Risiken, Zweitimpfung, Termin Was Sie zum Impf-Neustart wissen müssen
Düsseldorf · Das Impfen mit Astrazeneca läuft wieder an. Experten erklären, was der Warnhinweis für Frauen soll und warum die Impfung trotzdem gut ist. Karl Lauterbach erläutert, warum es bei Sputnik V einen Schönheitsfehler gibt.
19.03.2021
, 12:40 Uhr
Nachdem die EU-Arzneibehörde Ema am Donnerstag grünes Licht für den Astrazeneca-Impfstoff gegeben hat, geht das Impfen damit wieder los. Viele Impfzentren in NRW sind bereits am Freitag wieder gestartet. Wir beantworten hier die wichtigsten Fragen.
- Ist der Impfstoff denn nun sicher? Die Experten der Ema haben sich die Daten der Thrombose-Fälle zusammen mit Wissenschaftlern angesehen. Sie konnten keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Thrombose finden. Allerdings soll weiter geprüft werden, ob es für Frauen, die Verhütungsmittel nehmen und/oder rauchen, eine besondere Gefahr gibt. Rauchen und die Einnahme von Verhütungsmitteln sind per se schon mit einem gewissen Thrombose-Risiko verbunden. Nun soll weiter untersucht werden, ob sich die Risiken potenzieren. Allerdings betonte Ema-Chefin Emer Cooke auch bereits am Donnerstag: Das Risiko einer Covid-Infektion sei weit größer als möglich Risiken durch die Impfung mit Astrazeneca. Der Präsident des Paul Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, sagte: Bei den Thrombosen handele es sich um „sehr seltene Ereignisse“, und es ist klargestellt, „dass die Impfungen weiterhin ein positives Nutzen-Risiko-Profil tragen und weitergeimpft werden kann“.
- Was soll der geplante Warnhinweis? Künftig soll dem Impfstoff ein Warnhinweis beigegeben werden, der auf die Thrombosefälle hinweist. In die Aufklärungsbögen für Patienten solle schnellstmöglich das Risiko bei Frauen unter 55 Jahre eingefügt werden, kündigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an. Manche mutmaßen, bei diesem Beipackzettel ginge es dem Staat nur darum, Verantwortung abzuwälzen. Emer Cooke, die Chefin der EU-Arzneibehörde, hatte das Vorgehen aber so begründet: Es gehe darum, das Bewusstsein der Impflinge und des medizinischen Personals zu schärfen. Falls Symptome auftreten, wie etwa starke Kopfschmerzen oder punktförmige Einblutungen in der Haut, sollten die Betroffenen rasch reagieren können.
- Was ist, wenn es zu einer Thrombose kommt? Forscher der Uni Greifswald haben nachgewiesen, wie der Impfstoff von Astrazeneca in den Einzelfällen eine Hirnthrombose verursacht hat. So soll der Impfstoff im Körper einen Abwehrmechanismus ausgelöst haben, der die Blutplättchen aktiviert und verklumpen ließ. Die Forscher haben nach eigenen Angaben auch eine Therapie dagegen entwickelt. Eine Behandlung sei aber nur nach der Bildung eines Blutgerinnsels möglich, nicht vorsorglich.
- Wer wird denn nun geimpft? Wie bislang sollen Erzieher, Lehrer an Grund- und Förderschulen, Polizisten und Ordnungskräfte mit dem Vakzin des britischen Herstellers geimpft werden. „Wir werden genau da weitermachen, wo wir aufgehört haben: Astrazeneca wird den Berufsgruppen zur Verfügung gestellt, bei denen die Impfungen bereits angelaufen sind“, sagte NRW-Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). „Wir setzen jetzt alles daran, die abgesagten Impftermine schnell neu zu vergeben.“
- Was wird aus den Zweitimpfungen? 1,8 Millionen Deutsche habe eine Erstimpfung mit Astrazeneca erhalten. Da die zweite Dosis erst nach zwölf Wochen gegeben werden soll, haben die meisten den zweiten Impftermin noch vor sich. Die Termine sollen so, wie ursprünglich geplant, eingehalten werden. Mediziner raten dringend davon ab, auf die zweite Impfung aus Sorge vor Nebenwirkungen zu verzichten. Eine Impfung alleine schützt, aber nicht so gut. Zudem können bei dem Verzicht auf die zweite Impfung gefährliche Mutationen entstehen, die gegen eine Impfung resistent sind.
- Was wird aus den Impf-Terminen? Die Städte Essen und Düsseldorf impfen seit Freitag wieder. Das Impfzentrum von Düsseldorf teilte mit: „Die Betroffenen mit Terminen bis einschließlich Sonntag wurden bereits Donnerstagabend darüber informiert. Die rund 1400 ausgefallenen Impftermine vom Mittwoch können nächsten Dienstag, 23. März, nachgeholt werden, die Betroffenen werden über die hinterlegten Kontaktdaten informiert.“ Essen setzt seinen ursprünglichen Terminplan fort, ebenso die Stadt Münster. Alle vereinbarten Termine fänden wie geplant statt, teilte Münster mit. Impfungen, die wegen des viertägigen Stopps ausgefallen waren, könnten in der kommenden Woche am selben Wochentag zur selben Uhrzeit nachgeholt werden. Auch in den Kreisen Minden-Lübbecke und Viersen sind seit Freitag wieder alle bereits geplanten Impfungen möglich.
- Gibt es überhaupt genug Dosen von Astrazeneca? Der britische Hersteller hat anhaltend Lieferprobleme. Auch Deutschland ist davon betroffen. Deutschland rechne im zweiten Quartal etwa mit 15 Millionen Dosen von Astrazeneca, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. „Das sind zwei bis drei Millionen Dosen weniger, als wir eigentlich erwartet hatten.“ Die EU-Kommission hat nun ein förmliches Schreiben an den Pharmakonzern geschickt, um Druck zu machen.
- Wann beginnt das Impfen in den Hausarzt-Praxen? Astrazeneca soll auch in den Arztpraxen eingesetzt werden, da der Impfstoff einfach zu lagern ist. Spahn sagte, Mitte April wollen man mit dem Impfen in den Praxen beginnen. Aber das werde wegen der geringen Verfügbarkeit von Impfstoff nur langsam losgehen. „Die Praxen werden etwa eine Impfsprechstunde pro Woche anbieten können“, meinte Spahn. Im Mai werde es dann deutlich mehr Impfstoff geben. 50.000 Praxen in Deutschland wollen impfen, allein in Nordrhein sind es 6000 Praxen.
- Kann man jetzt nicht mit Sputnik impfen? Der Chef der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, hatte den russischen Impfstoff für „clever gebaut“ erklärt. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach betonte nun, die Veröffentlichung von Daten zu Sputnik V habe einen Schönheitsfehler: Die Daten zu den Nebenwirkungen seien auffallend gering. Das müsse man vor einer Zulassung genauer prüfen. Gleichwohl solle man sich Kontingente bei den Russen sichern, so Lauterbach. Spahn betonte, das Paul-Ehrlich-Institut sei der Berichterstatter in dem laufenden Zulassungsverfahren der Ema. Man werde den russischen Impfstoff genauso behandeln wie andere auch.