Wegen steigender Impfquote Hunderte Teststellen in NRW schließen

Düsseldorf · Geimpfte brauchen nirgendwo mehr Tests vorzulegen. Deswegen bricht den Testzentren die Nachfrage weg. Die Drogeriekette DM gibt ihr Angebot auf. Das NRW-Gesundheitsministerium erwartet eine weitere Marktbereinigung. Die Apotheken warnen, die Tests kostenpflichtig zu machen.

 So wie bei dem geben viele Teststellen auf.

So wie bei dem geben viele Teststellen auf.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die Tage der flächendeckenden Bürgerteststellen sind gezählt. Nach der neuen Corona-Schutzverordnung für NRW, die am Freitag in Kraft tritt, müssen vollständig Geimpfte und Genesene nirgends mehr einen Corona-Test vorlegen – auch nicht in der Disco, bei Hochzeiten oder beim Besuch im Pflegeheim, wie der Sprecher von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) betonte. Den Testzentren bricht die Nachfrage weg. Ab dem 11. Oktober sollen zudem bundesweit Schnelltests, die bisher für Bürger gratis waren, kostenpflichtig werden. So hatten es die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten beschlossen. „Die weitgehende Kostenpflicht wird zusammen mit der steigenden Impfquote sicher zu einem erheblichen Nachfragerückgang und nach den Gesetzen des Marktes zu einer gewissen Angebotsbereinigung führen“, sagt Laumanns Sprecher.

Die Drogeriekette DM etwa schließt Ende September ihre bundesweit 200 Testzentren – „im Zuge sinkender Nachfrage und auf Basis der Entscheidung von Bund und Ländern“, wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilte. Sollte die Politik wieder mehr Bedarf für solche Tests sehen, stehe man gerne zur Unterstützung bereit, erklärte DM-Geschäftsführer Christian Harms.

In NRW sind laut Ministerium derzeit 8127 Teststellen registriert. Zum Vergleich: Im Mai waren es noch 9064. Viele Hundert haben schon aufgegeben, auch weil die Vergütung durch den Staat sank. Und womöglich sind es noch mehr: „Gerade bei den Arztpraxen können wir auch nicht ausschließen, dass einige ihr Testangebot einstellen, ohne sich abzumelden“, so das Ministerium. Allein im Kreis Viersen ist das Angebot auf 145 Teststellen geschrumpft: In den vergangenen Wochen haben 18 ihr Bürgertest-Angebot vorläufig ausgesetzt, 19 haben sich endgültig abgemeldet, so eine Sprecherin des Kreises.

Der Apothekerverband Nordrhein warnt vor einer weiteren Ausdünnung: „Ich halte die Entscheidung der Politik, im Oktober die Tests nicht mehr zu bezahlen, für falsch und verfrüht. Jetzt dünnt sich die Teststruktur bereits aus – viel zu früh“, sagte Verbandschef Thomas Preis. Das Nachsehen hätten Bürger, die noch dringend Tests benötigen: „Zahlreiche Menschen warten noch auf ihre zweite Impfung. Und im Oktober könnten wir schon in einer erneuten Pandemiewelle stecken, die Testen dringend nötig machen kann.“ 

Der Verband geht davon aus, dass die Schnelltests künftig etwa 20 Euro kosten. Bevor die Tests im März kostenlos geworden waren, hatten die Preise bei Hausärzten und Apotheken bei 15 bis 30 Euro gelegen. Laumann will die Preisbildung dem Markt überlassen. Das Bundesgesundheitsministerium wollte sich nicht äußern: Die Testverordnung werde erarbeitet, Details stünden noch nicht fest, erklärte eine Sprecherin von Jens Spahn (CDU).

„Dadurch, dass sich manche Familien die Tests nicht mehr leisten werden können, geht auch ein Stück weit die Sicherheit für die verloren, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können oder bei denen der Impfschutz nicht so hoch ist – den hochbetagten Mitbürgern“, mahnte Preis. Heute ließen sich viele komplett Geimpfte vor dem Besuch der Großeltern sicherheitshalber noch einmal testen. „Bei den jetzt schon festzustellenden Infektionsdurchbrüchen mit der aggressiven Delta-Variante ist das ja auch vernünftig“, so Preis. Viele Apotheken wollen daher auch Teststelle bleiben: „Wir gehen davon aus, dass die allermeisten Apotheken ihr Testangebot beibehalten. Für Apotheken ist das Testen in erster Linie eine heilberufliche Aufgabe und kein Geschäftsmodell.“

Laumanns Ministerium teilt die Bedenken nicht: „Wir liegen in NRW seit jeher deutlich über den Zahlen, die für ein flächendeckendes Angebot erforderlich wären. Da es weiter Testpflichten und auch für bestimmte Personengruppen ja Testfinanzierungen geben wird, gehen wir davon aus, dass der Markt auch nach dem 11. Oktober weiter ein bedarfsgerechtes Angebot vorhalten wird“, so der Sprecher. Personen, die wie Kinder unter zwölf Jahren noch gar nicht geimpft werden können, sollen weiterhin einen Gratistest machen können.

(anh/gw)
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