In Deutschland nachgewiesen Was über die neue Corona-Mischform Deltakron bekannt ist

Service | Düsseldorf · Die Weltgesundheitsorganisation hat die neue Variante Deltakron offiziell bestätigt. Sie vereint Eigenschaften ihrer beiden Vorgänger Delta und Omikron. Kann sie das Pandemie-Geschehen beeinflussen? Und wenn ja, wie?

 Das Coronavirus Sars-CoV-2 hat seine Wandelbarkeit während der Pandemie schon mehrfach bewiesen.

Das Coronavirus Sars-CoV-2 hat seine Wandelbarkeit während der Pandemie schon mehrfach bewiesen.

Foto: dpa/Niaid-Rml

Was ist Deltakron?

Deltakron ist ein neuer Mischtyp des Coronavirus. Er vereint genetische Bestandteile der Omikron B1-Variante (BA.1.1) und der vorher dominanten Delta-Variante (AY.4.2.2). Bereits vor Wochen sind solche Mischformen vereinzelt in Großbritannien, Frankreich und in den USA aufgetaucht. Jetzt wurde auch in Deutschland der erste Fall von Deltakron vom Robert-Koch-Institut bestätigt, berichtet der „Spiegel“. Inzwischen hat das französische Institut Pasteur in genetischen Analysen die Existenz eines solchen rekombinanten Virus bestätigt. Dies teilt die internationale Covid-Datenbank „Gisaid“ auf ihrer Webseite mit.

Wie können solche Mischformen entstehen?

Solche Rekombinanten oder Hybride sind in der Biologie nichts Ungewöhnliches. Sie können immer dann entstehen, wenn mehrere Varianten eines Virus parallel existieren. Dann kann es durchaus passieren, dass sich manche Menschen mit zwei Varianten gleichzeitig infizieren und auf diese Weise solche neuen Mischformen „produzieren“. Delta wurde zwar von Omikron verdrängt, war aber nie ganz verschwunden. Virologen wie etwa auch Christian Drosten von der Berliner Charité hatten bereits im Januar, als die ersten Mischformen auftauchten, vor solchen möglichen rekombinanten Viruslinien gewarnt.

Welche Eigenschaften hat Deltakron?

Eine neue Variante setzt sich nur durch, wenn sie gegenüber ihrem Vorgänger einen Vorteil hat. Aus Virensicht bedeutet das: Deltakron ist bestrebt, das Beste von beiden Vorgängern in sich zu vereinen. Also etwa die Fähigkeit zur Immunflucht (Omikron), hohe Ansteckungsraten und aggressivere Verläufe (Delta). Ob dies aber tatsächlich der Fall ist, dazu laufen bereits erste Studien. Natürlich ist die Datenlage insgesamt noch sehr dünn. In einem  Vorabdruck stellten französische Forscher erste Ergebnisse vor (sogenannte Preprints wurden noch nicht von unabhängiger Seite begutachtet). Darin erwähnt sind mindestens 18 solcher Virus-Rekombinanten. Drei davon untersuchten die Wissenschaftler näher mit einer Sequenzanalyse des Erbguts. Das Ergebnis: Nach ihrer Analyse bestehe Deltakron aus dem nahezu vollständigen Spike-Gen einer Omikron-Variante, der Rest entspreche größtenteils der Delta-Linie. Außerdem, so vermuten die Forscher, könnte bei Deltakron die virale Bindung an die Wirtszelle optimiert sein.

Ist Deltakron gefährlicher als ihre Vorgänger?

So ansteckend wie Omikron, so krankmachend wie Delta – aus Virensicht wäre dies das Optimum, aus medizinischer Sicht der „worst case“. Das Virus würde dann die Fähigkeit der Immunflucht mit einer hohen Vermehrungs- und Ansteckungsrate vereinen können. Die aktuellen Pandemie-Beobachtungen sprechen aber bisher nicht dafür, dass Deltakron aggressiver ist als seine Vorgänger. Seit dem Auftauchen erster Fälle Anfang des Jahres hat sich die neue Virus-Rekombinante nicht massiv weiterverbreitet: Sie zeigt aktuell keine Tendenzen, Omikron zu verdrängen. Dennoch ist Beobachtung geboten, mahnt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Vor allem die Gen-Sequenzierung ist weiterhin unerlässlich. Nur so lassen sich neue Varianten sicher und frühzeitig entdecken und ihre Verbreitungsmuster verfolgen.

Hilft die Impfung?

Die aktuellen Inzidenzen zeigen uns, dass die Corona-Impfung eine Infektion mit Sars-Cov-2 nicht verhindern kann. Selbst geboosterte Menschen erkranken in diesen Wochen an Covid-19. Das Wichtigste aber ist: Die allermeisten Erkrankten genesen in heimischer Quarantäne, schwere Verläufe sind unter geimpften Menschen äußerst selten. Dass dieser Effekt bei Deltakron ähnlich ist, davon gehen Experten derzeit aus. Denn die für die Immunantwort so wichtigen T-Zellen erkennen sowohl Omikron als auch Delta.

Ist man nach einer Infektion mit Omikron vor Deltakron geschützt?

Das lässt sich nicht mit Sicherheit beantworten. Sehr wahrscheinlich ist dies aber aus Expertensicht nicht. Denn schon heute ist klar: Man kann sich durchaus mehrfach mit dem Coronavirus anstecken. Tatsache ist, je länger eine Infektion zurückliegt, desto geringer wird der Immunschutz und umso wahrscheinlicher eine Neuinfektion, vor allem mit einer veränderten Virusvariante. Aktuell gibt es keine Hinweise darauf, dass dies bei Deltakron anders wäre.

Was bedeutet die neue Mischvariante für den weiteren Verlauf der Pandemie?

Das werden die kommenden Wochen zeigen. Die gute Nachricht ist: Bisher ist es bei Einzelfällen geblieben. Wäre Deltakron eine extrem aggressivere Variante, hätte sie sich seit dem Auftreten erster Fälle im Januar viel schneller verbreitet. Wie sich das Infektionsgeschehen aber entwickelt, ist ungewiss. Vor allem dann, wenn demnächst die Corona-Schutzmaßnahmen flächendeckend fallen sollten. Generell gilt: Hohe Infektionszahlen befördern das Auftreten von Mutationen. Dabei kann es auch immer wieder zur Vermischung von Virenerbgut kommen.  Darauf hoffen, dass weitere Mutationen sich automatisch immer weiter abschwächen, sollten wir nicht.

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