Kabinett befasst sich mit Eckpunkten So soll die Cannabis-Freigabe ablaufen

Exklusiv | Berlin · Am Mittwoch soll das Bundeskabinett die Eckpunkte von Gesundheitsminister Karl Lauterbach für die Legalisierung von Cannabis in Deutschland verabschieden. Bis zur Umsetzung des Gesetzesvorhabens ist es aber noch ein langer Weg. So viel Eigenbedarf soll straffrei bleiben.

Eine Hanf-Pflanze (Symbolfoto).

Eine Hanf-Pflanze (Symbolfoto).

Foto: dpa/Oliver Berg

Das Bundeskabinett wird sich an diesem Mittwoch mit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland befassen. Die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit der Bundesregierung abgestimmten Eckpunkte sollen beschlossen und danach zu einem Gesetzentwurf ausgearbeitet werden. Das 19-seitige Papier, das unserer Redaktion vorliegt, sieht künftig einen straffreien Erwerb und Besitz „bis zu einer Höchstmenge von 20 bis 30 Gramm Genusscannabis“ zum Eigenkonsum vor. Hier ein Überblick der wichtigsten Inhalte des Plans.

„Die Eckpunkte treffen wesentliche Aussagen zur Einführung der im Koalitionsvertrag vereinbarten kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken“, heißt es in dem Papier. „Umfangreiche Maßnahmen zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes für Konsumentinnen und Konsumenten, des Kinder- und Jugendschutzes sowie zu Informations-, Beratungs-, und Präventionsangeboten werden adressiert.“

Durch eine staatlich kontrollierte Lieferkette sollen der Gesundheitsschutz gewährleistet und die organisierte Kriminalität sowie der Schwarzmarkt eingedämmt werden, heißt es darin weiter. Die gesellschaftlichen Auswirkungen des Gesetzes sollen nach vier Jahren evaluiert werden.

Vorgesehen ist den Eckpunkten zufolge, Produktion, Lieferung und Vertrieb von Cannabis „innerhalb eines lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmens“ zuzulassen. Eigenanbau zum Eigenkonsum soll in begrenztem Umfang gestattet sein und straffrei bleiben. Genannt werden „drei weibliche blühende Pflanzen pro volljähriger Person“.

Die kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken soll in behördlich zugelassenen und überwachten Geschäften, gegebenenfalls auch in Apotheken, erfolgen. „Die lizenzierten Geschäfte sind alleine auf den Verkauf und die Beratung im Hinblick auf Genusscannabis ausgerichtet; eine Verknüpfung mit dem Verkauf anderer Genussmittel wie Tabak und Alkohol findet nicht statt“, heißt es in dem Papier. Werbung für Cannabisprodukte werde untersagt.

Als Mindestaltersgrenze für Verkauf und Erwerb soll das 18. Lebensjahr festgelegt werden. Anders als in vorherigen Plänen erwogen, soll es keine Staffelung des THC-Gehalts nach Altersgruppen geben. Ab 18 Jahren soll den Eckpunkten zufolge also auch starkes Genusscannabis erhältlich sein. Aber: Wegen des erhöhten Risikos für cannabisbedingte Gehirnschädigungen in der Adoleszenz werde geprüft, ob für die Abgabe an Erwachsene bis zum 21. Lebensjahr eine Obergrenze für den berauschenden Wirkstoff THC festgelegt wird, heißt es im Papier.

Synthetisch hergestellte Cannabinoide sollen nicht zugelassen werden. „Erlaubt werden Darreichungsformen zum Rauchen, Inhalieren, zur nasalen und oralen Aufnahme in Form von Kapseln, Sprays und Tropfen“, heißt es in den Eckpunkten. „Eine Erweiterung auf sogenannte Edibles (andere Erzeugnisse als Lebensmittel, die zur oralen Aufnahme angeboten werden) wird spätestens im Rahmen der Evaluierung des Gesetzes geprüft.“

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Für Minderjährige sollen „die bisher strafrechtlich bewehrten Verhaltensweisen, insbesondere Anbau, Erwerb und Besitz von Genusscannabis weiterhin verboten“ bleiben. Jenseits der vorgesehenen Regelungen „machen sich Erwachsene wie Minderjährige weiterhin strafbar, unter anderem beim Handeltreiben und Inverkehrbringen ohne Lizenz unabhängig von der Menge sowie bei Erwerb, Besitz und Anbau oberhalb der jeweils erlaubten Mengen“. Die Eckpunkte sehen einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und Geldstrafe vor.

Zudem ist eine Tilgung laufender Strafverfahren geplant. „Mit Inkrafttreten der geplanten Neuregelung sollen laufende Ermittlungs- und Strafverfahren zu dann nicht mehr strafbaren Handlungen beendet werden“, heißt es in den Eckpunkten. Umsätze aus Verkäufen von Genusscannabis sollen der Umsatzsteuer unterliegen. Daneben ist die Einführung einer besonderen Verbrauchssteuer („Cannabissteuer“) vorgesehen.

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Die Kabinettsbefassung ist ein Zwischenschritt. Ein konkreter Gesetzentwurf soll erst kommen, wenn sich abzeichnet, dass es von der EU gegen die geplante Cannabis-Freigabe keine rechtlichen Einwände gibt. Dies ist jedoch unwahrscheinlich, bislang sind EU-Recht und Cannabis-Legalisierung nicht ohne weiteres vereinbar. An den bisher geplanten Regelungen kann sich im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zudem noch viel ändern.

Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, rechnete indes nicht mit einer schnellen Umsetzung eines Gesetzgebungsverfahrens. „Denn die größte Hürde bleibt nach wie vor das internationale und das EU-Recht“, sagte er. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) habe sich bereits eindeutig gegen die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken ausgesprochen und vor den gesundheitlichen Gefahren des Cannabiskonsums gewarnt. „Die Apotheken sehen sich bei der geplanten Cannabis-Legalisierung in einem heilberuflichen Konflikt.“ Auf der einen Seite seien Apotheken aufgrund ihrer fachlichen Expertise bestens geeignet, die notwendigen hohen Qualitätsstandards bei der Abgabe und Beratung zu erfüllen, sagte Preis. Und Apotheken seien flächendeckend vertreten. „Andererseits sind Apothekerinnen und Apotheker Heilberufler. Besonders kritisch wird auch eine mögliche Wettbewerbssituation mit rein kommerziellen Anbietern gesehen“, sagte er. „Mit der Abgabe von Cannabis haben wir schon seit 2017 sehr viel Erfahrung. Dabei versorgen wir aber Patienten aus therapeutischen Gründen gemäß einer ärztlichen Verordnung. Jetzt zweigleisig zu fahren und auch noch Cannabis zu Genusszwecken zu verkaufen, lehnen aktuell noch zahlreiche Apotheken ab“, sagte Preis.

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