Im Pandemie-Fall Koalition will Bundestagswahl als reine Briefwahl ermöglichen

Berlin · Die große Koalition bereitet ein Gesetz für Notlagen vor – zum Beispiel Pandemien. Union und SPD sind sich einig, dass es möglich sein soll, die eigentliche Wahl ausschließlich per Brief durchzuführen. Aber was ist mit der Kandidatenaufstellung zuvor?

Union und SPD wollen die nächste Bundestagswahl coronafest machen. Zu diesem Zweck soll in ein laufendes Gesetzgebungsverfahren die Möglichkeit eingebracht werden, Bundestagswahlen künftig in Notlagen wie etwa Pandemien als reine Briefwahlen durchzuführen. Das bestätigten Innen- und Rechtsexperten von Union und SPD.

Noch Beratungsbedarf hat die Koalition bei der Frage, ob im Vorfeld auch die Kandidatenaufstellungen schon auf Briefwahlentscheidungen umgestellt werden können. Die SPD ist hier zurückhaltend und wünscht sich eine andere Lösung. „Es geht bei solchen Beratungen nichts über Präsenz“, sagte die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ute Vogt. Sie verwies auf örtliche Versammlungen, bei denen schon einmal sechs Kandidaten zur Auswahl stünden. Das alles mit schriftlichen Bewerbungen und Nachfragen bewerkstelligen zu wollen, sei doch sehr schwierig. Deshalb kann sich die SPD vorstellen, in Pandemie-Zeiten den Delegierten-Schlüssel so zu verringern, dass die Wahlversammlungen auch in kleinerer Besetzung beschlussfähig sind und die einzelnen Delegierten genügend Abstand zueinander halten können.

Auch CDU-Rechtsexperte Ansgar Heveling will aus diesem Grund den Verzicht auf physische Anwesenheit bei der Bewerberauswahl nur als „absolute Ausnahme“ zulassen. Generell sei es jedoch „sinnvoll, für Notfälle die Möglichkeit zu schaffen, dass Kandidatenaufstellungen und dann die eigentliche Bundestagswahl auch anders durchgeführt werden können als durch Präsenzveranstaltungen“.

Die Gesetzesänderung soll vor der zweiten Lesung in das laufende Verfahren über den Neuzuschnitt von Wahlkreisen eingebracht werden, der wegen örtlicher Zunahme oder Abnahme von Einwohnerzahlen nötig geworden ist. Die Beschlussfassung ist derzeit auf Geheiß der Fraktionschefs gestoppt worden, um bei einer Verständigung auf ein neues Wahlrecht eventuelle Neuzuschnitte der Wahlkreise noch unterbringen zu können.

Einig sind sich Union und SPD, für den Corona-Notfall die Bundestagswahl als reine Briefwahl zu ermöglichen. Auch für die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sind im kommenden Jahr entsprechende Regelungen nötig. Gleiches gilt schon für die nordrhein-westfälische Kommunalwahl in diesem September.

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