dass die Grundimmunisierung mit der zweimaligen Gabe von Astrazeneca gefolgt von einer Boosterung mit dem mRNA-Impfstoff Moderna einen sehr hohen Schutz vor schweren Erkrankungsfällen unabhängig von der Art der Virusvariante bedingt. Aufgrund aktueller wissenschaftlicher Daten erzeugt eine Kombination dieser zwei unterschiedlichen Impfstoffkonzepte sogar besonders gute Immunantworten hinsichtlich der Antikörpertiter und auch der zellulären Immunantwort.
Bernd Klapheck fragt: „Ich bin im Juni einmal mit Johnson/Johnson geimpft worden, gelte als vollständig geimpft und habe mich vorsichtshalber schon Mitte Oktober mit Biontech impfen lassen. Bin ich mit diesen zwei Impfungen geboostert, oder brauche ich noch eine dritte Impfung?“
Bernd Randerath Der Leser hat bisher alles richtig gemacht. Die Grundimmunisierung besteht in NRW aus einer Dosis des Vakzins von Johnson und Johnson sowie nach Abstand von vier Wochen mit einem mRNA-Impfstoff. Der eigentliche Booster erfolgt dann sechs Monate nach dieser Grundimmunisierung erneut mit einem mRNA-Impfstoff. Je nach Zeitpunkt dieser erforderlichen Auffrischung könnte diese optimalerweise auch schon an die Omikron-Variante angepasst sein, was aber zurzeit noch nicht abgesehen werden kann.
Nicole Aretz fragt: „Ich bin am 19. September 2021 geboostert worden. Wann brauche ich eine vierte Impfung? Ich arbeite in einem Kinder- und Jugendhospiz.“
Melanie Friese Niemand kann bisher sicher sagen, wann und wie viele Impfungen in Zukunft notwendig werden. Noch liegen nicht genügend Daten vor. Man wird erst in den kommenden Wochen ausreichend Informationen dazu haben, wie lange und wie gut der Impfschutz nach der dritten Impfung hält.
Von vielen Impfungen weiß man, dass Impfschutz nach einer dritten Impfung oftmals langfristig hält. Die Hepatitis-A und -B-Impfung hält nach drei Impfungen meist über Jahrzehnte. Bei anderen Impfungen sind Auffrischungen häufiger erforderlich (etwa jährlich bei der Grippe-Impfung, alle drei bis fünf Jahre für die FSME (Zecken)-Impfung.
Zudem ist derzeit auch noch unklar, welche Bedeutung Corona-Virusvarianten in der Gesamtsituation haben. Impfexperten gehen mehrheitlich davon aus, dass insbesondere ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen und vermutlich auch Beschäftigte im Umgang mit sogenannten vulnerablen Gruppen auch in Zukunft Auffrischimpfungen benötigen werden.
Zudem ist es durchaus wahrscheinlich, dass eine an Virusvarianten angepasste Booster-Impfung für alle Menschen empfohlen wird.
Den exakten Zeitpunkt für eine eventuelle vierte Impfung kann zurzeit leider niemand nennen.
Sandra Neukirch fragt: „Der Kinderarzt sagt, ich kann meinen Sohn (16) nicht boostern lassen. Seine zweite Impfung war am 10. September. Ist es bei Jugendlichen nicht sinnvoll?“
Michael Pelzer Die Aussage war richtig, ist aber mittlerweile überholt. Boosterungen werden mittlerweile bereits ab zwölf Jahren empfohlen.
Jeanette Porath fragt: „Ich wurde im März 2021 mit Astrazeneca geimpft (erste Impfung), im Juni 2021 mit Biontech (zweite Impfung) und hatte am 8. September 2021 einen positiven PCR-Test (Delta-Variante). Der Verlauf war nicht milde, ich hatte aber Glück und musste nicht ins Krankenhaus. Ich hatte aber lange mit der Infektion zu kämpfen. Am 26. November wurden im MRT eine Herzmuskelentzündung und Herzbeutelentzündung festgestellt. Müsste ich mich boostern lassen? Oder ist meine Covid-Erkrankung mein Booster? Darf man sich mit einer Herzmuskelentzündung und Herzbeutelentzündung boostern lassen? Wann müsste ich mich boostern lassen?“
Christoph Dahlmanns Hierbei muss man unterscheiden, ob eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) oder aber Herzbeutelentzündung (Perikarditis) als sehr seltene Komplikation einer Impfung mit einem mRNA-Impfstoff entstanden ist (das Risiko liegt hier bei eins bis fünf Fällen auf 100.000 Impfungen) oder ob diese Entzündung die Folge einer Coronavirus-Infektion ist.
Ist die Impfung als Ursache für die Herzentzündung anzusehen, ist nach der aktuellen Stiko-Empfehlung von einer weiteren Impfung abzusehen. Ist die Myokarditis allerdings Folge einer Corona-Erkrankung (wie im hier vorliegenden Fall), sollte nach eingehender kardiologischer Untersuchung bei fehlenden klinischen Symptomen und Entzündungszeichen sowie guter Pumpfunktion des Herzens eine Booster-Impfung mit dem Impfstoff von Biontech frühestens nach drei Monaten in Erwägung gezogen werden.
Auch wenn Impfungen und natürliche Infektionen im Immunsystem ähnliche Reaktionen hervorrufen, ist nach der aktuellen Stiko-Empfehlung die Booster-Impfung nicht automatisch mit einer Covid-Infektion gleichzusetzen.
Personen, die nach der Covid-Impfung (unabhängig von der Anzahl der Impfungen) eine Infektion durchgemacht haben, sollten im Abstand von mindestens drei Monaten eine Auffrischungsimpfung (Booster) erhalten.
Horst Eltermann fragt: „Ich habe großes Misstrauen gegen Impfstoffe. Mir scheint das alles sehr unausgereift und schnell, ohne lange Studien, übers Knie gebrochen. Ein Totimpfstoff käme mir noch am ehesten in den Körper. Aber wirkt der auch wahrscheinlich gegen alle Varianten und Mutanten?“
Jörg Timm Eine gewisse Vorsicht bei dem Einsatz neuer Medikamente oder Impfstofftechnologien kann ich erstmal nachvollziehen. Die neu entwickelten mRNA-Impfstoffe gehören allerdings auch eher in die Gruppe der „Totimpfstoffe“, da hier keine vermehrungsfähigen Erreger geimpft werden. Grundsätzlich waren die Anforderungen an die Datenlage zur Sicherheit und Wirksamkeit vor der Zulassung der Impfstoffe gegen Sars-CoV-2 die gleichen wie bei anderen Impfstoffen. Nach der Zulassung eines Impfstoffs wurden Impfreaktionen und Impfkomplikationen weiter engmaschig beobachtet und ausgewertet. Dabei konnten auch seltene Komplikationen der Impfung wie bestimmte Arten einer Thrombose bei den sogenannten Vektor-Impfstoffen oder eine Herzmuskelentzündung bei den mRNA-Impfstoffen gefunden und die Häufigkeit bewertet werden.
Mittlerweile gibt es weltweit Erfahrungen mit mehr als acht Milliarden Impfungen gegen SARS-CoV-2. Diese Daten fließen bei den Empfehlungen zu den Impfungen in die Nutzen-Risiko-Bewertung ein. Aus diesen praktischen Erfahrungen und aus theoretischen Überlegungen zur Stabilität der mRNA und Immunität erscheinen spätere Komplikationen Jahre nach einer Impfung mit einem mRNA-Impfstoff ausgeschlossen.
Genaue Daten zur Wirksamkeit der aktuell bei der EMA geprüften „Totimpfstoffe“ (Proteinimpfstoff von Novavax und Inaktiviertes Virus von Valneva) gegen die neue Omikron-Variante liegen noch nicht vor. Die Daten aus anderen Ländern mit diesen Impfstofftechnologien lassen aber vermuten, dass die Schutzwirkung gegen Omikron wahrscheinlich geringer ist als bei den mRNA-Impfstoffen.
Mechtild Orgas fragt: „Ich bin 68 Jahre, am 26. Mai 2021 zum zweiten Mal mit Biontech geimpft. Am 20. November hatte ich einen positiven PCR-Test auf Corona. Symptome: Starker ununterbrochenen Reizhusten und Fieber. Ich möchte mir gerne meine Booster-Impfung geben lassen, und zwar so schnell wie möglich. Ist das jetzt, nach der Infektion im November, schon sinnvoll? Oder sogar empfehlenswert?“
Bernd Randerath Die durchgemachte Infektion nach kompletter Grundimmunisierung ist bei der Leserin trotz der geschilderten Symptome ja leicht verlaufen, was sicherlich ihrem Impfstatus zu verdanken ist. Gleichzeitig ist diese Infektion eine starke Boosterung gewesen, so dass eine erneute Impfung als Booster zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll ist. Sie sollte die wahrscheinlich erforderliche weitere Impfung mit an Omikron angepasstem Impfstoff im Frühjahr abwarten. Bis dahin besteht sicherlich ein guter Schutz gegen einen erneuten schweren Verlauf.
Marlis Schlichting fragt: „Ich bin Mitte Januar und Ende Februar 2020 zwei Mal gegen Covid 19 geimpft worden und hatte Mitte September einen Impfdurchbruch. Wann soll ich mich boostern lassen?“
Dirk Graf In diesem Fall sollte im Abstand von mindestens drei Monaten zur vorangegangenen Infektion mit einem mRNA-Impfstoff geboostert werden. Während bei einem Alter unter 30 Jahren ausschließlich Biontech empfohlen wird, sind für Ältere sowohl Biontech als auch Moderna gleichermaßen für die Auffrischimpfung geeignet.
Margret Nitsch fragt: „Freunde von mir klagten nach den Impfungen über Kopf- und Gliederschmerzen sowie Fieber, ich hatte bisher nach keiner Impfung irgendwelche Beschwerden. Meine Bekannten sagen, dass meine geringe Reaktion zeige, dass die Impfung bei mir nicht richtig wirken würde. Ist das so?“
Jörg Timm Impfreaktionen kommen durchaus nach einer Impfung vor und sind Ausdruck der Immunreaktion. Das bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass das Ausbleiben dieser Reaktion eine fehlende Wirksamkeit der Impfung anzeigt. Die Ausprägung der individuellen Impfreaktion ist sehr unterschiedlich und korreliert kaum mit der Stärke der Immunantwort.
Angela Gunkel fragt: „Mich interessiert, wie der Impfschutz derjenigen weiterhin gewährleistet werden kann, die bereits im September 2021 ihre Booster-Impfung erhalten haben. Wenn der Impfschutz tatsächlich nur wenige Monate anhält, dann sind diese Menschen ja in der derzeitigen Situation wieder besonders gefährdet. Hierbei handelt es sich ja meistens um Menschen im hohen Alter.“
Michael Pelzer Der Impfschutz lässt im Laufe der Monate nach. Eine zweite Boosterung wird aktuell (Stand Anfang Januar 2022) nicht von der Stiko empfohlen. Je nach Datenlage kann sich das aber kurzfristig ändern.
Stefan Genenger fragt: „Wenn jemand mit Biontech, Moderna oder Astrazeneca geimpft wurde, verträgt sich der neue Impfstoff Nuvaxovid von der Firma Novavax mit diesen anderen?“
Bernd Randerath Da es den neuen „Totimpfstoff“ Nuvaxovid von Novavax erst seit kurzem gibt und die Europäische Arzneimittelbehörde die bedingte Zulassung erst am 20. Dezember 2021 erteilt hat, fehlen natürlich noch größere Daten für diese Kombinationen. Eine englische Studie ergab jedoch eine gute Wirksamkeit aller untersuchten Kombinationen, bei denen auch Nuvaxovid einbezogen worden war. Der Totimpfstoff Nuvaxovid hat ein ähnliches Nebenwirkungsspektrum (Schmerzen, Rötung und Schwellung an der Einstichstelle, Müdigkeit, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen) wie die anderen bekannten Coronaimpfstoffe. Diese resultieren beim Impfstoff von Novavax jedoch meistens aus der erforderlichen Zugabe von Verstärkersubstanzen (sogenannten Adjuvantien), die erforderlich sind, weil der Proteinanteil im Totimpfstoff das Immunsystem nicht stark genug anregt. Ich gehe davon aus, dass aber eine Kreuzimpfung (heterologe Impfung) möglich sein wird. Endgültige Erfahrungen bleiben aber abzuwarten.
Sandra Wenzel-Mancke fragt: „Wie verhält sich die Impfung auf die Milchproduktion der Mutter? Hat sie möglicherweise Auswirkungen auf das Neugeborene?“
Melanie Friese Alle wissenschaftlichen Daten sprechen für die Sicherheit und Wirksamkeit der mRNA-Impfstoffe in der Schwangerschaft und Stillzeit. Die Impfstoffe gehen nicht oder nur in winziger Menge in die Muttermilch über. Falls winzige Anteile tatsächlich in der Muttermilch auftreten sollten, dann werden sie vermutlich durch Enzyme in der Muttermilch selbst oder im Magen-Darm-Trakt des Säuglings zerstört. Eine Stillpause nach der Impfung ist nicht erforderlich.
Nach der Impfung der Mutter konnten auch in der Muttermilch schützende Antikörper gegen Sars-Cov-2 gefunden werden. Es ist möglich, dass diese Antikörper die Abwehrkraft des Säuglings gegen eine Infektion erhöhen. Diese Frage gilt es in Studien noch zu klären.
Es gibt einzelne Berichte zu einer leicht verminderten Milchproduktion in den ersten 72 Stunden nach der Impfung der stillenden Mutter; die Milchmenge hat sich aber in allen Fällen wieder normalisiert.
Bei den Säuglingen trat durch die Impfung der Mutter keine bedeutsame Nebenwirkung auf, einzelne Fälle von Reizbarkeit und Schlafstörungen wurden berichtet.
Inge Flesser fragt: „Was ist mit denjenigen, die große Angst vor Spritzen haben? Gibt es für sie eine Alternative?“
Michael Pelzer Nein. Bringen Sie es zügig hinter sich.
Ernst Ingenhoven fragt: „Welche Allergien könnten bei einer Impfung Probleme bereiten?“
Christoph Dahlmanns Nach der bisherigen Datenlage ist ein generell erhöhtes Risiko für schwerwiegende unerwünschte Nebenwirkungen bei Menschen mit bekannten allergischen Erkrankungen bei Impfungen mit mRNA-Impfstoffen nicht anzunehmen.
Ausnahme ist die sehr seltene Allergie gegen einen Inhaltsstoff des jeweiligen Impfstoffs (etwa Polyethylenglykol-Unverträglichkeit). Gab es bereits eine schwere allergische Reaktion nach einer Impfung oder eine Überempfindlichkeit gegen einen Inhaltsstoff, sollte eine Testung in einem allergologischen Zentrum vor der Impfung erfolgen.
Besteht weiterhin eine generalisierte Urtikaria (Nesselsucht) oder aber eine Mastozytose, sollte die Impfung unter erhöhter Notfallbereitschaft mit 30-minütiger Nachbeobachtung gegebenenfalls in einer Klinik erfolgen.
Bei Asthma, Heuschnupfen, Neurodermitis, Nahrungsmittel-Allergie oder Wespen- und Bienengiftallergie sowie anderen Allergien sollte der impfende Arzt darauf hingewiesen werden, so dass eine Beobachtungszeit von mindestens 15 Minuten mit entsprechender Bereitschaft zur Medikamentengabe eingehalten wird.
Generell gelten diese Allergien allerdings nicht als Kontraindikation für eine Impfung.
Julia Finneisen fragt: „Warum wird nicht vor jeder Impfung ein Corona-Test gemacht?“
Jörg Timm In den Corona-Tests wird nach dem Erreger in den Atemwegen gesucht. Der positive Nachweis des Erregers zeigt eine Infektion an. Wie bei anderen viralen Atemwegsinfektionen auch wird der Erreger üblicherweise nach einigen Tagen oder wenigen Wochen vollständig aus dem Körper eliminiert. Das Testergebnis ist also immer nur eine Momentaufnahme und erlaubt keine Aussagen über abgelaufene Infektionen in der Vergangenheit. Dazu sind Antikörpertests aus dem Blut erforderlich, die in der Regel auch nach abgelaufener Infektion positiv sind. Die Höhe der Antikörper nach Infektion oder nach Impfung korreliert zwar mit einer Schutzwirkung gegen Covid-19.
Allerdings gibt es bei der individuellen Bewertung der Antikörperspiegel und deren Schutzwirkung erhebliche Unsicherheiten, da zahlreiche weitere Faktoren wie die Art und Dauer der Exposition, Virusvarianten, das Lebensalter, Vorerkrankungen, die T-Zellimmunität und viele andere das Infektionsrisiko und den Erkrankungsverlauf beeinflussen. Daher gibt es auch keinen definierten Grenzwert für die Antikörper, ab dem man sicher geschützt ist.
Eine Bestimmung der Antikörperspiegel als Grundlage für eine Impfentscheidung ist daher in der Regel nicht sinnvoll. In besonderen Einzelfällen kann eine Bestimmung der Antikörper sinnvoll sein, wenn es zum Beispiel medizinische Gründe gibt, die für eine verminderte Immunantwort sprechen und eine Prüfung des Impferfolgs und möglicherweise eine vorzeitige Nachimpfung notwendig sind.
Renate Kuhle-Emden fragt: „Man hört kaum noch etwas von schweren Nebenwirkungen der Impfstoffe? Gibt es sie nicht mehr, oder werden sie verschwiegen?“
Dirk Graf Grundsätzlich gilt, dass das Auftreten schwerer Nebenwirkungen nach Impfungen gegen Covid-19 sehr selten ist und die in Deutschland zugelassenen Sars-CoV-2 Impfstoffe als sehr sicher einzustufen sind. Natürlich gibt es Einzelberichte in der Presse über schwere Nebenwirkungen der Impfstoffe wie allergische Reaktionen, Herzmuskelentzündungen, Thrombosen und seltene Nervenschädigungen. Das für die Sicherheit der Covid-Impfstoffe verantwortliche Paul-Ehrlich-Institut veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Sicherheitsbewertungen zu den Covid-19-Impfstoffen. Die Datenbasis stellen hier mehr als 120 Millionen bereits in Deutschland durchgeführte Impfungen dar.
Weltweit wurden bereits 9,3 Milliarden Impfstoffdosen verabreicht. Aufgrund der inzwischen vorliegenden Daten zeigt sich jedoch klar, dass bei einer Infektion mit Sars-CoV-2 jene Komplikationen sogar mit deutlicher höherer Wahrscheinlichkeit auftreten als nach einer Impfung gegen Sars-CoV-2.