Mögliche Legalisierung in Deutschland „Einnahmen aus Cannabissteuer würden bei über einer Milliarde Euro liegen“

Düsseldorf · Kanada und die USA machen es vor: Dort ist Cannabis zum Freizeitgebrauch in weiten Teilen legalisiert. Sollte das auch in Deutschland kommen? In die Staatskasse würde es jedenfalls viel Geld spülen, sagt der Ökonom Justus Haucap.

Cannabis-Legalisierung weltweit – wo ist kiffen legal?
Infos

Cannabis-Legalisierung weltweit – wo ist kiffen legal?

Infos
Foto: content diller / shutterstock.com

Sie arbeiten derzeit an einer Studie für den Hanfverband. Worum geht es dabei?

Justus Haucap Es geht um die Frage, ob eine Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch finanzielle Vorteile für den Staat bringen würde. Wir untersuchen dabei vor allem zwei Aspekte: Erstens: eine mögliche Besteuerung von Cannabis. Zweitens: Einsparungen durch die Vermeidung unnötiger Kosten etwa durch Polizeieinsätze, Untersuchungen der Staatsanwaltschaft und von Gerichtsprozessen. Viele dieser Kosten würden dann ja wegfallen.

Wie berechnen Sie das?

Haucap Die größte Schwierigkeit liegt darin, den Verbrauch von Cannabis in Deutschland zu bestimmen. Es gibt ihn, aber weil er illegal ist, kann man ihn nicht genau benennen. Was es aber gibt, sind Daten dazu, wie viele Menschen wie häufig Cannabis rauchen. Diese Daten habe ich als Grundlage genommen, auch wenn man nicht weiß, wie viel sie konsumieren.

Justus Haucap ist Ökonom an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Justus Haucap ist Ökonom an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Foto: andreas Endermann

Und dann?

Haucap Dann habe ich geprüft, wie viel die Menschen etwa in Colorado, USA, konsumieren, seit Cannabis dort legal ist, und habe das auf Deutschland umgelegt. Heraus kommt ein Konsum von 250 Tonnen im Jahr. Wobei ich das noch für eine sehr vorsichtige Berechnung halte. Es gibt Berechnungen, die von der doppelten Menge Cannabiskonsum ausgehen.

Und was ergeben Ihre Berechnungen auf dieser Basis?

Haucap Die endgültigen Ergebnisse werde ich im November veröffentlichen. Aber die ersten Berechnungen zeigen schon, dass es tatsächlich um erhebliche Summe gehen wird. Allein die Einnahmen aus der Cannabissteuer würden bei über einer Milliarde Euro jährlich liegen. Eine Cannabissteuer bedeutet, dass der Staat an jedem legal verkauftem Gramm Cannabis mitverdient. Eine Besteuerung könnte bei 4 Euro je Gramm liegen. Wobei der Verkaufspreis ungefähr 10 Euro betragen würde. Das entspricht etwa dem Preis auf dem Schwarzmarkt.

Cannabis-Anbau – wie züchtet man Hanf legal?
Infos

Cannabis-Anbau – wie man Hanf züchtet und wann das legal ist

Infos
Foto: Peter Kim/ Shutterstock.com

Und auf wie viel könnte sich die Kostenersparnis aus der Strafverfolgung belaufen?

Haucap Die Kostenersparnis wäre vermutlich nicht so hoch wie in den USA. Aber wenn man alleine den Zeitaufwand in Geld umrechnet, kommt man leicht auf eine weitere Milliarde Euro. Außerdem dürften Arbeitsplätze im fünfstelligen Bereich entstehen. Das hilft nicht nur dem Arbeitsmarkt, sondern es generiert auch Lohn-, Einkommens- und Gewerbesteuer plus Zahlungen in die Sozialversicherung und Lizenzabgaben.

Wie kommt es, dass Sie sich als Ökonom mit diesem Thema beschäftigen?

Haucap Unter Ökonomen ist es längst klar, dass Cannabis legalisiert werden sollte. Da gibt es keine Kontroversen. Das liegt zum einen daran, dass es Geld in die Kassen bringt. Zum anderen sind die Gesundheitsschäden, die durch den illegalen Konsum entstehen höher, als die Folgen einer Cannabislegalisierung. Natürlich wird man den Konsum so nicht auf null reduzieren, aber das kann man durch Prohibition auch nicht. Das sieht man daran, dass in Deutschland immer mehr Menschen Cannabis konsumieren - trotz des Verbotes. Es muss darum gehen, Problemkonsum zu verhindern.

Was verstehen Sie unter Problemkonsum?

Haucap Es geht ja nicht darum, dass ein Alt-68er hier und da mal einen Joint raucht, oder darum, dass Menschen zu medizinischen Zwecken konsumieren. Es geht um Jugendliche, die sich bei irgendwelchen Dealern ihr Zeug besorgen und dann nicht wissen, was drin ist. Wenn die schon kiffen, wäre es besser, sie würden es in einem regulierten Umfeld tun. Die Zahlen in Colorado zum Beispiel zeigen, dass zwar die Gesamtzahl derer, die kiffen, wächst, unter den Jugendlichen werden es seit der Legalisierung jedoch immer weniger. Man muss also fragen, was ist weniger schlecht: Heimlich kiffen im stillen Kämmerlein mit irgendwelchem Zeug vom Dealer, oder legal kiffen mit Cannabis aus kontrolliertem Anbau und aus entsprechenden Geschäften? Ich gehe davon aus, dass sich zumindest die wirtschaftlichen Argumente für eine Legalisierung auch in Deutschland früher oder später durchsetzen werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort