Doppelter Regierungssitz Corona bremst Pendelverkehr zwischen Bonn und Berlin

Berlin · In den Ministerien gab es wegen der Pandemie bis zu 90 Prozent weniger Dienstreisen. Offensichtlich kann auch ohne oder mit deutlich weniger Flügen und Bahnreisen stabil regiert werden. Was bedeutet das für die Zukunft?

Das Bundesverteidigungsministerium hat seinen ersten Dienstsitz weiterhin in Bonn.

Das Bundesverteidigungsministerium hat seinen ersten Dienstsitz weiterhin in Bonn.

Foto: dpa/Oliver Berg

Corona – das bedeutete unter anderem: Nichts fliegt mehr. Auch keine Regierungsbediensteten zwischen Bonn und Berlin. 2019 kamen Beamte des Bundes noch auf knapp 20.000 „aufteilungsbedingte Dienst­reisen“ zwischen den beiden Regierungsstandorten; 2020 ist diese Zahl massiv gesunken. Allein im Finanzministerium sank die Zahl der Dienstreisen zwischen Berlin und Bonn im ersten Halbjahr um rund 90 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, wie das Haus mitteilte.

Der Bundeshaushalt wird durch die erzwungene Reisepause spürbar entlastet. Nach dem 2019 vorgelegten Teilungskostenbericht waren die Ausgaben für Dienstreisen zwischen Bonn und Berlin auf rund 6,7 Millionen Euro gestiegen (davon 3,4 Millionen Euro für Flüge), insgesamt knapp 1,4 Millionen Euro mehr als noch 2017 aufgelistet.

Nahezu völlig zum Erliegen kam der Bonn-Berlin-Verkehr zwischen März und Juli im Bundesumweltministerium. Flogen Beamte vergangenes Jahr in diesem Zeitraum 1377 Mal auf dieser Strecke, verbuchte die Reisestelle in den Corona-Monaten März bis Juli gerade noch 66 Flüge. Im April und Mai brauchte das Umweltministerium nicht einen einzigen Flug sowie im April nur eine einzige Bahnreise, um an beiden Standorten gut zu regieren oder zu verwalten. Die Zahl der Bahnfahrten ging ebenfalls deutlich zurück: von 656 auf 200. Ausgerechnet im Umweltministerium wird doppelt so viel geflogen wie Bahn gefahren.

Im Entwicklungsministerium ging die Zahl der Dienstreisen um gut 90 Prozent zurück; das Gesundheitsministerium reduzierte um mehr als 80 Prozent. Beim Verteidigungsministerium reduzierte seine Reisetätigkeit zwischen Mitte März und Ende Juli von 2654 Flügen mit Kosten von 352.000 Euro 2019 auf 394 Flüge für 19.700 Euro.

Corona zeigt also nicht zuletzt: Es kann auch ohne oder mit deutlich weniger Reisen stabil regiert werden. Vorsichtig äußert sich das Finanzministerium, ob nach der Corona-Auszeit Dienstreisen zwischen Bonn und Berlin weiter eingeschränkt werden könnten: „Hierzu kann noch keine Aussage getroffen werden“, heißt es. Verteidigungs-, Gesundheits-, Umwelt- und Entwicklungsministerium betonten, auf Dienstreisen werde man nicht komplett verzichten können – unter anderem, weil in Berlin Bundestag und Bundesrat ihren Sitz hätten.

Wenn der Reiseverkehr wieder Fahrt aufnehmen sollte, muss der Bund aber mit höheren Preisen bei Flügen rechnen. Denn: Der „Regierungs-Shuttle“ ist seit der Insolvenz von Air Berlin Geschichte. Für den Bund gibt es somit keine Sonderkonditionen bei Flugtickets mehr.

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