Hotspot zur Beginn der Pandemie Weitere 50 Klagen gegen Österreich wegen Corona-Ausburch in Ischgl

Wien · In Folge eines Corona-Ausbruchs im Tiroler Skiort Ischgl trugen zahlreiche Urlauber das Virus in ihre Heimatländer. Es gibt bereits erste Klagen, doch die Behörden weisen alle Vorwürfe zurück. Der österreichische Verbraucherschutzverein legt nun rund 50 weitere Amtshaftungsklagen gegen die Republik Österreich vor.

 Zwei Wintersportler stehen am Pardatschgrat im Skigebiet von Ischgl (Archivfoto).

Zwei Wintersportler stehen am Pardatschgrat im Skigebiet von Ischgl (Archivfoto).

Foto: dpa/Felix Hörhager

„Die ersten mündlichen Verhandlungen vor Gericht erwarten wir im April“, sagte der Obmann des Vereins, Peter Kolba, am Donnerstag. Sammelklagen für Opfer ohne Rechtsschutzversicherung sollen im Frühjahr folgen. Erste Gespräche mit Prozessfinanzierern seien bereits geführt worden. „Ich rechne mit einem Millionenschaden für die Republik“, sagte Kolba.

Bevor die Klagen am Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien eingebracht werden, können in einem ersten Schritt Aufforderungsschreiben an die Finanzprokuratur gesendet werden. Die Behörde, die Anwalt und Berater der Republik ist, habe dann drei Monate Zeit zu entscheiden, ob die Ansprüche abgelehnt werden, erklärte Kolba. Erforderlich sei dies, weil die Klagen von Rechtsschutzversicherungen finanziert würden und diese großteils verlangen, dass es vor einer Klage eine außergerichtliche Aufforderung geben müsse. Kolba rechnet mit einer Ablehnung der Finanzprokuratur, die bisher alle Vorwürfe bestritten hat. Zudem habe es auf einen offenen Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz im September mit der Bitte um einen runden Tisch mit Opfervertretern bis heute keine Antwort gegeben. Der Obmann will nach der Stellungnahme der Finanzprokuratur die Klagen sofort bei Gericht einbringen.

In Ischgl, das auch „Ibiza der Alpen“ genannt wird, war es Anfang des Jahres mitten in der Skisaison zu einem Corona-Ausbruch gekommen. Hunderte Österreicher und Tausende ausländische Touristen infizierten vermutlich vor allem in überfüllten Apres-Ski-Bars. Urlaubsheimkehrer verbreiteten das Virus in ganz Europa. Die Tiroler Behörden weisen alle Vorwürfe zurück. Es sei angesichts der damaligen Erkenntnisse über das Virus angemessen gehandelt worden. Nach Ansicht des Vereins hätten die Verantwortlichen aber zu spät reagiert und möglicherweise dem Druck des Tourismussektors nachgegeben. Für Tirol ist der Winter-Tourismus eine wichtige Einnahmequelle.

Insgesamt hätten sich beim VSV bisher über 6000 Betroffene gemeldet, etwa 4000 davon aus Deutschland. Kolba rechnet mit weiteren Klagen. Dass sich bisher kaum Österreicher an den Verein gewandt haben, führt Kolba darauf zurück, dass sich heimische Rechtsschutzversicherungen oftmals auf eine Pandemieklausel berufen und eine Finanzierung von Klagen ablehnen. Das Handelsgericht habe diese Klausel aber für rechtswidrig erklärt.

(ahar/Reuters)
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