Drohungen gegen Richter Bonn - Landgericht im Ausnahmezustand
Bonn (dpa/lnw). Wegen Drohungen gegen Richter der 1. Großen Strafkammer ist das Bonner Landgericht am Donnerstag in den Ausnahmezustand versetzt worden. Nach Anordnung der Sicherheitsstufe 1 wurde das Justizgebäude von Polizeibeamten umzingelt und strenge Sicherheitskontrollen durchgeführt.
Die Kammer verhandelt seit dem vergangenen März in einem der größten Bonner Drogenprozesse gegen zwei mutmaßliche Mitglieder einer internationalen Rauschgiftorganisation.
In dem Verfahren müssen sich ein 37-jähriger türkischer Kaufmann und ein 50-jähriger Landsmann wegen Handels mit 700 Kilogramm Heroin im Marktwert von 21 Millionen Mark verantworten. Die Kammer nahm die Drohung jedoch ausgesprochen ernst und rechtfertige die Sicherheitsmaßnahmen mit der "Fürsorgepflicht gegenüber allen Prozessbeteiligten". Denn in der Vergangenheit seien bereits einige offenbar unbequeme Mitglieder der Drogenorganisation In der Türkei getötet worden, erklärte eine Sprecherin des Landgerichts. Zudem soll der 37-jährige Hauptangeklagte ein führendes Mitglied der Organisation sein.
Ende der 80er Jahre war der Kaufmann bereits wegen Drogenhandels zu lebenslanger Haft verurteilt worden. 1991 kam er auf freien Fuß und lebte seitdem in Deutschland. Der Mammutprozess, der im März 2000 eröffnet wurde, führte die Kammer bereits nach Holland und in die Türkei, wo zahlreiche in Haft sitzende Zeugen gehört wurden. Für das Verfahren sind weitere Verhandlungstage bis März 2001 angesetzt.