Corona-Studie zu Kindern Christian Drosten und Experten wehren sich gegen „Bild“-Vorwürfe

Düsseldorf · Die „Bild“ zitiert in einem Artikel mit dem Titel „Fragwürdige Methoden: Drosten-Studie über ansteckende Kinder grob falsch“ mehrere Experten und Wissenschaftler. Doch die distanzieren sich von dem Bericht. Und auch Drosten selbst wehrt sich öffentlich.

 Virologe Christian Drosten.

Virologe Christian Drosten.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Unruhige Zeiten für Deutschlands bekanntesten Virologen: Christian Drosten befindet sich in einem öffentlichkeitswirksamen Streit mit der „Bild“. Denn die veröffentlichte am Montag einen Artikel mit dem Titel „Fragwürdige Methoden: Drosten-Studie über ansteckende Kinder grob falsch“. Die Verfasser kommen darin zu dem Schluss: „Star-Virologe Christian Drosten lag mit seiner wichtigsten Corona-Studie komplett daneben.“ Dagegen wehrt sich Drosten nun – und bekommt dabei Unterstützung von ausgerechnet den Männern, die im „Bild“-Bericht als Kronzeugen für die Vorwürfe präsentiert werden.

Zum Hintergrund:Kostenpflichtiger Inhalt Ende April hatte Drosten eine Untersuchung veröffentlicht, in der er zu dem Ergebnis gekommen war, dass Kinder bei der Verbreitung des Coronavirus genauso infektiös sein könnten wie Erwachsene. Deshalb warnten er und die Studien-Verfasser vor der unbegrenzten Wiedereröffnung von Schulen und Kindergärten.

Drosten schrieb schon vor der Veröffentlichung des Artikels bei Twitter, dass die „Bild“ eine „tendenziöse Berichterstattung“ über ihn und die Studie mit „Zitatfetzen von Wissenschaftlern ohne Zusammenhang“ plane. Dazu stellte er die Anfrage eines „Bild“-Redakteurs, in der mehrere Wissenschaftler zitiert wurden, die demnach Kritik an Drostens Studie übten.

Einer von ihnen ist Christoph Rothe von der Uni Mannheim. Ihn zitiert die „Bild“ mit dem Vorwurf, dass in der Drosten-Studie „sehr schwache statistische Methoden“ verwendet worden seien. Er schreibt dazu bei Twitter: „Niemand von Bild hat mit mir gesprochen, und ich distanziere mich ausdrücklich von dieser Art der Berichterstattung.“

Gleiches gilt für den Ökonom Jörg Stoye, der an der Cornell-Universität in Ithaca, USA, Statistik lehrt. Auch er taucht im „Bild“-Bericht auf, um die Vorwürfe gegen Drostens Forschungsweise zu untermauern. Stoye fühlt sich falsch zitiert, weil ein entscheidender Absatz am Ende seiner Aussage weggelassen wurde, wie er bei Twitter schreibt: „Ich betone, dass ich keine Absicht unterstelle.“ Außerdem stellt er klar: „Ich will nicht Teil einer Anti-Drosten-Kampagne sein. Ich stand und stehe in keinerlei Kontakt zur Bild.“

Und auch der dritte der vier Wissenschaftler, die im „Bild“-Bericht herangezogen werden, um die Vorwürfe zu bekräftigen, widerspricht nach der Veröffentlichung. So schreibt Dominik Liebl von der Uni Bonn bei Twitter: „Ich wusste nichts von der Anfrage der BILD und distanziere mich von dieser Art, Menschen unter Druck zu setzen auf das schärfste. Wir können uns mehr glücklich schätzen, Christian Drosten und sein Team im Wissenschaftsstandort Deutschland zu haben. They saved lifes!“

Derweil stellt auch der verantwortliche „Bild“-Redakteur seine Sichtweise auf die Diskussion bei Twitter klar: "Die „angeblichen Kritiker“ distanzieren sich von der BILD – das ist ihr gutes Recht. Aber sie bleiben bei ihrer Kritik an der Studie. Diese öffentlich geäußerte Kritik haben wir zitiert." Die „Bild“ behauptet also keineswegs, selbst mit den Wissenschaftlern gesprochen zu haben, sondern bezieht sich auf bereits veröffentlichte Texte der Experten.

Wie hoch die Wellen um die Berichterstattung über die Drosten-Studie derzeit schlagen, zeigt sich auch in den Top-Trends bei Twitter. Dort tauchen die Hashtags #Drosten und #IchhabeBessereszutun auf. Letzterer rührt daher, dass Drosten auf die Anfrage der „Bild“ zur Stellungnahme geschrieben hatte: „Ichhabe Besseres zu tun.“ Neben großer Unterstützung erntete Drosten bei Twitter aber auch Kritik, weil er die Kontaktdaten des Journalisten in dem Screenhot der Anfrage nicht unkenntlich gemacht hatte. Drosten löschte daraufhin den Tweet und postete den Screenshot - ohne sichtbare Kontaktdaten - erneut.

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