Engländer mögen Boris Becker Britische Scheidungsdiagnose: Von den Neonazis zur Rapperin
London (dpa). Die Briten mögen Boris Becker (33). Hier, auf dem Rasen von Wimbledon, hat die internationale Karriere angefangen. Hier verfolgt man das Wohlergehen des blonden Deutschen immer mit viel Sympathie. Am Mittwoch noch schien alles so klar zu sein: "Nazis machen Beckers Ehe kaputt", wusste nicht nur das Boulevardblatt "The Sun" zu vermelden.
Am Donnerstag war alles anders: Den Analysen über ein feindseliges Heimatland folgen nun Spekulationen über höchst private Scheidungsgründe, die gerne mit einem Foto einer ziemlich entblößten Rapperin Sabrina Setlur (26) illustriert werden.
Auch am Donnerstag war die gescheiterte Becker-Ehe noch Stoff für zahlreiche Zeitungsartikel in einem Land, das sich rühmt, das Tennisspielen erfunden zu haben. Der "Express" etwa widmete dem Thema noch eine ganze Seite Drei und schiebt Becker ein Zitat zu: "Ich bin kein Mönch, aber ich bin nicht süchtig nach Sabrina."
Die Zeitung "The Times" verlor am Donnerstag kein Wort mehr, nachdem sie am Mittwoch fünfspaltig in einem Artikel dargelegt hatte, dass es sich hier nicht um eine einfache gescheiterte Ehe handele. "Es ist mehr als das. Für die Deutschen könnte das sehr wohl das Zeichen dafür sein, dass eine Mischehe zweier Rassen mit zu vielen kulturellen Problemen belastet ist", hatte es am Mittwoch geheißen. "Neonazi-Gangster" seien in Deutschland unterwegs, vor denen die Beckers nur durch ihr Geld bewahrt würden. Das Blatt schilderte dann ausführlich die Diskriminierung farbiger Deutscher im eigenen Land.
Auch der konservative "The Daily Telegraph" schwieg am Donnerstag. Am Vortag hatte das Blatt auf Seite Drei getitelt: "Becker und seine Frau trennen sich nach sieben Jahren Kampf gegen Rassismus." Ausführlich wurde geschildert, dass die Beckers "vom Vorurteil aus ihrem Münchner Haus ins Exil getrieben wurden, obwohl sie Amerika als ebenso intolerant erlebten wie ihre deutsche Heimat". Und: "Wegen des zunehmenden Neo-Nazismus mussten sie angesichts telefonischer Drohungen und rassistischer Schmähungen rund um die Uhr geschützt werden."
Für die konservative "The Sun" war am Mittwoch alles klar gewesen. "Eine neonazistische Hasskampagne hat die Ehe von Boris Becker mit seiner schwarzen Frau Barbara zerstört." Und weiter: "Das Paar trennte sich, weil Barbara Angst um die Sicherheit der Kinder hatte und verlangte, dass die Familie aus Deutschland wegzieht." Am Donnerstag las sich das anders: "Tennislegende Boris Becker verbrachte angeblich drei Tage, bevor er die Trennung von seiner Frau mitteilte, eine Nacht mit einer sexy Rapperin." Auch aus der "Sun", bekannt für die nackten Mädchen der Seite Drei, lächelt den Lesern eine offenherzige Sabrina Setlur entgegen.
Freilich hatten keineswegs alle britischen Zeitungen sich das Ende der Becker-Ehe nur mit Neonazis und Rassismus erklären können. Die "Daily Mail" beispielsweise hatte schon am Mittwoch über das "Rätsel um seine 'Affäre'" berichtet und dies mit einem Foto von Sabrina Setlur illustriert. Auch die Zeitung "Metro" wußte schon am Mittwoch über die Gerüchte, "Boom Boom Becker" habe sich angeblich anderweitig verliebt - einen Tag vor der "Sun". Jeder, der wollte, konnte es lesen: "Metro" wird kostenlos in der U-Bahn verteilt.