Kunden setzen auf gesunde Aufzucht Biofleisch stark im Kommen

Münster (dpa). Mett statt Müsli: In deutschen Naturkostläden ist die Nachfrage nach Fleisch und Wurst kaum zu befriedigen. Fast 90 Prozent der insgesamt 1 800 Naturkostläden in der Bundesrepublik bieten nach Angaben der Bundesverbände Naturkost inzwischen auch Fleischprodukte an.

Die Nachfrage nach Fleisch- und Wurstwaren aus biologischer Erzeugung sei "deutlich größer als das Angebot", sagt die Verbandssprecherin Ilka Stitz. Ende der 90er Jahre sei das Interesse der Verbraucher an Bio-Fleischwaren sprunghaft gestiegen.

"Immer mehr Menschen wollen nach den Skandalen um BSE weniger Fleisch essen - und wenn, dann solches aus biologischer Landwirtschaft", meint Heike Hennig, Beraterin beim Bioland-Verband in Nordrhein-Westfalen. Damit habe sich auch die Kundschaft verändert: Käufer von Bio-Fleisch seien heute vor allem junge Familien mit Kleinkindern, Allergiker und ernährungsbewusste Menschen mit höherem Einkommen.

Trotz steigender Nachfrage lässt die Verbreitung von Bio-Fleisch nach Ansicht Hennigs noch zu wünschen übrig: Ein großer Teil der Produkte werde direkt, über Bestelldienste, Hofläden und wenige Fleischerei-Fachgeschäfte vertrieben.

Der Anteil der Bio-Fleischprodukte am Gesamtumsatz liegt in Deutschland nach Schätzungen des Verbands bei zwei Prozent - Tendenz steigend. "Die Leute kommen zu uns in den Hofladen, weil sie sehen wollen, wo das Fleisch herkommt", sagt Johannes Deventer, seit 1984 Bio-Landwirt im münsterländischen Rinkerode. "Die Tiere haben mehr Zeit zum wachsen. Deshalb ist das Fleisch zart, schön marmoriert und saftig." Problematisch sei die geringe Auswahl: "Ein Sortiment wie im Supermarkt können wir nicht bieten", sagt Deventer.

Doch nicht alle Verbraucher wollen für mehr Qualität auch mehr bezahlen. Wegen des hohen Aufwandes für Pflege und Futter kostet Bio- Fleisch bis doppelt so viel wie Fleisch im gewöhnlichen Einzelhandel.

Wer sich mit der Anerkennung der Etiketten "Öko" oder "Bio" schmücken darf, wurde bisher von den ökologischen Anbauverbänden geregelt, erklärt Thomas Ingensand, Berater beim Bioland-Verband in Nordrhein-Westfalen. Im August sollen die Richtlinien im Raum der Europäischen Union vereinheitlicht werden. "Es wird jetzt klar gekennzeichnet, was Bio ist und was nicht", sagt Ingensand.

Trotzdem ist der Verband mit der neuen Verordnung nicht ganz glücklich. Vor allem im Bereich von Fütterung und Verarbeitung bleibe die EU-Richtlinie hinter den verbandsinternen Vorschriften zurück. So gestatte die EU die Verfütterung von Sojaprodukten, Fischmehl und Importfutter aus Entwicklungsländern, die für Bioland tabu seien.

In der Tierhaltung gehe die neue Verordnung dagegen sogar über bestehende Regelungen hinaus. Nach den neuen Standards stehen einem Mastschwein auf einem Bio-Hof nun 1,3 Quadratmeter Stallfläche zu statt einem wie in der konventionellen Tierhaltung. Masthähnchen teilen sich einen Quadratmeter mit zehn statt 20 Artgenossen, wenn sie später als Bio-Fleisch auf den Tisch kommen sollen.

(RPO Archiv)
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