Leserfrage zum Coronavirus Wie sicher ist ein Impfstoff, der jetzt mit großer Eile entwickelt wird?

Düsseldorf · Wir beantworten die häufigsten Leserfragen zur Coronavirus-Pandemie. Dieses Mal geht es um die Sicherheit eines möglichen Impfstoffs gegen den Erreger, der unter Zeitdruck auf den Markt gebracht wird.

 Eine Frau erhält eine Spritze mit einem Impfstoff (Symbolfoto).

Eine Frau erhält eine Spritze mit einem Impfstoff (Symbolfoto).

Foto: dpa/Seth Wenig

Mehrere Leser haben uns gefragt: Ist ein Impfstoff, der jetzt mit großer Eile entwickelt wird, wirklich sicher, oder werden die Bürger hier zu Versuchskaninchen?

Hier die Antwort: Die Erforschung und Entwicklung eines Impfstoffs ist für gewöhnlich ein langjähriger Prozess. In der Regel vergehen 15 Jahre, bis ein Vakzin fertiggestellt ist und in großem Stil produziert werden kann. Da verwundert es manchen, dass ein Impfstoff gegen das neue Coronavirus bereits in einem Jahr fertig sein soll. Dazu vorweg: Auch das ist nicht gesichert. Nur wenn alle Tests zufriedenstellend verlaufen, hätten wir in einem Jahr einen Impfstoff, sagen Forscher. Auf dem Weg dorthin kann es zu Rückschlägen kommen.

Dass es im Moment vergleichsweise schnell geht, liegt vor allem daran, dass die Forschung von bisherigen Untersuchungen zu Coronaviren profitiert. Denn auch bei den Krankheiten Sars und Mers, die beide durch ein Coronavirus ausgelöst werden, gab es schon Versuche, einen Impfstoff herzustellen. Die Erreger wurden bereits aufgeschlüsselt, was nun bei der Erforschung des Coronavirus Sars-CoV-2 hilft. Die Wissenschaftler müssen also nicht bei null anfangen. Damals gelang es nicht, einen Impfstoff zu produzieren, denn letztlich fehlte der Bedarf. Sars und Mers verbreiteten sich viel langsamer als Covid-19 derzeit. Die Krankheiten waren schneller unter Kontrolle, und ein Impfstoff war nicht mehr notwendig. Bei Covid-19 ist das anders. Ohne einen Impfstoff werde das Virus nicht mehr verschwinden, sagen Experten der Weltgesundheitsorganisation.

Im Moment laufen rund 140 Forschungsprojekte, die sich mit einem Corona-Impfstoff beschäftigen. Viele Pharmaunternehmen haben dank der bisherigen Erfahrungen bereits einen potenziellen Impfstoff gefunden und erproben diesen gerade an Freiwilligen. Neben den herkömmlichen sogenannten Impfstoffplattformen – Lebend- und Totimpfstoff – setzen manche Firmen auf einen genbasierten Impfstoff, der vergleichsweise rasch hergestellt werden könnte. Diese Impfstoffe enthalten ausgewählte Gene des Virus. Sie sollen nach der Injektion im Körper die Bildung von ungefährlichen Virusproteinen hervorrufen, die dann wiederum wie bei einem konventionellen Impfstoff den Aufbau des Immunschutzes bewirken. Bislang ist jedoch kein genbasierter Impfstoff beim Menschen zugelassen.

Unabhängig von der Plattform müssen die Impfstoffkandidaten zunächst im Labor und dann in Tierversuchen erprobt werden. Danach geht es in die klinische Studie, die aus drei Phasen besteht. In Phase eins wird der Impfstoff einer kleinen Gruppe von Gesunden verabreicht. Dabei wird untersucht, wie sich das Mittel im Körper verhält und ob dabei keine akuten Nebenwirkungen auftreten. Denn ein Impfstoff, der zwar gegen einen bestimmten Erreger wirkt, aber schwere Begleiterscheinungen hervorruft, erhält am Ende keine Zulassung durch die Arzneimittelbehörden. Erst wenn Phase eins erfolgreich ist, beginnt Phase zwei. Nun erhält eine größere Zahl an Personen aus Risikogruppen den Impfstoff. Also zum Beispiel Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen.

In Phase drei wird eine repräsentative Gruppe von Freiwilligen geimpft. Wirksamkeit, Sicherheit und Dosierung der Impfung werden hier bestätigt. Erst wenn all diese Tests erfolgreich bestanden sind, kann der eigentliche Zulassungsantrag gestellt werden. Dieser wird über die landeseigenen Behörden – in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) – der europäischen Arzneimittelagentur Ema in Amsterdam vorgelegt. Diese entscheidet in Absprache mit den Länderbehörden, ob der jeweilige Impfstoff eine Zulassung bekommt. Die endgültige Freigabe muss in Europa die EU-Kommission erteilen.

Wir alle werden also nicht zu Versuchskaninchen. Impfstoffe gelten als die sichersten Arzneimittel. Schwächen bei der Wirksamkeit und der Sicherheit werden in dem mehrstufigen Zulassungsprozess schnell entlarvt. Das ist im Übrigen auch im Interesse der Pharmaunternehmen. Denn ohne Zulassung können sie ihren Impfstoff nicht vermarkten.

Helfen Luftreiniger gegen das Virus? Müssen aus Kleinkinder Masken tragen? Was ist eigentlich Hintergrundimmunität? Weitere Leserfragen zum Coronavirus finden Sie hier.

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