Nach Erkrankung eines Probanden AstraZeneca setzt Test von Corona-Impfstoff aus

London/Washington · Der experimentelle Impfstoff galt bisher als einer der vielversprechendsten Kandidaten auf der Suche nach einem wirksamen Vakzin gegen das Coronavirus. Der Hersteller stoppt nun die dritte Testphase. Ein Proband ist offenbar erkrankt.

 Der Hauptsitz des Pharamkonzerns AstraZeneca in Sydney - der Impfstoff der multinationalen Firma galt bisher als vielversprechender Kandidat.

Der Hauptsitz des Pharamkonzerns AstraZeneca in Sydney - der Impfstoff der multinationalen Firma galt bisher als vielversprechender Kandidat.

Foto: dpa/Dan Himbrechts

Der Pharmakonzern AstraZeneca hat die klinische Studie für einen möglichen Corona-Impfstoff gestoppt, nachdem bei einem Teilnehmer gesundheitliche Probleme aufgetreten sind. Das sei eine Routinemaßnahme für solche Fälle, teilte das britisch-schwedische Unternehmen in der Nacht mit. „In großen Versuchsreihen treten Erkrankungen zufällig auf, müssen aber von unabhängiger Seite untersucht werden, um das gründlich zu überprüfen.“

Die Nebenwirkung solle nun zügig überprüft werden, um die Auswirkungen auf den Zulassungsprozess des Vakzins möglichst gering zu halten, so der Hersteller. Es müsse festgestellt werden, ob die gesundheitlichen Probleme vom Impfstoff ausgelöst wurden. Während des Stopps sollen keine weiteren Studienteilnehmer geimpft und bisher geimpfte Personen weiterhin beobachtet werden.

Bei den nicht näher genannten gesundheitlichen Problemen handele es sich um einen Einzelfall, hieß es seitens des Unternehmens. Der Impfstoff befindet sich derzeit in der dritten und abschließenden Studien-Phase mit mehreren zehntausend Teilnehmern und galt als einer der vielversprechendsten Kandidaten auf der Suche nach einem Vakzin. Die Europäische Union hatte sich Ende August das Recht zum Kauf von bis zu 400 Millionen Dosen eines möglichen Impfstoffs von AstraZeneca gesichert.

Erkrankt sei ein Proband in Großbritannien, hieß es zunächst auf der Nachrichtenwebsite STAT. Ein Sprecher von AstraZeneca bestätigte später den vorübergehenden Teststopp in den USA und anderen Ländern. Im August hatte der Pharma-Riese begonnen, 30.000 Probanden in Amerika für seine größte Studie an dem Impfstoffkandidaten zu rekrutieren. Getestet wird das von der Universität Oxford produzierte Vakzin auch an Tausenden Menschen in Großbritannien, kleinere Studien gibt es in Brasilien und Südafrika.

AstraZeneca und acht weitere Pharma- und Biotech-Unternehmen Kostenpflichtiger Inhalt hatten erst am Dienstag versichert, dass sie bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs keine Kompromisse bei der Sicherheit machen werden. Dieser ungewöhnliche Schritt folgte mit Blick auf Bedenken, dass es vor allem in den USA politischen Druck auf eine Eil-Zulassung erster Impfstoffe vor der Präsidentenwahl am 3. November geben könnte. US-Präsident Donald Trump verspricht fast täglich, dass es bis zum Jahresende oder möglicherweise schon bis zur Wahl einen Impfstoff geben werde.

Groß angelegte letzte Testphasen laufen derzeit auch für zwei weitere Impfstoffkandidaten: einer wird von Moderna Inc. hergestellt, der andere vom Mainzer Biopharma-Unternehmen Biontech und dessen US-Partner Pfizer. Diese zwei Impfstoffaspiranten wirken anders als das Mittel von AstraZeneca.

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat unterdessen die Erprobung eines möglichen Impfstoffs gegen das neuartige Coronavirus an Probanden in Deutschland genehmigt. Das Institut teilte am Dienstag mit, die Firma Janssen-Cilag aus Neuss könne mit dem Start von Tests der sogenannten zweiten Phase beginnen.

In der ersten Phase wird ein mögliches Serum nur an einer kleinen Gruppe Freiwilliger getestet. In der zweiten Phase werden diese Tests auf eine größere Zahl von Probanden - oft mehrere hundert - ausgeweitet. Das im hessischen Langen ansässige PEI ist für die Genehmigung klinischer Prüfungen sowie die Bewertung und Zulassung von Impfstoffen zuständig. Bei dem Impfstoffkandidaten von Janssen-Cilag handelt es sich nach Angaben des PEI um einen sogenannten Vektor-Impfstoff. Dabei wird ein für den Menschen ungefährliches Virus derart verändert, dass es eine Infektion mit dem Coronavirus verhindert.

(juju/dpa/AP/rts)
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