Berlin BKA: Drei tote Kinder pro Woche

Berlin · Jede Woche sterben in Deutschland im Schnitt drei Kinder durch Gewalt oder Vernachlässigung. Im vergangenen Jahr kamen auf diese Weise laut Bundeskriminalamt (BKA) 146 Kinder unter 14 Jahren ums Leben, 114 waren sogar jünger als sechs Jahre. Zwar ist die Opferzahl auf dem niedrigsten Stand der vergangenen zehn Jahre. Dennoch ist die polizeiliche Kriminalstatistik alarmierend.

Der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, fordert, dass die Kommunen in die Prävention investieren. Erst am Sonntagmittag fand eine 24-jährige Mutter im Kreis Tuttlingen, die ihre drei Kinder die ganze Nacht allein gelassen hatte, ihre fast zweijährige Tochter leblos in der verwahrlosten Wohnung. "Ich will nicht garantieren, dass dieser Fall nicht passiert wäre, wenn man präventiv eingegriffen hätte", sagt Hilgers. "Aber wenn man die Familie besucht hätte, wäre es vielleicht möglich gewesen, ihr zu helfen."

Dabei beruft sich Hilgers auf das von ihm initiierte "Dormagener Modell". Das sieht nach der Geburt eines Kindes den Besuch eines Sozialarbeiters vor, der ein Babybegrüßungspaket überreicht und sich einen Eindruck von der Familie verschafft. Da vielen Kommunen für solche Aktionen aber das Geld fehlt, fordert die Koblenzer Pädagogik-Professorin Kathinka Beckmann, Jugendämter finanziell besser auszustatten. "Das Budget richtete sich manchmal nicht danach, was Kinder brauchen, sondern danach, was die kommunale Haushaltslage hergeben kann."

Aber auch Verwandte und Nachbarn seien aufgefordert, Fälle von Gewalt zu melden. So stieg die Zahl der sexuellen Gewalt an unter 14-Jährigen im zweiten Jahr in Folge von 14 304 (2009) auf 15 212. "Dort ist aber die Frage, ob die Fälle zugenommen haben, oder ob mehr Opfer und Bekannte Anzeige erstattet haben", sagt Hilgers. Um das zu prüfen, habe die Bundesregierung Forscher damit beauftragt, die Dunkelziffer zu ermitteln.

(RP)
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