Pandemieschutz für Tiere Das Husten der Gorillas

San Diego · Nach ersten Covid-Fällen unter Gorillas in einem US-Zoo laufen die Bemühungen, Tiere vor einer Ansteckung zu schützen, weltweit auf Hochtouren. Die Schutzmaßnahmen ähneln denen für Menschen.

 Auch Tiere – wie hier Gorilla Richard im Prager Zoo – sind von Sars-CoV-2 bedroht.

Auch Tiere – wie hier Gorilla Richard im Prager Zoo – sind von Sars-CoV-2 bedroht.

Foto: dpa/Filip Singer

Das Husten der Gorillas war im Januar das erste Warnzeichen. Die Befürchtungen bestätigten sich schnell: Acht der Tiere im Zoo von San Diego wurden als erste Affen positiv auf das Coronavirus getestet. Nun bemühen sich Wissenschaftler und Tierärzte weltweit, Tiere vor dem Erreger zu schützen. Dabei gelten vielfach dieselben Regeln zur Eindämmung wie beim Menschen: Abstand, Gesundheitschecks und in manchen Fällen Impfungen.

Das 28-jährige Orang-Utan-Weibchen „Karen“ wurde im Zoo in San Diego am 26. Januar als erster Affe auf der Welt gegen Corona geimpft. Sie erhielt zwei Dosen eines Vakzins von Zoetis, einem Hersteller für Tierarzneimittel aus New Jersey, und zeigte keine Nebenwirkungen. Seitdem wurden in dem Tierpark vier weitere Orang-Utans sowie fünf Bonobos geimpft. Ein Bonobo und drei Gorillas erhielten im März ihre erste Impfung, die zweite soll im April folgen.

Der Ausbruch unter den Westlichen Flachlandgorillas stand in Zusammenhang mit einem infizierten Tierpfleger ohne Symptome. Von den acht infizierten Tieren erholten sich sieben nach leichten Erkältungssymptomen, ein älterer Silberrücken erkrankte allerdings an einer Lungenentzündung und musste mit Antibiotika und einer Antikörpertherapie behandelt werden.

Etwa drei Dutzend Zoos in den USA und im Ausland bestellten den Impfstoff von Zoetis. Dazu gehört der Tierpark im kalifornischen Oakland, der nach Angaben des leitenden Tierarztes Alex Herman 100 Dosen für seine Menschenaffen orderte. Das US-Landwirtschaftsministerium gab dem Pharmaunternehmen eine Zulassung auf Versuchsbasis für den Zoo in San Diego. Um das Vakzin auch an andere Tierparks liefern zu dürfen, braucht die Firma weitere Genehmigungen.

Das Coronavirus stammt nach Ansicht von Wissenschaftlern vermutlich von Fledermäusen und sprang dann über eine andere Spezies auf den Menschen über. Nun sorgen sich viele Forscher, dass Menschen unwissentlich andere empfängliche Arten anstecken könnten. „Derzeit sind Menschen die Hauptverbreitungsfaktoren von Sars-CoV-2, mit Konsequenzen für viele Tierarten“, erklärt der Krankheitsforscher Arinjay Banerjee von der McMaster-Universität in Kanada

Menschenaffen wie Gorillas, deren DNA zu 98 Prozent mit der menschlichen übereinstimmt, sind besonders anfällig. Ebenso Katzen. Zu den bislang bestätigten Corona-Fällen unter Tieren zählen Gorillas, Tiger und Löwen in Zoos, Hauskatzen und Hunde, Nerze in Zuchtfarmen sowie mindestens ein wilder Nerz im US-Staat Utah. In wissenschaftlichen Experimenten zeigte sich, dass auch Frettchen, Marderhunde und Weißwedelhirsche empfänglich sind, Schweine und Rinder hingegen nicht.

Das könne zu einem Artenschutzproblem werden, „vor allem, wenn das Virus anfinge, sich unter einer Wildtierart mit extrem reduzierter Population auszubreiten, wie dem Schwarzfußiltis“, erklärt Kate Langwig, Expertin für Infektionskrankheiten an der Universität Virgina Tech. Eine weitere Sorge besteht darin, dass eine Ausbreitung des Virus auf andere Arten zu neuen Varianten führen könnte. Das würde die Bemühungen von Gesundheitsbehörden zur Eindämmung der Pandemie erschweren.

In Dänemark hatten Mitarbeiter einer Nerzfarm unabsichtlich die Tiere angesteckt. Während der Ausbreitung unter den Nerzen mutierte das Virus – und Beschäftigte infizierten sich mit der neuen Variante. Die Regierung ordnete daraufhin die Tötung von Millionen Nerzen an. „Zu Mutationen kommt es, wenn es viele Krankheitsübertragungen zwischen Tieren gibt“, sagt Scott Weese, veterinärmedizinischer Mikrobiologie an der Tiermedizinischen Hochschule in Ontario.

Viele der empfohlenen Maßnahmen gegen ein Anstecken von Tieren klingen vertraut: das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, die Desinfektion von gemeinsam benutztem Equipment, regelmäßige medizinische Untersuchungen und Abstandhalten. Der Zoo in San Diego und sein weiter nördlich gelegener Safari-Park haben seit dem Corona-Ausbruch zudem mehr Belüftungsgeräte im Affenhaus installiert, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen sowohl Masken als auch Schutzschilde und halten sich kürzer als sonst drinnen mit den Tieren auf.

(AP)
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