Reaktionen auf die Beschlüsse von Bund und Ländern Lob von den Kommunen, viel Kritik von Mittelstandsverbänden

Berlin · Die Beschlüsse von Bund und Ländern zur Aufrechterhaltung der Kontaktbeschränkungen bis mindestens zum 3. Mai sind von Kommunen und Politikern überwiegend begrüßt, von mittelständischen Wirtschaftsverbänden aber scharf kritisiert worden.

 Markus Söder (CSU,l-r), Ministerpräsident von Bayern, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, äußern sich bei einer Pressekonferenz nach ihrem Treffen am Mittwochabend.

Markus Söder (CSU,l-r), Ministerpräsident von Bayern, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, äußern sich bei einer Pressekonferenz nach ihrem Treffen am Mittwochabend.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

„Ich bin tief enttäuscht. Diese Entscheidung ist für unsere unter der Krise leidenden Unternehmer und ihre um den Arbeitsplatz fürchtenden Mitarbeiter eine kaum zu ertragende Nachricht“, sagte der Präsident des Verbandes Die Familienunternehmer, Reinhold von Eben-Worlée.

Der Einzelhandelsverband HDE kritisierte, dass ab Montag nur Geschäfte bis maximal 800 Quadratmetern Fläche öffnen dürfen. „Lockerungen der Ladenschließung dürfen sich nicht an Betriebsgrößen oder Verkaufsflächen festmachen. Die jetzt beschlossenen Vorgaben führen zu Wettbewerbsverzerrungen und Rechtsunsicherheiten“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Es gebe kein Sachargument für eine stufenweise Öffnung der Läden. Abstands- und Hygieneregeln könnten sowohl in kleinen als auch in großen Geschäften eingehalten werden.

Der Städtetag stellte sich dagegen hinter die Beschlüsse. „Es ist ein kluger Weg, Kontakte weiterhin zu beschränken und gleichzeitig Signale der Öffnung und Lockerung auszusenden“, sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung. „Bund und Länder machen damit deutlich, dass die Gesundheit der Menschen und besonders der Risikogruppen sehr hohe Priorität behalten muss“, sagte Leipzigs Oberbürgermeister. „Und sie nehmen die Erwartungen der Bevölkerung und der Wirtschaft ernst, erste Schritte zurück in die Normalität zu gehen. Das ist im Sinne der vielen Millionen Menschen, die in Städten leben“, sagte der SPD-Politiker. Es sei gut, dass man sich auf ein einheitliches Vorgehen verständigt habe. „Ein Flickenteppich von völlig unterschiedlichen Regelungen würde nur Verwirrung stiften“, sagte Jung. Bei Schulen und Kitas müssten Veränderungen vorbereitet werden. Dafür brauche es Vorlaufzeit.

 Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hielt sich mit Kritik zurück. „Es ist richtig, dass die Regierung jetzt nicht von heute auf morgen den Schalter wieder umlegt und die Einschränkungen aufhebt“, sagte sie.  „Die Regierung muss für eine deutlich bessere Infrastruktur für Tests, die Einführung einer freiwilligen Kontakt-App und für eine massenhafte Produktion von Schutzmasken sorgen“, forderte die Grünen-Politikerin. „Wirtschaftsminister Altmaier sollte hier in die Pötte kommen, damit unsere Industrie die Produktion hochfahren kann“, sagte Göring-Eckardt.

Viele Menschen mit geringen Einkommen gerieten in dieser Situation weiter in finanzielle Schwierigkeiten, weil sie ihre Kinder zu Hause betreuen müssten, so die Grünen-Poltikerin. „Für die Bedürftigsten, die Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket haben, schlagen wir einen Krisen-Zuschlag von 60 Euro für die Kinder vor, solange die Schulen und Kitas geschlossen sind“, forderte die Fraktionsvorsitzende.

Die Gewerkschaft der Polizei appellierte an die Ministerpräsidenten, nach der grundsätzlichen Verständigung mit der Bundeskanzlerin nicht zu unterschiedlichen Beschlüssen in den Ländern zu kommen. „Die Bewältigung dieser Krise darf kein Anlass sein, in einen politischen Wettbewerb einzutreten“, sagte der stellvertretende GdP-Vorsitzende Jörg Radek unserer Redaktion. Die Regelungen müssten für die Bürger nachvollziehbar sein. Deshalb dürfe es in einem Bundesland nicht mehr oder weniger Freiheitsbeschränkungen geben als in einem anderen. „Das Grundgesetz gilt in allen Bundesländern gleich“, unterstrich Radek. Wer durch unterschiedliche Vorgaben eine widersprüchliche Botschaft an die Bürger sende, erschwere die Arbeit der Polizei bei der Umsetzung der Beschlüsse.

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