Überlastung der Labore durch Omikron Ärzte fordern Ende der PCR-Testpflicht

Düsseldorf · Erstmals haben sich am Mittwoch mehr als 100.000 Menschen an einem Tag infiziert. Die Labore kommen an ihre Grenzen. Klinik- und Heim-Personal soll Vorfahrt bekommen, so sieht es Lauterbachs neue Testverordnung vor. Ärzten und Apothekern in NRW reicht das nicht.

 Ein Mitarbeiter hält in einem Corona-Testlabor PCR-Teströhrchen in den Händen (Symbolfoto).

Ein Mitarbeiter hält in einem Corona-Testlabor PCR-Teströhrchen in den Händen (Symbolfoto).

Foto: dpa/Uwe Anspach

Die Corona-Pandemie erreicht einen neuen Höhepunkt: Erstmals infizierten sich binnen 24 Stunden mehr als 100.000 Menschen, so das Robert-Koch-Institut (RKI). Allein in NRW wurden 22.771 Neuinfektionen gemeldet. Wuppertal kommt auf eine Sieben-Tage-Inzidenz von 994 und steht kurz davor, als erste NRW-Stadt die Marke von 1000 Inzidenzen zu durchbrechen. „Wir werden noch höhere Fallzahlen bekommen“, erwartet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). „Ich glaube, dass wir den Höhepunkt der Welle wahrscheinlich Mitte Februar erreichen werden.“

Immer länger werden Wartezeiten für PCR-Tests. Im Medizinischen Versorgungszentrum für Labormedizin und Mikrobiologie Ruhr in Essen ist die Kapazitätsgrenze so gut wie erreicht. Täglich werden dort 1000 bis 1500 PCR-Tests ausgewertet. „Es ist wirklich fünf vor zwölf bei uns“, sagt der ärztliche Laborleiter Hugo Stiegler. Gearbeitet werde rund um die Uhr im Drei-Schicht-System. Neues Personal könne man nicht einstellen, weil der Markt leergefegt sei. „Da muss man irgendwann eine Linie ziehen und sagen, es macht keinen Sinn mehr weiterzutesten“, so Stiegler. „Wenn ein Schnelltest klar positiv ist, und es einen Kontakt gibt, dann muss das nicht mehr unbedingt durch einen PCR-Test bestätigt werden.“

Oliver Funken, Chef des Hausärzteverbands Nordrhein, fordert: „Die Teststrategie muss sich ändern, die Kapazitäten sind auf den Bereich auszurichten, der die vulnerablen und kritischen Infrastukturen betrifft.“ Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Frank Bergmann, mahnt, auch an die Praxen zu denken: „Um das ambulante Rückgrat weiter aufrecht erhalten zu können, müssen die niedergelassenen Ärzte zusammen mit ihren Teams daher unbedingt zum Kreis derjenigen gehören, die auch künftig prioritären Anspruch auf PCR-Tests haben.“

In den nächsten Tagen will Lauterbach die Testverordnung ändern. Danach sollen Labore PCR-Tests von Mitarbeitern aus Krankenhäusern, Pflegeheimen und Behinderten-Einrichtungen prioritär untersuchen: Angesichts drastisch zunehmender Infektionen sei es nötig, dass „eine vorrangige Befundung von Probenmaterial von Beschäftigten mit Kontakt zu besonders vulnerablen Personengruppen sichergestellt wird“, heißt es im Verordnungsentwurf. Die Beschäftigten sollen bei der Teststelle ihre Tätigkeit nachweisen, die meldet das dann ans Labor.

Ärzten und Apothekern in NRW geht das nicht weit genug: Es sollten nur noch symptomatische Patienten getestet werden, so Funken. Der Apothekerverband rät, bei Infizierten auch die Ergebnisse aus den Schnelltests noch besser zu nutzen: „Man sollte positive Testergebnisse der Bürgertest-Stellen, sofern sie von Apothekern oder Ärzten geleitet werden, auch nutzen, um eine Infektion beim Arbeitgeber anzuzeigen und nach überstandener Infektion als genesen zu gelten. Die meisten positiven Bürgertests werden zur Zeit mittels eines aufwendigen PCR-Tests nur noch einmal bestätigt“, sagt Verbandschef Thomas Preis. „Wir müssen bei der Teststrategie jetzt andere Wege gehen, um eine Überlastung der Labore zu vermeiden.“

Grundsätzlich könnten auch Apotheken PCR-Tests durchführen, so Preis. Das wurde per Bundesverordnung geregelt. Aber: „Die Hauptbelastung der Labore rührt von den vielen Tests in Schulen, Kindergärten und systemrelevanten Großbetrieben her.“ Hier könnten Apotheken nicht entscheidend zur Entlastung beitragen. Angesichts der Investitionen in die Geräte, die bis zu 10.000 Euro kosten, sei zudem die vom Gesetzgeber vorgesehene Vergütung von 30 Euro je Test bei weitem nicht ausreichend.

Immerhin ist die Lage in den Praxen beherrschbar. „Die augenblicklich wieder hohe Zahl Covid-Infizierter beschäftigt auch die Praxen im Rheinland. Aktuell liegen uns aber keine Hinweise vor, dass es im Land zu ambulanten Engpässen kommen würde“, so KV-Chef Bergmann. Neuer Druck beim Impfen kann aufkommen, weil Genesenen-Zertifikate nun schneller ablaufen. Seit Samstag gilt der Genesenen-Status nur noch für 28 bis 90 Tage nach einem positiven PCR-Test. Nachweise von Anfang Oktober sind damit abgelaufen. Betroffene brauchen damit eine weitere Impfung, um unter die 2G-Regel zu fallen oder als geboostert zu gelten.

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