New York "Es ist der Hammer"

New York · Für ihre Rolle im WDR-Film "Unterm Radar" bekam Christiane Paul in New York den begehrten TV-Preis Emmy verliehen. Drei Trophäen gingen an Deutschland.

International Emmy Awards 2016: Diese Stars wurden ausgezeichnet
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Foto: dpa, jsl ay

Als deutscher Schauspieler für eine deutsche Produktion einen amerikanischen Preis zu gewinnen - einen Oscar oder Emmy -, das gilt in der Branche als Hauptgewinn. Nur wenige durften sich bisher in den USA eine der begehrten Trophäen abholen, seit gestern zählt auch die Berlinerin Christiane Paul dazu. Für ihre Rolle im WDR-Thriller "Unterm Radar" erhielt sie im Ballsaal des New Yorker Hilton Hotels den Emmy als beste Hauptdarstellerin und setzte sich gegen so hochkarätige Konkurrentinnen wie Judi Dench durch. "Es ist der Hammer", sagte die 42-Jährige nach der Preisübergabe sichtlich gerührt. "Das ist das Größte, was mir bis jetzt in meinem Leben passiert ist."

Doch nicht nur Paul, sondern auch zwei weitere deutsche Produktionen wurden ausgezeichnet - die RTL-Serie "Deutschland 83" und der Dokumentarfilm "Krieg der Lügen". Eine ungewöhnlich gute Ausbeute, nachdem heimische Produktionen bei der Vergabe der International Emmys im vergangenen Jahr noch leer ausgegangen waren. Zuletzt bekam der Dreiteiler "Unsere Mütter, unsere Väter" 2014 einen der begehrten TV-Preise zugesprochen. Dass sich der Wind nun gedreht hat, erklärt sich Produzent Jörg Winger mit einem "komplett veränderten" Deutschlandbild im Ausland. Zudem habe man versucht, "von den besten Fernsehnationen zu lernen", sagt Winger, der "Deutschland 83" produzierte.

Die beste Fernsehnation ist dabei wohl immer noch die USA - zumindest, wenn es um qualitativ hochwertige TV-Serien geht. In jedem Jahr entstehen dort rund 400 bis 500 neue Serien, viele davon erzählerisch wie filmtechnisch auf höchstem Niveau. Viele deutsche TV-Macher blicken bis heute jenseits des Atlantiks, um sich dort technische Tricks und Kniffe abzugucken, aber auch um zu lernen, wie sich die fast industriell anmutende Kunst des Drehbuchschreibens - meistens arbeitet in den USA ein Pool von Autoren an einer Serie, hierzulande wird meistens auf einen Autor gesetzt - auf Deutschland übertragen lässt.

Zunehmend aber interessieren sich die Amerikaner auch für deutsche Stoffe. "Krieg der Lügen" könnte bald in den USA gezeigt werden. "Wir haben noch keinen Sendeplatz, aber schauen mal, was passiert", sagte Produzent Paul Zischler. Als Regisseur Matthias Bittner und sein Team die Arbeit am Dokumentarfilm um die Vorgeschichte zum Irakkrieg 2003 vor rund fünf Jahren begannen, hätten sie sich diese Krönung wohl nicht erträumt. Der auf Festivals gefeierte Film war als Abschlusswerk an der Filmakademie in Ludwigsburg entstanden.

Selbst "Deutschland 83" erfährt eine Fortsetzung nur, weil das Streamingportal des US-Konzerns Amazon Interesse zeigte. Im Fernsehen floppte der Mehrteiler um einen zum Stasi-Spion gewordenen ostdeutschen Soldaten (Jonas Nay) in der DDR. Amazon hat sich das Erstausstrahlungsrecht der zweiten Staffel gesichert, die unter dem Namen "Deutschland 86" gesendet werden soll. Für Florian Stetter, der als bester Hauptdarsteller in der zugleich als beste Miniserie nominierten MDR-Produktion "Nackt unter Wölfen" im Rennen war, reichte es an diesem Abend nicht - er musste sich mit Dustin Hoffman, der für die britische Komödie "Roald Dahl's Esio Trot" im Rennen war, aber auch gegen ein künstlerisches Schwergewicht behaupten.

Für Christiane Paul ist die Auszeichnung der Höhepunkt ihrer Karriere. In "Unterm Radar" spielt sie eine Mutter und Richterin, die die Verwicklung ihrer Tochter in einen Terroranschlag nicht fassen kann. Ihre erste Hauptrolle übernahm die Berlinerin mit 17, im Film "Deutschfieber". Bis heute folgten mehr als 70 Produktionen. Parallel zur Schauspielerei studierte Paul, die aus einer Arzt-Familie stammt, Medizin, promovierte und arbeitete eine Zeitlang als Ärztin. In New York an ihrer Seite war Maria Schrader, die in "Deutschland 83" mitspielt. Sie lobte die Verleihung, weil Moderator Alan Cumming mit bissigem Humor für die Demokratie gekämpft habe. Im Ballsaal des Hilton Hotels hatte Donald Trump vor zwei Wochen seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl verkündet. Aber Schrader freute sich auch - über die "wahrscheinlich höchste Auszeichnung, die man als TV-Schauspielerin in Amerika bekommen kann".

(RP)
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